Im Fokus des vierten „Tags der Rhein-Main-Universitäten“ standen Wissenschaftler*innen in frühen Karrierephasen und der so genannte akademische Mittelbau. Ihnen mehr Chancen zu eröffnen, ist ein Kernanliegen der Strategischen Allianz der Rhein-Main-Universitäten (RMU).
Die RMU ist nach zwei Jahren der Pandemie mit ihrem jährlichen „Tag der RMU“ in die Präsenz zurückgekehrt, nachdem die Technische Universität Darmstadt und die Johannes Gutenberg-Universität Mainz die Veranstaltung in den Jahren 2020 und 2021 digital ausgerichtet hatten. Auch in anderer Hinsicht knüpft die Veranstaltung mit mehreren hundert Teilnehmer*innen aus Hessen und Rheinland-Pfalz an Vergangenes an: Wie 2019 war auch in diesem Jahr die Goethe-Universität Frankfurt Gastgeberin und hat Mitarbeiter*innen, Angehörige und Freunde der Allianz auf dem Campus Westend empfangen.
Nachdem es in den Vorjahren um die Potentiale der länderübergreifenden Allianz (2019), Studium und Lehre (2020) und Forschung (2021) gegangen war, standen in diesem Jahr die Wissenschaftler*innen in frühen Karrierephasen und der „akademische Mittelbau“ im Zentrum. „Diese Talente nachhaltig für uns zu gewinnen und weiter zu qualifizieren, bereichert jede Universität maßgeblich, stärkt und schärft ihr Profil ebenso wie ihre Zukunftsfähigkeit“, betonte Prof. Dr. Enrico Schleiff, der Präsident der Goethe-Universität, in seiner Begrüßung.
Die Bedeutung der Förderung und Unterstützung von jungen Wissenschaftler*innen unterstrichen auch Ayse Asar, Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, und Dr. Denis Alt, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz, in zwei prägnanten „Impulsen aus der Politik“. „Die Zukunft der Wissenschaft liegt in der Vernetzung und in Allianzen, die die Stärken der einzelnen wissenschaftlichen Einrichtungen optimal verbinden – da gehen die drei RMU-Universitäten voran“, erklärte Ayse Asar, Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft und Kunst. „Sie vereinen fast 10.000 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vor allem Promovierende und Postdocs, die heute thematisch im Mittelpunkt stehen. Ohne sie, ohne den ,akademischen Mittelbau‘ wären die Universitäten nicht, was sie sind. Deshalb sind eine kluge Personalentwicklung und umfangreiche Unterstützungs-, Qualifikations- und Beratungsstrukturen hoch relevant. Als Landesregierung unterstützen wir die Hochschulen dabei sowohl finanziell als auch strukturell, unter anderem mit Möglichkeiten für neue Karrierewege im 2021 novellierten Hessischen Hochschulgesetz etwa mit der Qualifikationsprofessur bzw. dem Tenure Track oder auch der Tandem-Professur. Im 2021 erarbeiteten ,Kodex für gute Arbeit‘ verpflichten sich die Hochschulen zu neuen Standards für bessere und attraktivere Arbeitsbedingungen.“
Dr. Denis Alt, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz, betonte: „Die Allianz der Rhein-Main-Universitäten mit den Partneruniversitäten in Frankfurt, Darmstadt und Mainz ist ein wichtiger Baustein, um sich in einer ausdifferenzierten Wissenschaftslandschaft weiter national und international zu profilieren. Gemeinsam können die drei forschungsstarken Universitäten die Rhein-Main-Region als Wissenschaftsmotor weiterentwickeln. Davon profitieren nicht nur die Universitäten, sondern auch Hessen und Rheinland-Pfalz. Die wissenschaftlichen Erfolge der letzten Jahre, zum Beispiel in der gemeinsamen Drittmitteleinwerbung, zeigen, dass sich die Universitäten auf dem richtigen Weg befinden, auf dem wir sie nach Kräften unterstützen möchten.“
Auch Prof. Dr. Marlis Hochbruck, Professorin am Karlsruher Institut für Technologie und ehemalige DFG-Vizepräsidentin, platzierte in ihrer Keynote die Förderung von Wissenschaftler*innen in der frühen Karrierephase in die „Mitte der Wissenschaft(en)“.
Zugleich aber wurde auch deutlich, dass die frühen Berufsjahre von Wissenschaftler*innen keinesfalls nur von Hoffnung und Aufbruchsstimmung geprägt sind: ökonomische Unsicherheit, die Frage, ob sich die Familie bzw. die Familienplanung mit der Karriere unter einen Hut bringen lassen, Hindernisse bei der Verwirklichung ambitionierter Forschungsinteressen und generell eine noch im Dunkeln liegende Zukunft werden von vielen Wissenschaftler*innen gerade in dieser Lebensphase als besonders drückend empfunden. Dies war auch Thema in einer Podiumsdiskussion zwischen vier Vertreter*innen der Hochschulleitungen, der Wissenschaftlerinnen in frühen Karrierephasen und der RMU-Support-Strukturen für die „Early Career Researchers“, wie sie auf der internationalen Bühne genannt werden. An diesen „öffentlichen“ Teil des Tags der RMU schloss sich ein abwechslungsreiches Programm aus Workshops und Projektpräsentationen von Kooperationen in der RMU an. In den Workshops ging es um die spezifischen Fördermöglichkeiten in der RMU im nationalen und europäischen Rahmen, um alternative Karrierepfade hin zu Ministerien, weiteren Behörden und NGOs und um Möglichkeiten, sich von dem „Impostor-Syndrom“ zu befreien, also von massiven Selbstzweifeln hinsichtlich der eigenen Fähigkeiten, Leistungen und Erfolge. In einem Vernetzungstreffen zum Thema Nachhaltigkeit trafen sich zudem Mitarbeiter*innen der für Nachhaltigkeit zuständigen Arbeitsbereiche der drei Universitäten und tauschten sich über „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ aus.
Am Ende der Veranstaltung zogen Prof. Dr. Tanja Brühl, die Präsidentin der Technischen Universität Darmstadt, ihr Frankfurter Kollege Prof. Dr. Enrico Schleiff sowie Prof. Dr. Stefan Müller-Stach, der Vizepräsident für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, eine positive und zugleich differenzierte Bilanz: Manche Lasten können Universitäten den Wissenschaftler*innen am Beginn ihrer Laufbahn nicht nehmen – sie können aber viele Maßnahmen ergreifen, um diese zu erleichtern: durch zielführende, an die individuellen Bedürfnisse angepasste Beratung, vielfältige und hochwertige Weiterbildungsmöglichkeiten, Vernetzungsangebote und konkrete Förderung. Diese sind umso effektiver, wenn Universitäten nicht für sich agieren, sondern im Verbund, unter Nutzung der ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen.
Und eben dies hat sich die RMU vorgenommen: Sie will ein echter „Chancen-Raum“ sein. So stellte Präsident Schleiff die Einrichtung einer (virtuellen) Austauschplattform für die Postdoktorand*innen der RMU in Aussicht, die Informationen auch für Externe vorhalten und die vorhandenen Fördermaßnahmen zielgruppengerecht darstellen werde. „Wir wollen als RMU junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Deutschland und weltweit für uns gewinnen – weil wir sie, ihre Kreativität, ihren Esprit, ihre Neugier und ihren Mut einfach brauchen.“
Vizepräsident Müller-Stach präsentierte die Pläne zur Fortentwicklung des Programmangebots zu Professional Skills durch die Fördereinrichtungen der RMU, GRADE (Frankfurt), Ingenium (Darmstadt) und Gutenberg School (Mainz): „Wir werden das gemeinsame Programmangebot für Wissenschaftler*innen in frühen Karrierephasen weiter ausbauen. So bündeln wir in der RMU unsere Stärken und die Wissenschaftler*innen können die Angebote flexibler nutzen.“
Präsidentin Brühl stellte eine neue gemeinsame Förderlinie des RMU-Initiativfonds Forschung exklusiv für Wissenschaftler*innen der RMU in der frühen Berufsphase vor. Diese können für die Vernetzung innerhalb der RMU durch die aktuell ausgeschriebene Förderlinie mit bis zu 30.000 Euro unterstützt werden. „Wir wollen die kreativen und mutigen Projektideen unserer Early Career Researchers fördern und sie ermutigen, sich innerhalb der Allianz der Rhein-Main-Universitäten stärker zu vernetzen und eng zu kooperieren – sei es durch gemeinsame Publikationen, Projektanträge oder im Bereich der Wissenschaftskommunikation“, erläuterte Präsidentin Brühl. Zum Abschluss lud sie in guter Tradition alle Gäste für das Jahr 2023 zum nächsten Tag der RMU nach Darmstadt ein. „Ich freue mich sehr darauf, Sie alle im kommenden Jahr an der TU Darmstadt zu begrüßen, um gemeinsam eine weitere Facette zur Weiterentwicklung unserer Allianz zu diskutieren.“ Alle drei waren sich einig: Für Wissenschaftlerinnen in der frühen Karrierephase transformiert sich die RMU zum idealen Starting Point für den Aufbau eigenständiger Karrieren.
Weitere Informationen: www.rhein-main-universitaeten.de