Third Mission: Wie Universität und Gesellschaft voneinander profitieren

Die Wissenschaftsgemeinschaft in ihrer eigenen Welt, das echte Leben draußen irgendwo anders? Dies gilt in Frankfurt vielleicht noch weniger als anderswo: Kooperationen zwischen Universität und externen Partnern gehen z.B. mit vereinter Kraft große Fragen wie Klimawandel oder Finanzkrise an – Themen, die sich auch in den öffentlichen Vorträgen der Frankfurter Bürger-Universität wiederfinden. Schülern wird schon ab dem Grundschulalter Einblick ins universitäre Geschehen ermöglicht. Und bei der Suche nach neuen Wegen zur Senkung der Studienabbrecherquoten kooperiert die Goethe-Universität seit kurzem mit der Frankfurt University of Applied Sciences und mit Institutionen wie IHK und Arbeitsamt. Das Miteinander von Hochschule und Stadtgesellschaft hat in Frankfurt Tradition – machten doch erst Frankfurter Bürger die Stiftungsuniversität möglich und profitierten gleichzeitig selbst dabei von der intellektuellen Bereicherung der Region und den auch positiven ökonomischen Entwicklungen in dieser Folge.

Die dritte Säule

Diese Öffnung zur Gesellschaft hin ist heute eng verbunden mit dem Stichwort „Third Mission“. An der Goethe-Universität soll die „Dritte Mission“ neben Forschung und Lehre zur dritten Säule ausgebaut werden. Vereinfacht gesagt umfasst dies gesellschaftsrelevante Aktivitäten, die die Goethe-Universität und ihre Wissenschaftler mit externen Kooperationspartnern durchführen und die nicht Forschung und Lehre sind, gleichzeitig aber in enger Verbindung mit diesen beiden Kernbereichen stehen und einen Mehrwert zeitigen. Third Mission mag als Vokabel sperrig klingen, steht aber tatsächlich für große Offenheit. Es geht um Dialog, um die produktive, Neues schaffende Vernetzung von Universität, Stadt und Region – aber auch darum, angesichts der großen Herausforderungen für die Menschheit mit neuen Partnerschaften das Innovationspotenzial innerhalb der Gesellschaft noch besser zu heben. Unter Wolffs Leitung hat die Goethe-Universität einen Third-Mission-Prozess auf die Agenda gesetzt und in Angriff genommen. Ziel ist, die zahlreichen heute schon vorhandenen Aktivitäten im Bereich Third Mission systematisch zu erfassen, unter einem Dach zu bündeln und gezielt weiter auszubauen.

Third Mission als Innovationsmotor

Wertvolle Hilfe bei der Bestandsaufnahme der bereits existierenden Third-Mission-Aktivitäten sowie bei der Weiterentwicklung der wichtigsten Themen gibt es durch die Qualifikation der Goethe-Universität in einem bundesweiten Wettbewerb für das Transfer-Audit von Stifterverband und Heinz Nixdorf Stiftung: Mit ihrem Konzept „Third Mission: Partnerschaften für gesellschaftliche Innovationsprozesse“ wurde sie aus über 50 Bewerbungen als eine von fünf deutschen Modellhochschulen in das Programm aufgenommen. „Der Goethe-Universität ist es mit ihrem Konzept zum ersten Mal gelungen, einen systematischen und operationalisierbaren Rahmen für die Erfassung und Weiterentwicklung der Kooperationsbeziehung mit externen Partnern – von Kultureinrichtungen bis hin zur Politikberatung – vorzulegen. Dieser Ansatz wird auch bundesweit mit großer Aufmerksamkeit verfolgt“, berichtet Dr. Justus Lentsch, der Leiter der Stabsstelle Forschung und wissenschaftlicher Nachwuchs.

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Zum Interview: Vizepräsident Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz über Third Mission

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Für das Audit spielt insbesondere der Innovationsansatz als Third-Mission-Leitgedanke eine wichtige Rolle: Wie kann das Miteinander von Universität, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zum Beispiel noch besser genutzt werden, um die gesellschaftliche Problemlösungskompetenz zu erhöhen? Denn Antworten auf viele weltweite Herausforderungen wie globale Konflikte, Finanzkrisen, Klimawandel, Bekämpfung lebensbedrohender Krankheiten werden sich nur im Zusammenspiel von Wissenschaft und anderen gesellschaftlichen Akteuren entwickeln lassen. Das Audit nimmt dabei vier Bereiche in den Fokus, die für die Goethe-Universität von besonderer Bedeutung sind:

[dt_list style=”1″ bullet_position=”middle” dividers=”false”][dt_list_item image=”” ]Politik- und Gesellschaftsberatung durch die Universität, zum Beispiel über die LOEWE-Zentren SAFE (zur Finanzsicherheit) oder BiK-F (Biodiversität und Klima) oder das Engagement von Wissenschaftlern in hochrangigen politikberatenden Gremien („Wirtschaftsweise“, „Gesundheitsweise“)[/dt_list_item][dt_list_item image=””]Translationale Forschung, Translationsplattformen und „Innovationspartnerschaften“, wie etwa im Rahmen des House of Pharma & Healthcare, das die Lücke zwischen Grundlagenforschung und Anwendung schließen will[/dt_list_item][dt_list_item image=””]Partnerschaften für kreative Innovationen im Kulturbereich, wie sie unter anderem beim Masterstudiengang Curatorial Studies oder beim Graduiertenkolleg „Schreibszene Frankfurt“ zu finden sind[/dt_list_item][dt_list_item image=””]„Community Research Partnerships“ beziehen Akteure aus der Praxis in den Forschungsprozess ein. Beispiele: Wissenschaftler befassen sich mit realen Veränderungsprozessen vor Ort; Studierende übernehmen im Rahmen von Service Learning Verantwortung, wie etwa beim Schüler-Mentoring-Projekt „Balu und Du“.[/dt_list_item][/dt_list]

Für September ist eine universitätsweite Abfrage der Kooperationen mit externen Partnern geplant. Die Ergebnisse des Audits werden bis Ende des kommenden Wintersemesters 2015/16 erwartet.

Ein Campus für alle

Third Mission findet aber auch „im Tagesgeschäft“ vor der eigenen Haustür statt, was Beispiele wie die Frankfurter Kinder-Universität zeigen. Verstärkt setzt die Universität auch auf Signale: Mittlerweile wurde ein weiteres Tor in der Umzäunung des Campus Westend zur Stadt dauerhaft geöffnet. Und geschlossene Tore sind nicht nur für Unipräsidentin Wolff ein Symbol der Trennung – nicht passend für eine Universität, die sich „Wissenschaft für die Gesellschaft“ auf die Fahnen geschrieben hat.

Diskutiert wurde dieses Thema neben vielen anderen in der neuen AG „Lebendiger Campus“, die seit April 2015 arbeitet. „Wir wollen den baulich bereits sehr attraktiven Westend-Campus der Goethe-Universität noch einladender gestalten“, sagt Dr. Olaf Kaltenborn, Leiter Marketing und Kommunikation, der die Arbeitsgruppe koordiniert und leitet. „Deshalb engagieren sich in dem Arbeitskreis nicht nur die Präsidentin, leitende Mitarbeiter sowie Studierende der Goethe-Universität, sondern auch ein Vertreter des Oberbürgermeisterbüros sowie der Vorsitzende des Ortsbeirates.“ Damit sei auch externe Kompetenz der Frankfurter Bürgerschaft in der Gruppe vertreten.

„In den ersten beiden Sitzungen haben wir bereits erfolgreich mehr als ein Dutzend neuer Projekte identifiziert, die jetzt nach und nach umgesetzt werden sollen. So wurde bereits ein weiteres Tor zur Fürstenbergerstraße dauerhaft geöffnet und zusammen mit der Stadt ein neuer Wochenmarkt zur Nahversorgung auf dem Gisèle-Freund-Platz in unmittelbarer Campus-Nähe abgestimmt. Weitere Themen sind zusätzliche Sportangebote, ein besseres Beleuchtungskonzept für die dunkleren Bereiche des Campus, längere Öffnungszeiten der Versorgungseinrichtung des Studentenwerks oder ein Zimmer für die Kinderbetreuung im neuen Studierendenhaus.“ Mitte September tagt der Arbeitskreis zum dritten Mal.

Vizepräsident Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz, der im Präsidium das Thema Third Mission verantwortet, ist sich sicher, dass sich das Miteinander anstelle von Abschottung vielfach auszahlt: mit wissenschaftlichen Partnerschaften, die Problemstellungen aus verschiedenen Blickwinkeln in Angriff nehmen können. Durch einen fruchtbaren Austausch zwischen Universität und Gesellschaft, der für Erdung und Inspiration gleichermaßen sorgt. Und nicht zuletzt durch Menschen aus Stadt und Region, die sich begeistern für „ihre“ Universität und – gemäß der großen Frankfurter Stiftertradition – bereit sind, etwas zurückzugeben.

Andreas Eckel, Leiter der Privaten Hochschulförderung, betont, dass dafür auch ein aktives Zugehen auf die Bürger nötig sei: „Da Förderer nicht vom Himmel fallen, ist die Errichtung eines lebendigen Netzwerkes die zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Förderung der Universität aus privaten Mitteln. Dazu dienen die eigenen Aktivitäten wie die Alumni-Arbeit oder das Deutschlandstipendium genauso wie alle übrigen ‚Third Mission‘-Facetten‘. Sinnbild dafür ist im Übrigen seit fast 100 Jahren die Vereinigung von Freunden und Förderern als aktive und erfolgreiche Brücke in die Bürgergesellschaft Frankfurts und der Region.“

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