Die TeaP (Tagung experimentell arbeitender Psycholog*innen) ist ein wichtiger Treffpunkt für Nachwuchswissenschaftler*innen aus der experimentellen Psychologie. Vom 9. bis 12. März 2025 fand sie mit rund 800 Teilnehmenden an der Goethe-Uni statt. Wir haben mit Professorin Sabine Windmann über die thematischen Schwerpunkte der diesjährigen Tagung, aktuelle Trends in der Forschung und die Herausforderungen bei der Organisation gesprochen.

Prof. Windmann, was sind aus Ihrer Sicht die zentralen Themen der diesjährigen TeaP?
Sabine Windmann: Die Schwerpunkte variieren von Jahr zu Jahr ein wenig, je nachdem, welches Team die TeaP ausrichtet. Dieses Mal liegt ein starker Fokus auf der Wahrnehmungsforschung, insbesondere auf visuellen Prozessen. Aber es gibt auch spannende neue Entwicklungen: Zum Beispiel beschäftigen sich einige Beiträge mit der Rolle von Large Language Models – also Modellen mit einem enormen Weltwissen – und künstlicher Intelligenz in der psychologischen Forschung. Das ist ein vergleichsweise neuer Trend. Neben den klassischen Themen wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Motorische Kontrolle, Sprache und Emotion fällt mir auf, dass höhere kognitive Prozesse – etwa Kreativität, Problemlösen oder soziale Interaktionen – dieses Jahr eher unterrepräsentiert sind.
Wohin entwickelt sich die experimentelle Psychologie? Welche Trends sehen Sie?
Zwei Entwicklungen stechen besonders hervor. Erstens: Open Science ist mittlerweile Standard. Nach der Replikationskrise – einer Phase, in der viele klassische psychologische Studien nicht zuverlässig wiederholt werden konnten und grundlegende methodische Schwächen offengelegt wurden – wird in der Psychologie viel Wert gelegt auf Transparenz und Reproduzierbarkeit. Zweitens: Es wird überwiegend online untersucht, oft mit interdisziplinären Teams. Während Experimente früher meist in einem spezifischen Labor von einer bestimmten Arbeitsgruppe durchgeführt wurden, nutzen Forschende heute vermehrt Online-Panel-Provider. Das sind Dienstleister, die eine große Anzahl an registrierten Personen für Umfragen und Experimente bereitstellen, sodass Forschende gezielt Teilnehmende nach bestimmten Kriterien wie Alter, Geschlecht oder Bildungsstand rekrutieren können. Das erleichtert überregionale Kooperationen und die Ziehung großer, repräsentativer Stichproben – nicht mehr nur mit Studierenden, sondern mit Teilnehmenden aus ganz verschiedenen Bevölkerungsgruppen oder sogar Kulturkreisen.
Das verändert auch die Analyseverfahren: Während wir früher vor allem klassische Statistikverfahren genutzt haben, kommen heute zunehmend Machine-Learning-Techniken und Big Data-Ansätze zum Einsatz. Das erhöht die Power der Analysen und die Generalisierbarkeit der Ergebnisse erheblich.
Welche Herausforderungen gibt es aktuell in der experimentellen Psychologie?
Manchmal sehe ich eine gewisse Diskrepanz zwischen gesellschaftlichen Herausforderungen und der experimentellen Forschung. Die Zeiten sind politisch und ökologisch äußerst kritisch – ich würde mir wünschen, dass mehr Forschende ihre Arbeit stärker auf diese großen Fragen beziehen, auch im experimentellen Bereich. Zwar gibt es beispielsweise in der Deutschen Forschungsgemeinschaft bereits die Anforderung, Forschungsprojekte hinsichtlich Nachhaltigkeit und Diversität zu reflektieren, aber inhaltlich spiegelt sich das auf der TeaP bislang nur wenig wider.
Warum ist Frankfurt ein guter Ort für die TeaP?
Die TeaP hier ausrichten zu können, empfinde ich als ein Privileg. Der Westend Campus ist dafür der schönste und geeignetste Campus, den ich mir vorstellen kann. Die Veranstaltung verteilt sich auf mehrere imposante Gebäude: Die Eröffnung fand in der historischen Rotunde statt, architektonisch ein echtes Highlight. Die Vorträge laufen in den geräumigen, hellen Hörsälen des Hörsaalzentrums, und die Poster-Sessions finden im Obergeschoss des Casinos statt – mit den geschwungenen Treppen, den bodentiefen Flügelfenstern, dem vielen Glas und Parkett und einer wunderschönen Terrasse mit Blick auf das stattliche Hauptgebäude und dahinter der Frankfurter Skyline.
Für unser Team war es aufregend, eine Veranstaltung in dieser Größenordnung mit so vielen Teilnehmenden von der Pike auf und im Detail selbst zu planen. Gerade am Anfang war es manchmal schwierig einzuschätzen, wie viele Leute tatsächlich kommen würden und ob die Räume, Zeiten, das Personal und Material auf die Bedarfe passen. Jetzt zu sehen, wie sich alles fügt und ineinandergreift, ist wirklich toll.
Was war Ihr bisheriges Highlight der TeaP?
Ich freue mich besonders auf den Vortrag von Jörg Gross aus Zürich, der sich mit sozialen und Gruppenprozessen befasst. Obwohl es sich in seiner Forschung um hochkontrollierte Experimente handelt, sind diese bedeutsam für gesellschaftlich relevante Themen wie Intergruppen-Konflikt und internationale Kooperation. Die Psychologie kann einen wichtigen Beitrag zu den drängenden Fragen unserer Zeit leisten – sei es Klimawandel, Migration oder politische Polarisierung.
Vielen Dank für das Gespräch!
Phyllis Mania