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Digitalisierung in der Bibliothek Naturwissenschaften (BNat)

Naturwissenschaftliche Informationsversorgung ist digital – aber mitunter ist das gedruckte Buch immer noch wichtig.
Die Fassade lässt genug Licht durch: Das Otto-Stern-Zentrum auf dem Campus Riedberg. Foto: Dettmar

Die Digitalisierung ist in den Naturwissenschaften weit vorangeschritten: Forscher*innen können in der Regel auf Zeitschriften von ihrem Arbeitsplatz oder von zu Hause aus zugreifen. In der Bibliothek Naturwissenschaften (BNat) im Otto-Stern- Zentrum trifft man daher vor allem Studierende an – nicht nur zur Stillarbeit, sondern auch in Gruppenräumen zum gemeinsamen Lernen. Auch dort benutzt man beim Erarbeiten von Formeln gerne noch »Stift und Tafel«.

Wer zum ersten Mal den Campus Riedberg der Goethe-Universität besucht, wird keine Probleme haben, die Bereichsbibliothek Naturwissenschaften zu finden: Denn diese befindet sich in einem sehr auffälligen Gebäude, dem Otto-Stern-Zentrum. Spötter haben dem Bau wegen seiner goldfarbenen Außenstruktur einmal den Beinamen „Käsereibe“ gegeben. Das Gebäude beherbergt einige Hörsäle und eine Cafeteria, aber vor allem die Bereichsbibliothek auf dem Campus Riedberg. Wer die Bibliothek betritt, ist zuerst einmal von der Größe des lichtdurchfluteten Lesesaals beeindruckt. Die Außenfassade lässt genug Licht hinein – allerdings, so erzählt es die Leitung der BNat, musste man nach zähem Ringen die Architekten (Gerber Architekten aus Dortmund) davon überzeugen, dass einige Lichtfenster in der auffälligen Außenstruktur den Gesamteindruck nicht stören.

Umzug von Mathematik und Informatik wird bereits vorbereitet

Leiter der Bereichsbibliothek ist Roland Wagner. Der promovierte Forstwissenschaftler leitet zugleich die Bereichsbibliothek Medizin auf dem Campus Niederrad sowie die Stabsstelle Open Access der Universitätsbibliothek. Wagners Stellvertreterin ist die Diplom-Bibliothekarin Daniela Jatz, die bereits seit 1989 auf dem Campus Riedberg arbeitet. „Damals war die Fachbereichsbibliothek noch nach dem Stadtteil Niederursel benannt, und da saß man quasi auf einem noch leeren Hang“, erzählt sie. In die Fachbereichsbibliothek Chemie zogen nach und nach mehrere Disziplinen ein, bis man dann 2011 ins neue Otto-Stern-Zentrum wechselte. „Wir sind daher darin erfahren, neue Bestände aufzunehmen“, betont sie. Augenblicklich fehlen die Informatik und Mathematik, die noch auf dem Campus Bockenheim angesiedelt sind. Auch wenn der Neubau für die beiden Fächer noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird: Es wird bereits geschaut, was von den Beständen mit auf den Campus Riedberg kommt, was ausgemustert wird oder an die Zentralbibliothek abgegeben werden kann.

Neue Herausforderungen

Grundsätzlich, so Wagner, hängt man in den Natur- und Lebenswissenschaften weit weniger am Gedruckten. „In der Forschung erscheint das Wichtige in Online-Zeitschriften. Da sind die Wissenschaftler*innen froh, am Rechner im Büro oder zu Hause die aktuelle Forschung direkt und ohne Umwege aufrufen zu können. In die Bibliothek muss sich dafür keiner mehr bewegen.“ In früheren Zeiten gab es mehr Begegnungen mit den Forschenden, erinnert sich Daniela Jatz, durchaus mit etwas Wehmut. „Da kam auch mal der Professor in die Bibliothek, um sich einen Zeitungsaufsatz zu kopieren.“ Heute hat sich die Kommunikation weitgehend ins Virtuelle verlagert. Aber es sind andere Aufgaben und Zuständigkeiten entstanden – die mitunter auch übersehen werden, weiß Roland Wagner zu berichten: „Oft bemerken Forschende in ihren Büros gar nicht mehr, dass sie auf Online- Inhalte nur deshalb zugreifen können, weil die Bibliothek im Hintergrund mit die Lizenzierung der Inhalte organisiert – die Dinge scheinen einfach so da zu sein.“ Mit E-Journals und E-Books sind allerdings aufwändige rechtliche, finanzielle und auch technische Fragen verbunden.“ Daniela Jatz ergänzt: „Digitale Lehrbücher sind für die Riedberg-Fächer häufig sehr teuer und können oft nur im Paket und dann auch nur für einen bestimmten Zeitraum erworben werden. Für die Verlage ist das ein lohnendes Geschäft, aber für die Bibliotheken ergibt sich das Problem, dass man Literatur oft nur „angemietet“ hat. Also kann es passieren, dass nach einem Jahr ein digitales Buch nicht mehr verfügbar ist.“

Dr. Robert Wagner und Daniela Jatz. Foto: Dettmar

Ohnehin dürfte die Digitalisierung wohl wenige Berufsgruppen so stark geprägt haben wie das Bibliothekswesen. „Wenn irgendwann einmal alle Zeitschriften über Open Access zugänglich sind, entfällt auch die Lizenzierung. Dann werden andere Serviceleistungen seitens der Bibliothek stärker gefragt sein, für die unsere Mitarbeitenden sich natürlich ständig weiterbilden müssen“, erklärt Roland Wagner. Neben Open Access ist das sogenannte Forschungsdatenmanagement ein wichtiges Stichwort. „Für die Forschenden auf dem Riedberg spielt der planvolle Umgang mit Forschungsdaten bereits eine große Rolle – da gibt es in den Geistes- und Sozialwissenschaften noch stärkeren Nachholbedarf.“ Wie können Daten beispielsweise erfasst, gespeichert, aufbewahrt und genutzt werden – solche Fragen werden von einem UB-übergreifenden Team bearbeitet, die Bereichsbibliotheken übernehmen dabei aber zusehends eine vermittelnde Funktion. Wenn die Bereitstellung von Literatur und der Ausleihbetrieb weniger Manpower bindet, können die Bibliotheken, betont Roland Wagner, die Forschenden künftig noch viel besser beim Publizieren und dem Forschungsdatenmanagement unterstützen. „Im Zuge einer leichteren Verfügbarkeit von Informationen und wissenschaftlichen Publikationen im Netz wird zudem die Frage wichtiger, welche Materialien eine wissenschaftliche Qualitätsprüfung durchlaufen haben und welche nicht, und wie man sich in der digitalen Informationsflut zurechtfinden kann.“

Lehrbücher gerne noch physisch

Die Digitalisierung mag in der naturwissenschaftlichen Forschung weit vorangeschritten sein. Im Studium allerdings, betonen Daniela Jatz und Roland Wagner, sehen zumindest die Vorlieben der Nutzer*innen oft noch anders aus: Die im natur- und lebenswissenschaftlichen Studium wichtigen Lehrbücher, also Grundlagen- und Einführungswerke, werden zwar auch digital sehr gerne genutzt, nach wie vor jedoch von vielen als physische Bücher bevorzugt. „Gedruckte Lehrbücher machen ungefähr 75 Prozent unserer Ausleihen aus“, erklärt Daniela Jatz. Zwar lassen sich E-Books bequem von zu Hause aus nutzen. Aber: Ein solches Lehrbuch kann schon mal 1300 Seiten umfassen, da kann die Lektüre am Bildschirm durchaus ermüdend sein. Stolz ist man in der BNat auf ein Angebot, das in Frankfurt einzigartig ist: In Zusammenarbeit mit den Fachbereichen wird die sogenannte „Semesterausleihe“ ermöglicht. Das bedeutet, dass eine hohe Stückzahl von einem zentralen Grundlagenwerk gekauft wird, und die Studierenden diese Bücher für ein ganzes Semester ausleihen können. „In der Regel ist ein Lehrbuch nur für vier Wochen ausleihbar. Somit entfällt für unsere Studierende der Stress, das Buch zeitig wieder abgeben zu müssen. Ein schöner Service, der von den Studis sehr geschätzt wird.“

Bibliothek als Lern- und Kommunikationszentrum

Die BNat wird von vielen Studierenden, übrigens auch aus Fächern jenseits der Naturwissenschaften, gerne als Lernort genutzt. Weil dazu nicht nur die individuelle Stillarbeit, sondern auch das Lernen und Diskutieren in der Gruppe gehört, bietet die BNat auch zehn Arbeitsräume an. Die können online gebucht werden, einige davon können aber auch spontan ohne Voranmeldung genutzt werden. „Dieses Konzept wurde gemeinsam mit den Fachschaften erarbeitet, denen eine Flexibilität in der Nutzung wichtig war“, betont Daniela Jatz. Zur technischen Ausstattung der Räume gehören optional auch Beamer, aber sehr gefragt sind die Whiteboards – keine interaktiven, sondern analoge, die man ganz klassisch mit Filzstiften beschreibt. „In Fächern wie der Mathematik oder Chemie hat man es mit Formeln zu tun, die schon mal sehr lang und komplex werden können. Analoge Technik wird bei uns also durchaus noch geschätzt“, schmunzelt Roland Wagner.

ZAHLEN UND FAKTEN ZUR BNAT

Bislang vertretene Fächer
• Geozentrum (FB 11)
• Fachbereich Physik (FB 13)
• Biochemie, Chemie und Pharmazie (FB 14)
• Biowissenschaften (FB 15)

Arbeitsplätze
• 300 Lese- und Arbeitsplätze
• 10 Gruppenarbeitsräume (teils buchbar)
• 1 Sehbehindertenarbeitsraum

Bestand
• rund 150 000 Bücher und Zeitschriften (Kapazität auf 300 000 Bände ausgelegt)

Personal
• 7 hauptamtliche bibliothekarische Mitarbeiter*innen (überwiegend Teilzeit)
• Unterstützt von studentischen Hilfskräften

Öffnungszeiten
BNat Lesesaal

Montag bis Freitag 8.00 bis 20.00 Uhr
Samstag 10.00 bis 16.00 Uhr
Gruppenarbeitsräume
Montag bis Freitag 8.00 bis 22.30 Uhr
Samstag, Sonntag 10.00 bis 19.00 Uhr

Online-Auftritt der BNat
https://www.ub.uni-frankfurt.de/bnat

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