Riesiges Interesse an interdisziplinärem Schülerpraktikum

GoetheLab-Projekt „Interface“ führt über das Thema „Grenzen und Grenzflächen“ an wissenschaftliche Arbeitsweisen und Bildung für nachhaltige Entwicklung heran.

Foto: Edith Nitsche
Foto: Edith Nitsche

100 interessierte Schülerinnen und Schüler kamen an einem Samstag Mitte März zu unserer Ringvorlesung, und das komplett freiwillig – unfassbar!“ Moritz Bünger, Doktorand in der Chemiedidaktik, ist immer noch begeistert vom großen Zuspruch, der dem Auftakt vom Projekt „Interface“ Mitte März zuteilwurde. Die Vorträge aus den beteiligten Fächern – aus den Naturwissenschaften, aber ebenso auch aus den Geistes- und Sozialwissenschaften sowie aus den Sportwissenschaften – schlugen die jungen Leute regelrecht in den Bann. „So viel konzentriertes Zuhören, so viel Wissbegierde – das würde man sich manchmal auch in unseren regulären Veranstaltungen für Studierende wünschen“, schmunzelt Prof. Dr. Arnim Lühken, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Didaktik der Chemie. Die Schülerinnen und Schüler melden sich aus intrinsischer Motivation an, die Teilnahme am Praktikum wird nicht von den Schulen organisiert. „Am Ende des Praktikums wird natürlich ein Zertifikat ausgestellt, das man gut für das eigene Portfolio nutzen kann“, erklärt Lühken. Auch die Erstellung einer Facharbeit ist im Rahmen von „Interface“ prinzipiell möglich.

Ganzheitlicher Ansatz

Lühken spricht für das interdisziplinäre Kollegium im Projekt „Interface“, ihm zur Seite steht sein Doktorand Moritz Bünger, der zum Thema „Interdisziplinäres Experimentieren in der Sekundarstufe II“ promoviert. Bünger erläutert die Fragestellung seiner Arbeit: „Mich interessiert, wie im Projekt ‚Interface‘ Schülerinnen und Schüler für das interdisziplinäre Ziel einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) gewonnen werden können. Unser Schülerpraktikum basiert darauf, dass kein Fach im Vordergrund steht, sondern vielmehr ganzheitlich gedacht wird: Alle beteiligten Fachrichtungen, aus den Naturwissenschaften wie auch aus den Geistes- und Sozialwissenschaften, haben ihren Anteil an einer bestimmten Themenstellung. In diesem Semester lautet diese ‚Grenzen und Grenzflächen‘“. Bünger schaut sich unter anderem an, ob und wie sich die fachlichen Interessensschwerpunkte der Schülerinnen und Schüler im Praktikum verändern. Das Projekt wendet sich an Schülerinnen und Schüler in oder kurz vor der Einführungsphase der Oberstufe: Somit soll das Praktikum sie zum einen darin unterstützen, geeignete (Leistungskurs-)Fächer zu wählen, zum anderen aber auch schon eine Orientierung für ein mögliches Studium zu finden.

Das Praktikum, das thematisch an die Ringvorlesung anknüpft, besteht aus acht interdisziplinären Thementagen, die über das Jahr 2025 verteilt sind. Auf dem Programm steht dann jeweils praktisches Arbeiten im Labor, unter freiem Himmel oder auch im Seminarraum, sagt Moritz Bünger: „Das praktische Arbeiten gestaltet sich je nach Disziplin natürlich unterschiedlich: Während in der Chemie der Weg ins Labor führt, gehen die Biowissenschaftler in den Wissenschaftsgarten, die Geowissenschaftler hingegen erkunden den Campus Riedberg und Umgebung. In der Humangeographie wiederum kann das übergreifende Thema ‚Grenzen und Grenzflächen‘ aus einer ganz anderen Perspektive betrachtet werden: Was bedeuten wirtschaftliche und politische Grenzen, wie werden die durch den Grenzschutz umgesetzt; was bedeutet das beispielsweise auch für die Asylpolitik?“

Interdisziplinarität zu vermitteln bedeutet, betonen Lühken und Bünger, dass die Schülerinnen und Schüler verstehen, dass in der Wissenschaft die einzelnen Fächer bei der Lösung von Problemen einander zuarbeiten. Wenn in den Sportwissenschaften untersucht wird, wie ein moderner Ski für die vielen unterschiedlichen Schnee- und Eisformen auf der Piste fit gemacht werden kann, braucht es Wissen über die geeigneten Formen von Wachs. Dieses Wissen kann zum Beispiel die Chemie liefern. Es bedarf aber ebenso bestimmter Kenntnisse darüber, welche Kräfte beim Gleiten und Haften des Skis auf der Piste wirksam sind – dazu kann man die Physik befragen.

Nicht nur MINT-Förderung

Möchte man mit „Interface“ vor allem junge Menschen für die Naturwissenschaften gewinnen? „Natürlich haben wir als Universität die Aufgabe, junge Menschen darin zu unterstützen, Interesse an MINT-Fächern zu entwickeln und ein Studium nach Möglichkeit auch abzuschließen. Leider stagnieren unsere Studierendenzahlen, die Abbrecherquote ist auch zu hoch, das möchten wir auch mit unserem Projekt gerne ändern. Doch ‚Interface‘ verschreibt sich keineswegs nur der MINT-Förderung! Bildung für nachhaltige Entwicklung bettet dezidiert ökonomische, ökologische, soziale und politische Themen in naturwissenschaftliche Forschung ein. Auch deswegen sind Fächer wie zum Beispiel die Humangeographie beteiligt. Und auch dort wünscht man sich eine höhere Sichtbarkeit gerade bei denen, die zu den künftigen Neustudierenden gehören könnten.“

Gefördert wird das Projekt „Interface“ von der Evonik Stiftung. Die Stiftung hatte sich mit dem Wunsch an die Universität gewandt, sich in der Nachwuchsförderung im MINT-Bereich betätigen zu wollen. In vielen Gesprächen zwischen dem GoetheLab und der Stiftung wurden mögliche Formate und Inhalte gesichtet und diskutiert. „Academia und Wirtschaft haben an dieser Stelle zusammengefunden. Wir haben uns natürlich auch angeschaut, wofür Evonik steht und welche Kompetenzen und Fähigkeiten auf den damit verbundenen Berufsfeldern gefragt sind. Auch das ist natürlich für Schülerinnen und Schüler, die sich mit der Frage beschäftigen, was sie studieren möchten und zu welchem Zweck, sehr wichtig“, sagt Arnim Lühken.

Das Projekt „Interface“, so der Wunsch des GoetheLab, soll in den nächsten Jahren fortgesetzt werden, dazu kommen die Überthemen „Energie“ und „Kreisläufe“. Moritz Bünger betont: „Wir würden uns freuen, wenn sich dann auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus bislang noch nicht beteiligten Fächern einbringen möchten.“

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