Fachkräftesicherung: Individuelle Strategien der Regionen notwendig

Der Fach- und Arbeitskräftemangel ist auch in der hessischen Wirtschaft schmerzhaft spürbar. Arbeitsmarktforschungen zufolge soll er bis 2050 anhalten. Die Hessische Fachkräfteinitiative „Zukunftsgerecht und regional“ der Landesregierung sucht auf wissenschaftlicher Basis Strategien, um das Problem abzufedern. Hessens Sozialministerium und das Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität haben heute zur breiten Diskussion eingeladen.

Die „Hessische Fachkräfteinitiative: Zukunftsgerecht und regional“ des Landes zieht nach regionalen Zukunftswerkstätten mit allen 26 hessischen Kreisen und kreisfreien Städten im Jahr 2023 und der Etablierung eines festen Fach- und Erfahrungsaustauschs der kommunalen Wirtschaftsförderer eine positive Zwischenbilanz. Bisherige Strategien in allen Regionen standen auf dem Prüfstand. Die Strategieansätze sind jetzt breiter und nachhaltiger aufgestellt, die Maßnahmen transparenter. Die Stabsstelle Fachkräftesicherung in Hessen hat diese Aktivitäten in Kooperation mit dem Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität begleitet.

Der Fach- und Arbeitskräftemangel ist in der hessischen Wirtschaft und den Verwaltungen allgegenwärtig und belastet wirtschaftliche Entwicklung und soziale Infrastruktur. Hauptursache des Mangels ist die demografische Entwicklung: Mehr Menschen scheiden aus dem Erwerbsleben aus als neue Arbeitskräfte hinzukommen. Prognosen des Instituts für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) zufolge wird der Mangel in Hessen bis in die 2050er Jahre hinein bestehen. In den kommenden Jahren ist von einer weiteren Verschärfung auszugehen. Diese Einsicht hat inzwischen viele Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsakteure erreicht, so dass sie sich aktiv in der Weiterentwicklung der Fach- und Arbeitskräftesicherung engagieren.

„Die Hessische Fachkräfteinitiative ‚Zukunftsgerecht und regional‘ hat die Regionen mit den Zukunftswerkstätten vor Ort praxisorientiert und passgenau unterstützt. Interregionale Vernetzung ermöglicht, voneinander zu lernen und stärkt überdies die Zusammenarbeit beim Sichern von Fach- und Arbeitskräften“, so Heike Hofmann, Hessische Ministerin für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales. „Das Engagement in den Regionen ist überwältigend, die Zahl der Maßnahmen beeindruckend. Die dabei gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse belegen: In Hessen gehen wir die Bekämpfung des Fach- und zunehmenden Arbeitskräftemangels gemeinsam an“, stellt Ministerin Hofmann fest.

Ausgehend von Prognosedaten zur jeweiligen regionalen Lage konnten in den Zukunftswerkstätten bestehende Fachkräftesicherungsansätze und -strategien bewertet und optimiert werden. Neue Strategiefelder wurden erschlossen, beispielsweise Möglichkeiten zur Senkung der Fachkräftenachfrage über gezielte Automatisierung oder durch Veränderung der Arbeitsorganisation. Auch eine Stärkung der regionalen Weiterbildungsmöglichkeiten kann dazu beitragen, dass Beschäftigte schnell mit Veränderungen zurechtkommen und die Arbeitszufriedenheit steigt. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Voraussetzungen in den Regionen ist es sinnvoll, jeweils eigene Ansätze zu entwickeln.

„Allen Kreisen und kreisfreien Städten ist der Ernst der Lage bewusst. Interesse und Engagement sind immens“, sagt Dr. Christa Larsen, Direktorin des IWAK. Die Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsakteure innerhalb der Regionen rückten enger zusammen und entwickelten gemeinsam neue Unterstützungsangebote für die Betriebe, Unternehmen und auch für die öffentlichen Arbeitgeber. Die kommunalen Wirtschaftsförderer tauschten gezielt ihre Erfahrungen aus und unterstützten sich gegenseitig. Ein Erfolgsbeispiel aus einem Landkreis könne in anderen Kreisen sehr schnell aufgenommen und umgesetzt werden. Kommunikation und Kollaboration seien für alle Beteiligten lohnend.

Heute treffen sich mehr als 100 Vertreterinnen und Vertreter aus allen hessischen Regionen und tauschen sich über ihre bisherigen Erfahrungen und Einsichten aus. Zudem stellt das IWAK systematische Erkenntnisse aus den Zukunftswerkstätten und dem etablierten Austausch der Wirtschaftsförderungen vor. „Als Erfolgsfaktoren für die Weiterentwicklung einer nachhaltigen Fachkräftesicherungsstrategie erweisen sich offene Kollaboration, gepoolte Ressourcen und eine Anbindung an die Politik sowie eine noch bessere Erschließung von Kompetenzen“, stellt Larsen fest. Beispiele guter Praxis werden in Workshops vorgestellt und diskutiert.

Im Herbst 2024 sollen die bisherigen Strategien erneut auf den Prüfstand kommen: Dann stellt die Hessische Fachkräfteinitiative „Zukunftsgerecht und regional“ neue regionale Prognoseergebnisse zur Verfügung. Auf dieser Grundlage sollen neue Weiterentwicklungsimpulse entwickelt werden, die helfen, den Fach- und Arbeitskräftemangel zu lindern.

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