Lemuren-Laute und Giraffen-Gewohnheiten

Tierische Verhaltensforschung mit Software und KI

Die faszinierende Welt der Zootierbiologie profi tiert zunehmend von innovativen Technologien wie der Künstlichen Intelligenz (KI). Ein Beispiel für diese Entwicklung sind die Forschungsaktivitäten von Paul Dierkes, Professor für Didaktik der Biowissenschaften und Zootierbiologie an der Goethe-Universität. Als Inhaber der Opel-Zoo Stiftungsprofessur hebt er die Erforschung afrikanischer Wildtiere auf ein neues Niveau. Mit seinem Team untersucht Dierkes die Sprache der Lemuren und das Nachtverhalten von Giraffen im Kronberger Opel-Zoo. Die hauseigene Software beschleunigt den Auswertungsprozess dank KI erheblich.

Prof. Paul Dierkes

Es ist 10 Uhr morgens. Eine kleine Gruppe von Studierenden steht mit Mikrofonen und Aufnahmegeräten ausgerüstet im Gehege der Lemuren und Kattas. Ihre Aufgabe ist es, die Laute der Lemuren aufzunehmen. Denen scheint die Abwechslung zu gefallen: Die Kronberger Exemplare der Affenart lassen sich kraulen, schlecken an den Waden der Besucher und knabbern am Windschutz eines Mikrofons. Nur: Töne geben sie nicht von sich. »Lektion 1 haben die Studierenden heute schon gelernt«, stellt Paul Dierkes trocken fest. »In der Forschung braucht man viel Geduld.« Hier spricht der Professor für Didaktik durch und durch.

Die Kooperation mit dem Opel-Zoo ist für Dierkes ein Glücksfall. Hier kann er sowohl angehende Biologielehrer als auch Nachwuchsforscher ausbilden. Und das tun, was er am liebsten macht: nicht-invasive Wildtierforschung. Dazu führen Dierkes und sein Team große vergleichende Studien in rund 40 europäischen Partnerzoos und im Freiland durch. Die Finanzierung der Professur, 100.000 Euro pro Jahr, übernimmt die »von Opel Hessische Zoostiftung«, die auch den Opel-Zoo trägt.

Forschende Studentin, neugierige Lemuren: Im Opel-Zoo gehen Studium, Lehre und Forschung der Zootierbiologie Hand in Hand.

Zurück zur Studierendengruppe im Lemurengehege: Diese Affenart, so lernen die angehenden Biologielehrer, ist hauptsächlich auf Madagaskar beheimatet. Lemuren kommunizieren mit einer Vielzahl von Lauten. Mithilfe bioakustischer Methoden können diese aufgenommen und analysiert werden. Die Laute der Lemuren geben wertvolle Einblicke in ihr Sozialverhalten und ihre Interaktionen in der Gruppe. Außerdem ermöglichen sie Populationsstudien der Lemuren auf ihrer Heimatinsel Madagaskar. Auch Giraffen stehen im Mittelpunkt von Dierkes verhaltensbiologischen Untersuchungen. Infrarot- und Wärmebildkameras liefern wichtige Daten über das Schlafverhalten der Tiere, sowohl in menschlicher Obhut als auch im Ursprungsgebiet. »Interessant ist, dass sich das Nachtverhalten von Giraffen im Zoo nicht von dem im Freiland unterscheidet«, erklärt Dierkes.

Verhaltensanalyse per Software

Dank KI können diese Daten schneller und effizienter ausgewertet werden, was zu schnelleren Forschungsergebnissen führt. »Für unsere Verhaltensstudien haben wir eine eigene Beobachtungssoftware entwickelt«, erzählt Paul Dierkes. »Damit können wir große Datenmengen aus verschiedenen Zoologischen Gärten auswerten und repräsentative Aussagen für die untersuchten Tierarten treffen.« Dierkes wollte weg von der traditionellen stichprobenartigen Untersuchung des Verhaltens einzelner Tiere. Generalisierende Aussagen über Tierarten können entscheidend dazu beitragen, bedrohte Wildtierarten zu schützen und zu erhalten, sowohl in Zoos als auch im natürlichen Lebensraum. Und ganz nebenbei bereichert das innovative Forschungswerkzeug das Bachelor-, Master- und Lehramtsstudium der Biowissenschaften an der Goethe-Universität.

Autorin: Heike Jüngst

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