CPI-Sprecherin Prof. Stefanie Dimmeler über fast 20 Jahre in einem weiterhin erfolgreichen Exzellenzcluster und über neue spannende Forschungsfragen der Herz-Kreislauf-Forschung

UniReport: Herzlichen Glückwunsch, Frau Dimmeler, wie fühlt sich der Erfolg von CPI für Sie gerade an?
Stefanie Dimmeler: Es geht mir fantastisch, der Erfolg in der ExStra hat mich unglaublich stimuliert, mir macht meine Arbeit noch mehr Spaß als vorher. Ich habe am Wochenende nach der Entscheidung gleich an neuen Projekten gearbeitet. Vor der Entscheidung war man schon sehr nervös, sodass man sich nicht wirklich auf Neues konzentrieren konnte. Man wusste ja nicht, ob sich der ganze Aufwand gelohnt hat.
Wie und wo haben Sie die Entscheidung erlebt, wurde am 22. Mai groß gefeiert?
Wir waren etwas abergläubisch und hatten deswegen nichts vorbereitet. Wir haben in Frankfurt relativ spontan und in einem kleinen Kreis zusammengesessen. Wer gerade in der Nähe war, kam dann dazu. Wir arbeiten ja an verschiedenen Standorten und werden uns demnächst in Bad Nauheim treffen, unserem Treffpunkt zwischen Frankfurt und Gießen, da werden wir richtig feiern. Aber auch in kleinem Rahmen war es schön.
CPI wurde ja bereits von 2006 bis 2018 als „Excellence Cluster Cardio-Pulmonary System“ und seit 2019 erneut als Exzellenzcluster Cardio-Pulmonary Institute (CPI) gefördert. Geht man nach dieser doch vergleichsweise langen Zeit der Förderung selbstbewusster ins Rennen als ein neues Clusterprojekt?
Ich war schon bei der ersten Begutachtung 2006 dabei, damals noch als Nachwuchswissenschaftlerin. Natürlich stellt sich eine gewisse Routine ein, aber es ist deswegen nicht weniger aufregend. Bei einem neuen Cluster muss man sicherlich viele Aspekte zum ersten Mal zusammenführen. Aber bei einem Projekt, das schon länger gefördert wird, das Innovative auf einem hohen Niveau zu halten, ist ebenfalls sehr anspruchsvoll. Man sagt ja im Management, dass es einfacher sei, von 80 auf 95 % zu gehen als von 95 auf 99 %. Das trifft auch auf die bestehenden Cluster zu. Es ist auf jeden Fall außergewöhnlich, dass CPI nun schon zum vierten Mal erfolgreich war. Die Schwierigkeit besteht darin, immer wieder neue Themen zu finden. Man muss frisch und neugierig bleiben, nicht einfach nur das machen, was man immer schon gemacht hat. Man muss darüber nachdenken: Wo will man hin? Das ist eine Herausforderung, aber das ist auch gut so. Man wird dadurch besser, dass man sich konkret mit neuen Fragestellungen beschäftigt. Die Forschungsfelder verändern sich ja auch gerade technologisch; wie kann man also daran anknüpfen? Auch ein ‚alter‘ Cluster steht so gesehen vor ganz neuen Herausforderungen.
Das CPI will erforschen, wie Herz und Lunge funktionieren, altern und erkranken – und wie man gezielt behandeln kann. Stehen Sie in einer weltweiten Konkurrenz der Forschung, wie findet man da sein Alleinstellungsmerkmal?
Es gibt international sicherlich viel Forschung auf dem Gebiet der Herz-Lungen-Forschung, aber wir als CPI haben sicherlich ein Alleinstellungsmerkmal; zum Beispiel auf dem Gebiet des Lungenhochdrucks (Pulmonary Hypertension). Wir haben unter anderem dazu geforscht, wie sich die Gefäße in der Lunge unter diesen Bedingungen verändern. Mittlerweile gibt es Medikamente, die auch durch CPI entwickelt werden konnten. Die Menschen werden behandelt, werden dadurch älter. Dadurch ergeben sich ganz andere Herausforderungen, es gibt nun ein chronisches Stadium, der Erkrankung. Das Gleiche zeigt sich auch bei der Arteriosklerose, die zum Herzinfarkt führt: Da hat sich die Überlebensrate dramatisch verbessert. Mit dem Altersanstieg in der Bevölkerung beschäftigen wir uns künftig: Das Alter allein verändert die Lungen- und Herzsysteme. Da ist nun gefragt, was das gesunde Altern verbessert, was auch verhindert, dass wir ganz neue Herz- und Lungenerkrankungen bekommen. Herz und Lunge interagieren im Alter sehr stark; das Herz wird steif und ist nicht mehr so flexibel, schädigt dann auch die Lunge. Das führt zu einem Teufelskreis zwischen Herz und Lunge, der mit zum Altern beiträgt. Es gibt heute die sogenannte „Herzinsuffizienz mit erhaltener Pump-Funktion“; nicht mehr ein Problem der Pumpleistung, sondern der Ausdehnung, das beforschen wir nun.
Wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit einem außeruniversitären Partner wie dem Max-Planck-Institut? Kann man sagen, was jeweils Unis und außeruniversitäre Partner haben, was der andere jeweils nicht hat?
Wir sind auf jeden Fall sehr synergistisch aufgestellt: mit der sehr starken Lungenforschung in Gießen, der starken vaskulären Forschung in Frankfurt und dem Max-Planck-Institut, das über eine sehr starke Grundlagenforschung verfügt, technisch gut aufgestellt ist und finanziell gut ausgestattet ist. Als das Zentrum damals gegründet wurde, war das sehr hilfreich. Mittlerweile sind wir komplementär aufgestellt, die beiden Universitätskliniken bringen natürlich den klinischen Aspekt dazu. Wir sind also sehr gut aufgestellt, hätte man gar nicht besser designen können.
Förderbeginn ist der 1. Januar 2026, es überlappen sich die alte und die neue Förderung?
Wir müssen noch warten, wie groß das Budget ist, es kann wohl noch Kürzungen geben, wie man von der DFG hört. Wenn das feststeht, planen wir die Zukunft von CPI. Ein paar von unseren Programmen wollen wir beibehalten, zum Beispiel die Nachwuchsprogramme, die sehr gut gelaufen sind. Die werden dann auch internationalisiert, wir hoffen gerade darauf, die Chance zu nutzen, internationale Postdocs anzulocken, die vielleicht die USA gerade nicht so attraktiv finden. Aber auch bei den Professor*innen wollen wir das Thema Altern und die Schnittstelle zu den Nervensystemen noch stärker verankern. Das sind neue wichtige Themenfelder, da brauchen wir noch mehr Expertise.
Gibt es bereits Kontakt/Kontakte zu SCALE, dem zweiten erfolgreichen Cluster der Goethe-Universität, auch auf wissenschaftlicher Ebene?
Inhaltlich sind beide Cluster natürlich klar abgegrenzt, aber ansonsten gibt es viele Verbindungen und Kontakte. Michaela Müller-McNicoll ist Mitglied unseres Clusters. Was vielleicht interessant ist: CPI ist auch mit dafür verantwortlich, dass sie noch in Frankfurt ist. Wir konnten damals mit unseren Exzellenz-Mitteln sicherstellen, dass sie als Professorin bleiben kann. Die gegenseitige Wertschätzung ist sehr hoch. Eine Konkurrenz sehe ich auch eher nach außen, nicht nach innen. Ich habe mich unglaublich gefreut, dass SCALE als Cluster gefördert wird. Als die Liste aller geförderten Cluster im Netz stand, ging mein zweiter Blick gleich in Richtung SCALE. Die beiden Frankfurter Cluster müssen nun auch gemein- sam schauen, welche wissenschaftlichen Felder wir unterstützen können, damit wir noch mehr aus unserer Förderung machen, was der ganzen Universität nützt. Das gilt ebenso für Sonderforschungsbereiche und Forschungsinitiativen; es geht darum, Personen zu akquirieren, die versatil sind und vielfältig einsetzbar.
Wie sehen Sie die bestehenden Kooperationen und Verbindungen in der RMU?
Wir verfügen über großartige Kontakte in der Herz-Kreislauf-Forschung, weil die Mainzer Universität wie auch die Frankfurter Universität Standort des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) ist, darüber sind wir eng verknüpft. Ich bin zusätzlich auch Partner vom Mainzer „Cluster4Future“, das ist auch eine fruchtbare Kollaboration.
SCALE: Subcellular Architecture of Life
Zellen bestehen aus Milliarden von Molekülen, die von Einzelmolekülen über große Molekülkomplexe bis hin zu Organellen organisiert sind. Obwohl die Funktionen vieler einzelner Moleküle inzwischen gut charakterisiert sind, bleibt vielfach unklar, wie die zelluläre Architektur entsteht, funktioniert und wie ihre Bestandteile miteinander interagieren. Die Wissenschaftler*innen von SCALE wollen die Selbstorganisationsprinzipien der Zelle aufdecken und eine räumlich wie zeitlich hochaufgelöste Simulation der Zelle erstellen. So wollen sie besser verstehen, wie Zellen wirklich funktionieren und wie ihre verschiedenen »Maschinen« zusammenarbeiten.
CPI: Cardio-Pulmonary Institute
Herz- und Lungenerkrankungen gehören weltweit zu den häufigsten Todesursachen. Eine alternde Bevölkerung und neue Risikofaktoren wie Umweltbelastungen oder Infektionen machen ihre Behandlung zunehmend komplexer. Das Cardio-Pulmonary Institute (CPI) will mit innovativer Forschung neue Wege in der Medizin aufzeigen. Unter dem Motto »Präzisionsbiologie treibt Präzisionsmedizin« erforscht das CPI, wie Herz und Lunge funktionieren, altern und erkranken – und wie man sie gezielt behandeln kann. Wissenschaftler*innen aus verschiedenen Disziplinen und Kliniken arbeiten gemeinsam an neuen Therapien, die individuell auf Patient*innen zugeschnitten sind. Moderne Datenanalyse, klinische Studien und digitale Methoden helfen, Forschungsergebnisse schnell in die medizinische Praxis zu übertragen.