Germanistik: Großes Fach in einer Stadt mit reichem literarischen Leben

Foto: Vladimir Alexeev

Berufsziel Journalismus, Lehramt, Bibliothekswesen, Kulturmanagement, Kulturpolitik, Öffentlichkeitsarbeit, Public Relations, Verlagswesen, »Ghost Writer«? Germanisten sind in vielen Berufen zu finden, ohne auf ein enges Profil festgelegt zu sein. An der Goethe-Universität gab es im Wintersemester 2016/17 mehr als 3000 Germanistikstudenten. Zu jedem Semester wechseln zahlreiche Interessierte von anderen Universitäten nach Frankfurt. Was macht den Studiengang hier so attraktiv?

Der Uni-Namensgeber war ein Großmeister seines Fachs, der Frankfurter Johann Wolfgang von Goethe gilt als einer der bedeutendsten deutschen Dichter. Verben waren seine „Königswörter“, er komponierte meisterhafte Sprachkunst, spielte mit Sinneseindrücken, Empfindungen und Bildern. Was fasziniert heute Menschen immer noch an Literatur, vielleicht so sehr, dass sie darin ihren Beruf sehen und Germanistik als Studienfach wählen?

„Lesen ist meine Leidenschaft, ich unterhalte mich auch gerne über das, was ich gelesen habe. Und ich interessiere mich allgemein für Sprachen“, meint Anne. „Ich schreibe sehr gerne Geschichten und Deutsch hat mir schon in der Schule viel Spaß gemacht“, erzählt Lena. Jana verfolgt mit ihrem Germanistikstudium kein spezielles Ziel, sie hat einfach Freude daran. „Mich interessieren besonders Medien und Journalismus, ich schreibe gerne und dafür ist Germanistik sehr gut geeignet“, begründet Marie ihre Entscheidung.

Lili dagegen hat große Freude am wissenschaftlichen Arbeiten. „Dies zu vertiefen wäre unglaublich toll und ein Traum für mich“, freut sie sich. In einem dreimonatigen Praktikum beim Fernsehen des Hessischen Rundfunks hat sie auch einen Einblick in die redaktionelle Arbeit bekommen. Sie fand es spannend, möchte aber im Studium auch noch das Verlagswesen kennenlernen.

Lili meint: „Das Studium der Germanistik öffnet viele Türen, das macht es sehr interessant.“ Die Studierenden treten das Studium allerdings mit unterschiedlichen Kenntnissen, Interessen und beruflichen Perspektiven an. Das liegt nicht nur an der Größe des Fachbereichs, sondern auch an den unterschiedlichen Abschlüssen wie Bachelor, Master und Lehramt. Grundsätzlich sind aber eine sehr gute Ausdrucksfähigkeit im Deutschen sowie ausgeprägtes Interesse an deutscher Sprache und Literatur – vom Mittelalter bis zur Gegenwart – Grundvoraussetzungen.

Aber auch Kenntnisse in zwei Fremdsprachen, vor allem in Englisch, gehören dazu. Damit die Interessenten auch eine nachhaltige Entscheidung treffen, bietet die Universität den „Online-Studienwahl- Assistenten OSA“ an. Wer sich für den Studiengang bewerben und schließlich einschreiben will, für den ist die Teilnahme Pflicht. „OSA“ gibt wertvolle Informationen über die Voraussetzungen, die Inhalte und die beruflichen Perspektiven. Studierende kommen ebenfalls zu Wort und berichten, warum sie sich für Germanistik entschieden haben.

Warum Frankfurt?

Der Studiengang Germanistik in Frankfurt ist aus verschiedenen Gründen attraktiv, nicht nur wegen des Lehrangebots auf hohem Qualitätsniveau und des schönen Campus. So wird nur hier der Bereich Kinder- und Jugendliteratur angeboten. Die Fachdidaktik für die Lehramtsstudierenden ist hier so umfassend, dass zu jedem Semester viele künftige Deutschlehrkräfte von anderen Universitäten hierher wechseln.

Ein weiterer Anreiz ist die üppige Ausstattung mit drei Bibliotheken: der zentralen Uni-Bibliothek, der Fachbereichsbibliothek und der Deutschen Nationalbibliothek. Auch außerhalb der Uni haben Studierende, Literaten und Kulturschaffende in der Stadt der internationalen Frankfurter Buchmesse mit ihrem lebendigen Literatur- und Kulturleben ein reizvolles Umfeld.

Zudem sind in Frankfurt viele Verlage und Medien ansässig, bei denen es Möglichkeiten für Praktika und Chancen auf den beruflichen Einstieg gibt. Kooperationen pflegt die Fakultät unter anderem mit dem Forschungszentrum für historische Geisteswissenschaften, dem Forschungskolleg Humanwissenschaften, dem Cornelia Goethe Centrum, vielen Verlagen, dem Hessischen Rundfunk, dem Literaturhaus Frankfurt sowie dem Kulturamt mit seinen literarischen Reihen und Festivals.

Auch das Lernen von den Profis kommt an der Goethe-Uni nicht zu kurz: Seit 1959 kommen bedeutende Schriftsteller/ -innen oder auch Literaturkritiker-/innen als Gastdozenten der Stiftung für Poetik hierher und beschäftigen sich in einem fünf- bis sechsteiligen Vorlesungszyklus auf eigene Art und Weise mit zeitgenössischer Literatur. Sie alle lassen die Studierenden tief in den Entstehungsprozess ihrer Texte blicken, ein ganz besonderes Erlebnis, das es sonst nur sehr selten gibt.

Die Liste der bedeutenden Poetikdozenten ist lang: Zu ihnen gehören Ingeborg Bachmann, Heinrich Böll, Friedrich Dürrenmatt, Robert Gernhardt, Günter Grass, Durs Grünbein, Ernst Jandl, Marie Luise Kaschnitz, Alexander Kluge, Wolfgang Koeppen, Thomas Meinecke, Peter Sloterdijk, Christa Wolf, Terézia Mora und Daniel Kehlmann.

Mit Projekten nah an der Praxis

Die Germanistik an der Goethe-Universität sitzt nicht im wissenschaftlichen „Elfenbeinturm“, sondern führt mit vielfältigen Praxisangeboten an das Berufsleben heran. Im Schreibzentrum beispielsweise ist Raum, seine Schreibfähigkeiten zu verbessern und das akademische Schreiben zu erlernen. Kurse und Workshops vermitteln Fähigkeiten im journalistischen Schreiben, im Lektorat, in der Argumentation und in kreativen Schreibstrategien.

Wer möchte, kann sich dort auch selbst zum zertifizierten Tutor fortbilden und andere Studierende bei ihren Schreibprojekten beraten. Das Sprachgenie „auszupacken“, für sich selber besser sichtbar zu machen, das gelang Studierenden im Projekt „Unboxing Goethe“, bei dem sie selbst eine Ausstellung im Goethe-Haus auf die Beine stellten. In einem einjährigen Seminar, das über den klassischen Rahmen deutlich hinausging, übertrugen sie alte Handschriften in modernes Deutsch und stellten sie in einen Kontext.

Als sie die alten Originalschriften des weltberühmten Dichters in den Händen hielten, spürten sie deren faszinierende Wirkung, erzählt Isabel, Bachelorabsolventin in Allgemeiner und Vergleichender Literaturwissenschaft und zur Zeit im neuen Masterstudiengang Comparative Literature. Werden einige vielleicht Nachwuchs-Radiomoderatoren? Germanistik-Studierende gehen auf Sendung im Uni-Radio „dauerWelle“.

Dort gibt es Reportagen, zum Beispiel „Sonntags auf dem Campus“, oder Berichte zur Dokumenta in Kassel sowie zu Theateraufführungen und Filmen. Im Studierenden-Fernsehen UTV Frankfurt nimmt man das Uni-Leben mit Humor. Das Comedy-Ressort zeigt in der „Goethes Glotze 11“ mit Schmunzeln, wie ein Studium wirklich aussieht.

Ein »Füllhorn« an Wissen und Veranstaltungen

Am Institut für deutsche Literatur und ihre Didaktik (IDLD) werden die Studierenden in einem breiten Wissensspektrum der germanistischen Literaturwissenschaft fündig. Sie können aus einer umfangreichen Palette von Seminaren und Vorlesungen wählen. Zum Veranstaltungsangebot gehören „Literatur und visuelle Kultur im Mittelalter“, „Deutschsprachige Texte der Magie des Mittelalters“, „Die Fliege. Kultur- und Literaturgeschichte eines Störenfrieds“, „Literatur und Migration“, „Experimentelle Gegenwartsliteratur“.

Aber natürlich spielt Goethe eine große Rolle, anschaulich und erlebbar wird das Wirken des Herrn Geheimrats in seinem Geburts- und Elternhaus in der Frankfurter Innenstadt. Am Bachelorstudiengang Germanistik als Haupt- und Nebenfach wirken alle vier germanistischen Institute der Goethe- Universität mit. Im ersten und zweiten Semester, in der Basisphase, führen die Module in Methoden, Theorien und Arbeitsbereiche von drei Schwerpunkten der Germanistik ein:

Ältere und Neuere deutsche Literatur sowie Sprachwissenschaft. In der Qualifizierungsphase vom dritten bis zum sechsten Semester aus Älterer deutscher Literatur, Neuerer deutscher Literatur, Kinder- und Jugendliteratur sowie Sprachwissenschaft werden drei Schwerpunkte gewählt. Verpflichtend ist nur Neuere deutsche Literatur oder Sprachwissenschaft. Die literaturwissenschaftlichen Schwerpunkte geben einen Überblick über die Geschichte der deutschsprachigen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart.

Die Studierenden erwerben differenzierte Kenntnisse literatur-, kulturund medientheoretischer Methoden und Theorien. In den Sprachwissenschaften liegt der Fokus auf der Entwicklung der deutschen Sprache von den Anfängen bis zur Gegenwart und den wichtigsten sprachwissenschaftlichen Theorien und Konzepten. Wer überlegt, ob Germanistik für ihn als Studienfach infrage kommt, hat mehrere Infoveranstaltungen zur Auswahl: die Schnuppertage, den Schülercampus, die Main Study und die Orientierungswoche zu Semesterbeginn.

Der Career-Service der Uni unterstützt bei der Berufswahl und bietet ein individuelles Karriere-Coaching an. Bei Praxisvorträgen kommen auch studierte Germanisten zu Wort und geben einen Einblick in ihr Berufsleben. Es erleichtert die Entscheidung enorm, sich einmal selbst durch eine weitere Brille zu betrachten: Welche Eigenschaften habe ich noch? Bin ich kommunikativ oder eher still? Liebe ich analytische Wissenschaft oder praktisches tagtägliches Schreiben? Vermittle ich gerne Wissen, kann ich Menschen begeistern und mit Schülern umgehen? Eine Kombination aus mehreren Faktoren macht schließlich ein erfolgreiches Berufsleben aus.

[Autorin: Andrea Gerber]

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Weitere Infos

• Neue Homepage für alle germanistischen Institute
• Gründe, in Frankfurt zu studieren
• Nach dem Bachelor
• OSA Germanistik (Online Studienwahl Assistent) 

Ansprechpartnerin: Dr. Gabriele Rohowski, Fachstudienberatung, Rohowski@lingua.uni-frankfurt.de

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Dieser Artikel ist in der Ausgabe 4.17 (PDF-Download) des UniReport erschienen.

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