Plakate als Geschichtenerzähler

Studierende der Ethnologie und der Curatorial Studies über das Ausstellungsprojekt »Indianische Plakate«

Vor fast einem Jahr trafen wir, elf Studierende aus der Ethnologie und den Curatorial Studies, zum ersten Mal zusammen. Anfangs wussten, wir nicht, was alles bei dem zweisemestrigen Projekt „Indianische Plakate“ auf uns zukommen würde. Alles, was wir wussten war, dass wir eine Ausstellung mit Plakaten aus dem indigenen Nordamerika gestalten würden. Im Rahmen des Programms „Starker Start ins Studium“ und unter der Leitung von Dr. Markus Lindner machten wir uns an die Arbeit.

Die Fragen, die wir beantworten wollten: Welche Bedeutung haben Plakate in der Gesellschaft? Welche Aussagen treffen sie? Wie vermittelt man indigenes Leben in Nordamerika? Diesen und weiteren Fragen gingen wir nach. Heraus kam unsere Ausstellung „Plakatiert! Reflexionen des indigenen Nordamerika“. Zu sehen ist sie seit dem 27. Juni 2019 im Weltkulturen Museum, Frankfurt am Main.

Anhand von etwa 100 Plakaten aus den 1970ern bis heute wollen wir Ausstellungsbesucher* innen indianische Lebenswelten näherbringen und damit das Stereotyp des „edlen Wilden“ aufbrechen. Dieses Ziel konnten wir dank dem Weltkulturen Museum umsetzen, welches uns als unser Kooperationspartner stets mit Rat und Tat zur Seite stand. Weiterer Dank gilt unseren Sponsoren:

Die Ausstellung, die Publikation und der Druck unseres Katalogs wurden durch die Dr. Marschner Stiftung und den Förderfonds Lehre unterstützt. Denn die dargestellten Themen aus dem Alltag des indigenen Nordamerikas werden mithilfe der Plakate und ergänzenden Objekte nicht nur angesprochen, sondern in einem Katalog auch erläutert und historisch eingebunden. Ohne die zur Verfügung gestellten Mittel der beiden Sponsoren wäre dies nicht möglich gewesen.

Was gibt es zu sehen?

Die Ausstellung beleuchtet aktuelle Themen, wie beispielsweise Gewalt gegen indigene Frauen. Die kanadische Regierung gab Anfang Juni eine Erklärung dazu ab, worüber die Frankfurter Rundschau berichtete. In der Ausstellung zeigen wir unter anderem ein Plakat, welches auf die vermissten Frauen aufmerksam macht. Eine Analyse von Fällen der letzten 30 Jahre ergab, dass von weit über 1000 ermordeten und vermisst gemeldeten Frauen mehr als zehn Prozent indigener Herkunft waren, obwohl deren Anteil an der kanadischen Bevölkerung bei unter fünf Prozent liegt.

Nähere Informationen, das Plakat der „Stolen Sisters“ und weitere Plakate, die auf Gewalt gegen Frauen und in Familien aufmerksam machen, sind während der Ausstellung im Weltkulturen Museum zu sehen. Weitere Themen sind: Familien und Kinder, Politik und Recht, Militär, Bildung und Revitalisierung von Sprachen und Kulturen, Identität, Kulturfeste (Powwows), Drogen und Alkohol, Gesundheit und Ernährung.

Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit?

Während unserer Vorbereitungen hatten wir außerdem das Glück mit echten Profis zusammenarbeiten zu können. Bei unserem Besuch in der Grafischen Sammlung des Historischen Museums in Frankfurt am Main lernten wir mehr über die korrekte Handhabung von Papier als Material und erfuhren viel über die Aufgaben von Restaurator*innen. Die Zusammenarbeit mit unserem Kooperationspartner, dem Weltkulturen Museum, war natürlich ebenfalls ein Glücksgriff.

Neben Einführungen in die vielfältigen Arbeitsbereiche eines Museums hatten die engagierten Mitarbeiter*innen des Weltkulturen Museums stets ein offenes Ohr für unsere Belange. Für die diversen Arbeitsbereiche teilten wir uns in mehrere Kleingruppen auf. Bei frisch gebrühtem Kaffee beratschlagte sich die Öffentlichkeitsarbeit. Gemeinsam mit der Leiterin der Amerika-Abteilung suchten wir ergänzende Objekte, wie beispielsweise rituelle Kleidung, heraus.

Die Restauratorinnen bastelten daraufhin Puppen, die diese Kleider in der Ausstellung präsentieren. Ein besonderes Ereignis für uns alle war zweifellos die Hängung der Plakate in den Räumlichkeiten des Museums. Nachdem wir zunächst auf Skizzen die Positionen der Plakate festgelegt hatten, war es ein großartiges Gefühl, die fertig bestückten Räume zu sehen. Wie sah es hinter den Kulissen aus? Bis zu diesem Punkt war es jedoch ein langer Weg, der uns gefördert, aber auch gefordert hat.

Von Anfang an konnten Besucher*innen unserer Facebook- und Instagram-Seiten diesen Entstehungsprozess mitverfolgen. Ein Highlight war die Veröffentlichung der Interviews vor einigen Wochen, in denen wir Studierenden zu Wort kamen. „Der Zeitaufwand“, „Kommunikationshürden“, „die Geschichten, die sich hinter manch einem Plakat verborgen haben“ sind nur einige der Antworten, auf die Frage nach Herausforderungen der Ausstellungsvorbereitung. Dabei war das längst nicht alles. Von Beginn an gab es einen genau einzuhaltenden Zeitplan.

Ein wichtiger Termin war zum Beispiel die Fertigstellung der Katalogtexte. Die Mitglieder des Redaktionsteams haben tagelang redigiert und vereinheitlicht, was wir anderen übersehen hatten. Diese Sorgfalt zahlte sich doppelt aus. Bei den Recherchen zu einem Plakat, das für den traditionellen Sonnentanz wirbt, kam die Frage auf, wer der hier abgebildete Indianer ist.

Die Frage ging dank unserer Social- Media-Seiten viral und schaffte es bis nach Amerika zu Vincent Schilling. Der amerikanische Journalist wusste nicht nur, dass es sich bei dem abgebildeten Mann um Frank Fools Crow, einen hoch angesehenen elder der Oglala-Lakota handelte, er berichtete sogar über unsere Suche in der wichtigsten indigenen Zeitung, Indian Country Today. Was bleibt also noch zu sagen?

Von Herausforderungen mit dem Zeitmanagement über die Zusammenarbeit mit externen Partnern bis hin zu inhaltlichen Meinungsverschiedenheiten, die teils lautstark ausdiskutiert wurden, erlebten wir die Herausforderungen einer Ausstellung hautnah mit. Dennoch verloren wir dabei nie das Ziel aus den Augen: eine Ausstellung zu konzipieren, in der die ausgestellten Objekte mehr zu sagen haben als die Menschen, die sie dorthin brachten. Ob uns das gelungen ist, können Besucher*innen noch bis zum 1. Dezember 2019 selbst entscheiden. Wir freuen uns auf Euch!

Betelihem Fisshaye, Laura Haas
und Catharina Wallwaey

Ausstellungsdauer : 27. Juni bis 1. Dezember 2019
Weltkulturen Labor, Schaumainkai 37, 60594 Frankfurt am Main

Weitere Informationen unter www.weltkulturenmuseum.de
Folgt uns auf Facebook & Instagram @PlakatiertPosted @plakatiert_posted

Dieser Artikel ist in der Ausgabe 4.19 des UniReport erschienen.

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