Im Porträt: Bachelor-Studiengang American Studies

Foto: photocase, JoeEsco

So umfassend wie in Frankfurt beleuchtet der Bachelor-Studiengang American Studies nur in Berlin und München Literatur, Kultur und Geschichte der USA.

New York, Grand Canyon, Hollywood. F. Scott Fitzgerald, Oscar-Verleihung, Harvard University, Google und nicht zuletzt Donald Trump: Die USA setzen Maßstäbe, beeinflussen unsere Geschichte, unseren Geschmack, sind uns manchmal fremd und doch seit ihrem Entstehen ein Sehnsuchtsort für viele.

Wer sich dem Phänomen aus drei Richtungen annähern will, nämlich Literatur, Kultur und Medien sowie Sozial- und Ideengeschichte, ist in Frankfurt genau richtig. Das zeigt sich an dem konstant hohen Interesse in Frankfurt. Jedes Semester starten rund 50 bis 60 Studierende mit American Studies im Hauptfach, 30 bis 50 im Nebenfach.

Hinzu kommen Lehramtsstudierende, die später Englisch unterrichten wollen. Sie machen rund 40 Prozent der Studierenden am Institut für Englisch- und Amerikastudien (IEAS) aus. Mit vier Professuren ist die Amerikanistik gut aufgestellt und bietet das zweitgrößte Angebot in der Bundesrepublik nach dem John F. Kennedy-Institut für Nordamerikastudien an der FU Berlin.

Persönliches Klima

Dennoch ist die Größe der Lehrveranstaltungen überschaubar. „Wenn man will, kennt man am Ende jeden“, weiß Susanne Opfermann, die als Professorin und Studiengangs-Beauftragte nah dran ist an den Studierenden und die Feedbackkultur pflegt. „Jede Frage wird innerhalb von 24 Stunden beantwortet“, verspricht sie.

Das kommt bei den Studierenden gut an: „Besonders gefallen mir die Nähe der Professoren und Dozenten zu den Studenten sowie der rege Austausch auf Augenhöhe. Weiterhin sind die Dozenten stets bemüht, die individuellen Stärken der Studenten zu fördern“, sagt Korhan Akdemir.

Er kam bereits in der Oberstufe durch seinen Leistungskurs in Kontakt mit der amerikanischen Literatur- und Kulturanalyse, weshalb er American Studies für sein Soziologiestudium als Nebenfach gewählt hat. „Das persönliche und unbeschwerte Klima am Fachbereich war für mich eine enorm positive Erfahrung“, berichtet Vasilije Ivanovic, der nach erfolgreichem Bachelor sein Masterstudium in Japan fortsetzen wird.

„Bin ich bereit, eine Menge an Texten zu lesen?“, solle man sich selbst fragen, bevor man American Studies wählt, empfiehlt er. „Ein Interesse an speziell US-amerikanischer Kultur, Gesellschaft und Literatur ist natürlich ebenso feste Voraussetzung.“ Susanne Opfermann ergänzt um „Spaß am Schreiben – neben sehr guten Englischsprachkenntnissen“.

Seit der Umstellung auf Bachelor und Master 2010/2011 finden alle Veranstaltungen in englischer Sprache statt und jede Klausur, Hausarbeit sowie Bachelorarbeit muss in Englisch abgegeben werden. Wer nicht entsprechende Abiturnoten hat, macht zu Beginn einen Sprachtest. Einen N.C. gibt es nicht.

Was nicht jeder weiß: American Studies (oder deutsch: Amerikanistik) entwickelten sich hierzulande erst nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer eigenständigen Disziplin. Die Goethe-Universität gehörte 1954 zu den ersten Hochschulen, die das Fach anbot. Von Anfang an sollte es hier um mehr gehen als nur Literatur.

„Einen Roman wie Onkel Toms Hütte würden wir nie unter rein ästhetischen Gesichtspunkten untersuchen, sondern immer fragen, in welchem Umfeld er entstand, welche soziale Relevanz er hatte und wie er die Gesellschaft verändert hat“, erklärt Susanne Opfermann den interdisziplinären Ansatz.

In den ersten Semestern decken daher Basismodule die drei Themenbereiche Literaturwissenschaft, Kulturwissenschaft sowie Geschichte und Gesellschaft ab. Zwei davon werden in der Qualifizierungsphase vertieft durch Veranstaltungen wie beispielsweise „Reading Robots – Engineered and Machine Life in American Culture and Literature“, „Women Travellers to the New World (1775 – 1918)“ oder „US Latina/o Literature“.

Weitere Veranstaltungen vertiefen die Sprachpraxis, zwei Kolloquien bereiten intensiv auf die Bachelor-Arbeit vor. Opfermann empfiehlt, nicht mehr als fünf bis sechs Seminare oder Vorlesungen pro Semester zu belegen. Denn Lektüre für Vor- und Nachbereitung und das Verfassen von Essays, Hausarbeiten und Papers kostet Zeit.

„Die meisten Studierenden sind sprachlich gut, haben teilweise auch schon einen Auslandsaufenthalt hinter sich. Probleme liegen eher im Schriftlichen“, weiß sie. Zur Beratung lädt sie angehende Bachelor gern in ihr schönes Büro mit Skylineblick im IG-Farben-Haus ein. „Dem schönsten an der ganzen Uni“, wie sie sagt.

Das Writing Center gebe Hilfestellung beim Schreiben wissenschaftlicher Arbeiten. Doch der Irrglaube, dass es im Studium vorwiegend um die Verbesserung von Englischkenntnissen ginge, halte sich hartnäckig und führe immer noch zu Abbrüchen. Laura Große wählte das Fach aufgrund ihres Interesse an amerikanischer Literatur:

„Es gibt ein vielfältiges Spektrum an Kursen, wo wirklich jeder etwas findet“, sagt sie im Rückblick. Mittlerweile führt sie selbst als Tutorin junge Semester in Amerikanische Kulturwissenschaften ein. Als Manko im Studium fallen ihr lediglich die manches Mal zu engen und zu kleinen Räumlichkeiten ein, vor allem im IG-Farben-Haus.

Judith Knirsch brachte der Englisch-Leistungskurs auf die Idee, American Studies zu wählen. Die Fülle an Themen nach der Einführungsphase gefällt auch ihr, doch empfand sie „das Fach als stark literarisch geprägt. Seminare beispielsweise zu amerikanischer Außenpolitik habe ich bisher leider nicht gesehen.“ Präsident Trump ist in Diskussionen natürlich trotzdem immer mal wieder Thema…

Analyse von Texten, Filmen und Bildern

Opfermann erklärt das Lernziel so: „Unser Ziel ist es, unsere Studierenden in die Geschichte und Gegenwart der USA einzuführen. Wir bringen ihnen bei, die amerikanische Kultur und Gesellschaft über die Analyse von Texten, Filmen und Bildern zu verstehen.“ Wenn sie am Ende des Studiums dann über ein gewisses Maß an Kulturkompetenz verfügten, dazu Analysekompetenz und verbesserte Sprachkenntnisse, dann seien sie gut vorbereitet auf ein Masterstudium – nicht nur in American Studies.

Auch viele andere Fächer sind andockbar. Ein Nebenfach ist im Bachelor übrigens Pflicht. Es soll Studierenden helfen, sich für besondere Berufswege zu qualifizieren und individuelle Profile auszubilden. Neben Germanistik, Romanistik, Theater-, Film- und Medienwissenschaften können das genauso gut Soziologie, Ethnologie, Erziehungsoder Wirtschaftswissenschaften sein.

„Mir hat das Bachelor-Kolloquium besonders vor Augen geführt, was ich an diesem Studiengang zu schätzen weiß: dass man sehr individuelle Schwerpunkte setzen kann“, lobt die Studierende Mabel Keßler ihr Fach. Die Themen hier reichen von Rassismus in der Profi-Basketballliga, der literarischen Verarbeitung von 9/11 bis zur Geschichte spezieller Sportschuhe.

Im Kolloqium wird jedes Thema vorgestellt und diskutiert. Es geht um formale Anforderungen und Schreibstrategien. Idealerweise gehört natürlich auch ein Amerikaaufenthalt auf die Agenda. „Hessen hat Uni-Austauschprogramme mit Wisconsin. Programme von Fulbright, DAAD und Erasmus bieten weitere Hilfestellung bei der Finanzierung der Reise“, weiß Opfermann.

Wer sich in der Heimat engagieren möchte, kann das Ensemble der Chaincourt Theatre Company verstärken (Namensgeber war der ursprüngliche Standort Kettenhofweg) und literarische Texte in der jährlichen, von Studierenden herausgegebenen Anthology veröffentlichen. Schließlich haben „Creative Writing“- Angebote an den US-Unis schon so manchen Buchautor hervorgebracht.

„Auf die Frage, was man beruflich mit American Studies macht, antworte ich meist einfach mit Ja“, sagt Judith Knirsch, die Skandinavistik im Hauptfach und American Studies im Nebenfach studiert. „Es gibt gleichzeitig sehr viele und sehr wenige ansprechende Berufsfelder, das hängt ganz von der Kombination von Haupt- und Nebenfach ab.

Zum Beispiel würde ich nicht als Übersetzerin arbeiten, für andere ist dies allerdings ein Traumjob.“ Ihr Fazit lautet: „Das Fach ist interessant und je nach Veranlagung mit einem nicht allzu hohen Arbeitsaufwand zu bewältigen, wobei es sich definitiv lohnt, bis zu den weiterführenden Seminaren durchzuhalten.“

Masterstudiengang: sehr international

Wer im Masterstudium American Studies weiter vertieft, wird auf einen wesentlich größeren Anteil internationaler Studierender stoßen. Junior-Professor Simon Wendt kann sich vorstellen, warum: „ In Deutschland gibt es nur wenige Masterprogramme, die eine derartige thematische und methodische Vielfalt bieten.“

So können Studierende medienwissenschaftliche oder kulturtheoretische Schwerpunkte setzen, es sei aber auch möglich, sich auf die amerikanische Literatur und Geschichte zu konzentrieren. Da der Masterstudiengang noch relativ jung ist, tut Wendt sich schwer, generelle Aussagen zu den beruflichen Aussichten der Absolventinnen und Absolventen zu treffen.

„Es ist jedoch auffällig, dass eine Reihe von Studierenden bereits während ihres Studiums in Frankfurter Consulting-Firmen als Werkstudenten untergekommen sind und noch vor ihren Abschlüssen von diesen Firmen Jobangebote bekommen haben.“ Andere Studierende hätten den Einstieg ins Verlagswesen geschafft.

Diese Beispiele zeigten nicht nur, dass Studierende aufgrund ihrer erworbenen Kompetenzen für verschiedene Firmen interessant sind, sondern auch, „dass sie durch Praktika oder Tätigkeiten als Werkstudent bereits während des Studiums die Weichen für eine erfolgreiche berufliche Zukunft stellen können.“ Frankfurt ist dafür ein guter Standort.

[Autorin: Julia Wittenhagen]

Dieser Artikel ist in der Ausgabe 2.17 (PDF-Download) des UniReport erschienen.

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