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Menschen helfen, Leid lindern, Wissenschaft fördern

Die Reiss Stiftung fördert Forschungsprojekte an psychischen Erkrankungen

Wissenschaft fördern, um Menschen zu helfen und Leid zu lindern – die Reiss Stiftung engagiert sich in den Bereichen Psychotherapie, Psychiatrie, Psychosomatik, Neurologie und seltene Erkrankungen. 2018 von Dr. Elmar und Ellis Reiss in München gegründet, übertrug das Ehepaar aus Verbundenheit mit seiner Heimatstadt Frankfurt die treuhänderische Verwaltung seiner Stiftung der Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität. Mit ihren Zuwendungen ermöglicht die Reiss Stiftung vor allem Forschungsvorhaben junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Drei junge Forscherinnen und ihre Projekte stellen wir vor.

Menschen mit Autismus sind häufig in Bereichen beeinträchtigt, in denen Sprache eine zentrale Rolle spielt. Dazu gehören die soziale Kommunikation und die soziale Interaktion mit anderen Menschen. Probleme treten beispielsweise dann auf, wenn die Betroffenen ihre Aufmerksamkeit flexibel auf auditive und visuelle Reize ausrichten müssen. Schwierigkeiten, die Aufmerksamkeit adaptiv zu steuern, können vielfältige Auswirkungen im Alltag haben.

Verzögerungen in der Sprachentwicklung gehören zu den ersten klinischen Anzeichen einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS). »Aber auch bei Autisten ohne klinisch beeinträchtigte Sprachfähigkeiten deuten Forschungsergebnisse auf eine atypische Verarbeitung gesprochener Sprache hin«, sagt Sara Boxhoorn. Die promovierte Psychologin erforscht deshalb die neuronalen Grundlagen der Sprachverarbeitung bei Menschen aus dem Autismus-Spektrum. »Die Verarbeitung gesprochener Sprache ist nicht nur ein wichtiger Baustein für kognitive Fortschritte, sondern auch für die soziale Integration in der Schule und im späteren Berufsleben«, erklärt sie ihr Forschungsinteresse.

Dr. Sara Boxhoorn.

Um Sprache in Alltagssituationen zu verstehen, muss die Aufmerksamkeit auf sprachliche Informationen gelenkt werden, die sich im Raum bewegen können und in ständiger Konkurrenz zu anderen »Störsignalen« stehen. Das bedeutet, dass die Aufmerksamkeit auf die Sprachinformation gelenkt werden muss, während andere »Störsignale« ignoriert werden. Wie sich diese Prozesse auf die Sprachverarbeitung im Gehirn auswirken, ist bei Kindern mit und ohne Autismus noch wenig erforscht. Hier setzt die Reiss Stiftung an und fördert eine Vorstudie, in der verschiedene Testverfahren untersucht werden. »Dabei geht es um den Einfluss von höheren Kontroll- und Aufmerksamkeitsprozessen und um Verbesserungen der basalen Aufmerksamkeit.

Wir wollen verstehen, wie sich beides auf die Sprachverarbeitung bei Kindern ohne ASS auswirkt«, erklärt Boxhoorn. Mithilfe dieser Testverfahren soll es in Zukunft möglich sein, den Einfluss dieser Prozesse auf die Sprachverarbeitung im Gehirn autistischer Kinder zuverlässig zu messen.

Dr. Denise Haslinger.

»Schon während meines Studiums habe ich mich für alles interessiert, was mit dem Gehirn zu tun hat«, erzählt Dr. Denise Haslinger. Die Zellbiologin hat in Salzburg Genetik im Master studiert und ist für ihre Promotion an die Universitätsklinik Frankfurt gewechselt – ins Molekulargenetische Labor der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters. Dort arbeitet sie heute als Postdoktorandin. In ihrer Forschung geht sie der Entstehung von Autismus- Spektrum-Störungen (ASS) auf den Grund. »In meiner Doktorarbeit konnte ich zeigen, dass ein bestimmtes ASS-assoziiertes Gen die Entwicklung von Gehirnzellen bereits in einem frühen Stadium beeinflusst«, erklärt Haslinger. Danach ging sie für 18 Monate an das Institute of Science and Technology Austria. Dort lernte sie innovative Methoden zur Untersuchung neuronaler Zellmodelle kennen, um diese später in Frankfurt für ihre Forschung aufzubauen.

Haslinger ist von ihrer Forschungsarbeit begeistert, das merkt man. »Es ist ein spannendes Thema und die Arbeit im Labor macht mir sehr viel Spaß. Ich bin hoch motiviert«, fasst die gebürtige Österreicherin ihren Arbeitsalltag zusammen. »Derzeit geht es in meiner Arbeit um die Frage, ob und wie sich die Gehirnentwicklung von Autisten und Nicht-Autisten unterscheidet«, erklärt sie weiter. Um diese Frage zu beantworten, werden menschliche Stammzellen verwendet. In die Stammzellen werden Genvarianten eingeschleust, die mit Autismus in Verbindung gebracht werden. Anschließend werden diese Zellen mit verschiedenen Methoden zu Gehirnzellen differenziert. Schließlich können die Auswirkungen auf die Zellregulation, die Morphologie und die Aktivität der Zellen untersucht werden. »Das gibt uns wichtige Rückschlüsse auf die Signalwege, die an der Entstehung von Autismus beteiligt sind«, erklärt die Zellbiologin. Und damit auch Informationen über mögliche Angriffspunkte für spätere pharmakologische Therapien für Menschen mit ASS.

Ihr Ziel hat Haslinger klar vor Augen: Sie will eine eigene Forschungsgruppe aufbauen und damit einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung von Autismus leisten. Die Reiss Stiftung unterstützt sie dabei. »Die insgesamt dreijährige Förderung durch die Reiss Stiftung in dieser frühen Karrierephase ermöglicht es mir, in meinem wissenschaftlichen Feld weiter Fuß zu fassen und innovative Methoden zu etablieren und anzuwenden«, sagt Haslinger. »Für diese Möglichkeit und die Unterstützung bin ich der Reiss Stiftung sehr dankbar.«

Dr. Anka Bernhard.

»Depressive Störungen und aggressiv-dissoziale Störungen – also Störungen des Sozialverhaltens – sind wissenschaftlich stark unterrepräsentiert, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen«, betont Dr. Anka Bernhard, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Frankfurt. Mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit setzt Anka Bernhard ein Gegengewicht.

Die Diplom-Psychologin arbeitet seit 2013 am UKF. Neben ihrer klinischen Tätigkeit als Psychologische Psychotherapeutin (i.A.) hat sie in den vergangenen Jahren intensiv zu verschiedenen psychiatrischen Krankheitsbildern geforscht, die im Kindes- und Jugendalter häufig auftreten. »Im Rahmen meiner Doktorarbeit konnte ich zeigen, dass schwerwiegende kritische Lebensereignisse bei Mädchen und Jungen mit aggressiv-dissozialem Verhalten häufiger auftreten als bei gesunden Kindern«, so Dr. Bernhard.

Schwerwiegende kritische Lebensereignisse: Das können Traumata, Vernachlässigung oder Gewalterfahrungen sein. Die Reaktionen auf diese belastenden Situationen und Traumata haben einen großen Einfluss auf die Entstehung psychiatrischer Erkrankungen. Anka Bernhard untersuchte deshalb auch das neurobiologische Stresssystem bei gesunden und kranken Kindern und Jugendlichen. Auch hier zeigte sich: Mädchen und Jungen mit aggressiv-dissozialem Verhalten haben eine deutlich abgeschwächte hormonelle Stressreaktion. Aus diesen Ergebnissen ergeben sich für die promovierte Psychologin unmittelbar neue Forschungsfragen. »Möglicherweise beeinflusst die abgeschwächte Stressreaktion die Verarbeitung von belastenden Ereignissen. Unklar ist auch, inwieweit diese Unterschiede in der Stressreaktion auch bei anderen Krankheitsbildern zu finden sind, die häufig in der Kinder- und Jugendpsychiatrie auftreten«, erklärt sie.

An diese wissenschaftlichen Fragestellungen kann Dr. Bernhard dank der Förderung durch die Reiss Stiftung anknüpfen. So setzt sie ihre Arbeit als Postdoktorandin in ihrem aktuellen Projekt zu psychosozialen und neurobiologischen Risikofaktoren bei affektiven Störungen fort. Im Fokus stehen dabei Mädchen und Jungen, die an einer Depression erkrankt sind. Anka Bernhard untersucht hier verschiedene biopsychosoziale Zusammenhänge, insbesondere die Stressverarbeitung der jungen Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer. »Wir konnten bereits mehr als 130 Kinder und Jugendliche mit einer depressiven Störung in die Studie aufnehmen«, erklärt die Wissenschaftlerin. Erste Ergebnisse der Datenauswertung werden bereits zur Veröffentlichung vorbereitet.

Universitätsklinikum, Heike Jüngst

Dr. Sara Boxhoorn
Psychobiologin und Psychologin in der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Frankfurt
Forschungsprojekt:
Der Einfluss von Aufmerksamkeit auf die Sprachverarbeitung und Sprachwahrnehmung bei Kindern mit Autismus- Spektrum-Störungen.

Dr. Denise Haslinger
Zellbiologin im Molekulargenetischen Labor der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Frankfurt
Forschungsprojekt:
Aufklärung von Pathomechanismen bei Autismus – Funktionelle Charakterisierung des 16p11.2 Risiko-Gens QPRT während der Differenzierung humaner glutamaterger sowie GABAerger »iNeurons«.

Dr. Anka Bernhard
Diplom-Psychologin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Frankfurt
Forschungsprojekt:
Geschlechts- und störungsspezifische, neurobiologische und Umweltrisiken bei Kindern und Jugendlichen mit Depressionen und Störungen des Sozialverhaltens.

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