EUbOPEN-Forschungsverbund legt Basis zur Erforschung von Krankheiten

Die effektivste Methode, um gezielt grundlegende biologische und krankheitsrelevante Prozesse aufzuklären, ist der Einsatz kleiner chemischer Werkzeuge, kleiner Moleküle, die die Proteinfunktion verändern. Das neue Verbundforschungsprojekt EUbOPEN hat sich zum Ziel gesetzt, solche chemischen Modulatoren für 1.000 Proteine zu entwickeln, also für ein Drittel aller Proteine im menschlichen Körper, die wahrscheinlich durch chemische Verbindungen modulierbar sind. Diese chemischen Werkzeuge werden für Wissenschaftler weltweit offen zugängig sein und es ermöglichen, die Hintergründe von Krankheiten zu erforschen und die Entwicklung neuer Therapien voranzutreiben. EUbOPEN wird von der Goethe-Universität Frankfurt und Boehringer Ingelheim gemeinsam geleitet.

Auch fast zwei Jahrzehnte nach der Sequenzierung des menschlichen Genoms ist die Funktion der meisten Proteine, die durch das Genom kodiert werden, noch nicht entschlüsselt. Daher ist unser Wissen über die Vorgänge in der menschlichen Zelle begrenzt. Um die Funktion eines Proteins in einem bestimmten Zelltyp zu untersuchen, nutzen Wissenschaftler häufig kleine chemische Werkzeuge, die so spezifisch wie möglich das Zielprotein beeinflussen. Dabei soll eine unbeabsichtigte Modulation anderer Proteine vermieden werden. Derzeit steht nur ein sehr eingeschränktes Repertoire solcher Moleküle zur Verfügung. Der Bedarf an selektiven und gut charakterisierten chemischen Werkzeugen für die Grundlagen- und angewandte Forschung ist daher groß. Im Idealfall wären solche Werkzeuge für jedes menschliche Protein verfügbar und sollten allen Forschern offen und ohne Nutzungseinschränkungen zur Verfügung stehen, um die Untersuchung von noch unerforschten krankheitsrelevanten Prozessen zu ermöglichen.

Das Ziele der neu gegründeten öffentlich-privaten Partnerschaft „Enabling and Unlocking biology in the OPEN“ (EUbOPEN) ist die Entwicklung und Verbreitung solch qualitativ hochwertiger und gut charakterisierter Werkzeuge für einen wesentlichen Teil aller Proteine. Der Forschungsverbund besteht aus 22 akademischen Einrichtungen und Industriepartnern und startet im Mai 2020 mit einem Gesamtbudget von 65,8 Millionen Euro, das von der europäischen Innovative Medicines Initiative (IMI) sowie in Form von Geld- und Sachleistungen vom Europäischen Dachverband der Pharmaunternehmen und -verbände (EFPIA), assoziierten Partnern und Nicht-EU-Partnern bereitgestellt wird.

Stefan Knapp, Professor für Pharmazeutische Chemie an der Goethe-Universität Frankfurt und Koordinator des Forschungsverbunds, sagte: „Am Ende des Projekts werden wir die größte und am besten charakterisierte, offen zugängige Substanzbibliothek für die funktionelle Erforschung von Proteinfunktionen entwickelt haben. Diese chemischen Verbindungen zusammen mit den gewonnenen Forschungsdaten werden eine großartige Basis für die Grundlagenforschung sein und zur Entdeckung neuer Mechanismen der Entstehung von Krankheiten und zur Entwicklung neuartiger Medikamente beitragen.“

Mit Hilfe neuer Technologien wird EUbOPEN chemische Modulatoren entwickeln und im menschlichen Gewebe testen. Die im Rahmen des Projekts EUbOPEN gewonnenen Forschungsdaten und Reagenzien werden für jeden Nutzer offen und ohne technische oder rechtliche Barrieren für Forschungszwecke zur Verfügung gestellt. Die Nachhaltigkeit des Projekts wird durch zahlreiche Partnerschaften, beispielsweise mit Chemikalienherstellern und Biotech-Unternehmen sowie Anbietern von Online-Datenbanken sichergestellt. EUbOPEN wird die Basis für weltweite Bemühungen zur Erzeugung chemischer Modulatoren für die Gesamtheit aller Proteine sein.

Über den EUbOPEN-Forschungsverbund

Zum Forschungsverbund EUbOPEN gehören Universitäten, Forschungsinstitute, Mitglieder des Europäischen Verbands der pharmazeutischen Industrie und Verbände (EFPIA) sowie ein kleines und mittelständisches Unternehmen (KMU) an. Insgesamt umfasst das Konsortium 22 verschiedene Partnerorganisationen. Prof. Stefan Knapp von der Goethe-Universität Frankfurt ist der akademische Koordinator und Adrian J. Carter von Discovery Research bei Boehringer Ingelheim ist der EFPIA-Projektleiter. Weitere Partner sind: Bayer AG, Diamond Light Source, EMBL-EBI, ETH Zürich, Fraunhofer IME, Georg-Speyer-Haus, Karolinska Institutet, Leiden University Medical Center, McGill University, Ontario Institute for Cancer Research, Pfizer, Royal Institute of Technology, Servier, Structural Genomics Consortium, Takeda, University of Dundee, University of North Carolina, University of Oxford und University of Toronto.

Weitere Informationen unter https://www.eubopen.org/.

Innovative Medicines Initiative (IMI)

Die Innovative Medicines Initiative ist eine öffentlich-private Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und der pharmazeutischen Industrie, vertreten durch den Europäischen Dachverband der Pharmaunternehmen und -verbände, die European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA). IMI hat das Ziel, durch die Förderung von kooperativer Forschung die Entwicklung von sicheren und wirksamen Arzneimitteln zu beschleunigen.

Weitere Informationen unter https://www.imi.europa.eu/.

Quelle: Pressemitteilung vom 8. Juni 2020

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