Gemeinsames Promotionskolleg zu jüdischer Literatur, Philosophie und Musik im NS-Deutschland

Unter dem Titel „Gebrochene Traditionen? Jüdische Literatur, Philosophie und Musik im NS-Deutschland“ hat ein neues interdisziplinäres Promotionskolleg heute offiziell die Arbeit aufgenommen. Dabei handelt sich um ein Kooperationsprojekt von Prof. Kerstin Schoor (Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder), Prof. Christian Wiese (Goethe-Universität) und Prof. Jascha Nemtsov (Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar). Das Kolleg wird von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert und hat seinen Sitz am Selma Stern-Zentrum für Jüdische Studien in Berlin-Brandenburg. In der ersten Förderphase werden neun Stipendien an den drei beteiligten Universitäten gefördert. Externe Kooperationspartner sind das International Institute for Holocaust Research der Erinnerungsstätte Yad Vashem, das Franz Rosenzweig Minerva Research Center der Hebrew University of Jerusalem, das Leo Baeck Institute Jerusalem sowie das Music Department des Dr. Hecht Arts Center der University of Haifa. Die Eröffnung fand an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder statt.

Christian Wiese © Uwe Dettmar
Prof. Christian Wiese und sein Buber-Rosenzweig-Institut sind beteiligt am neuen Promotionskolleg „Gebrochene Traditionen? Jüdische Literatur, Philosophie und Musik im NS-Deutschland“. © Uwe Dettmar

Das Promotionskolleg soll die Kenntnisse zum jüdischen kulturellen Leben in einem von 1933 an zunehmend separierten jüdischen Kulturkreis aus der Sicht von Literatur- und Musikwissenschaft sowie der Philosophie erweitern. Denn in diesen Disziplinen besteht mit Blick auf dieses Thema nach wie vor eine Forschungslücke. Im Fokus der im Kolleg entstehenden Doktorarbeiten stehen die intellektuellen und künstlerischen Aktivitäten von Jüdinnen und Juden, die im NS-Deutschland auf die soziale Entrechtung, Ausgrenzung und schließlich Ermordung großer Teile des europäischen Judentums reagierten – ob offen artikuliert, durch unterschiedliche Instanzen vermittelt oder im Geheimen verbreitet. Unter dem Eindruck der politischen Zensur und der massiv einsetzenden Ausgrenzung und Verfolgung von Jüdinnen und Juden lassen die Werke stärker als in anderen Zeiten eine (kritische) Reflexion überkommener künstlerisch-ästhetischer, kultureller und religiöser Traditionen erkennen. Für Intellektuelle, Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Musikerinnen und Musiker jüdischer Herkunft wurde das Verhältnis zu Traditionen deutscher, jüdischer und europäischer Kulturen geradezu zur „Gretchenfrage“ intellektueller und künstlerisch-ästhetischer Positionsbildungen. Die Erforschung dieser Positionsbildungen steht im Mittelpunkt der gemeinsamen Arbeit im Kolleg.

Christian Wiese, Direktor des Buber-Rosenzweig-Instituts an der Goethe-Universität, sieht in dem Promotionskolleg die Chance, laufende Forschungen zur jüdischen Geistes- und Kulturgeschichte der Zeit des Nationalsozialismus, wie sie am Institut etwa im Kontext des Akademieprojekts „Buber-Korrespondenzen Digital“, durchgeführt werden, durch die geplante interdisziplinäre Zusammenarbeit weiter zu vertiefen: „In unseren gemeinsamen Forschungskolloquien, durch ein begleitendes Vortragsprogramm und dank der Kooperation mit internationalen Instituten erhalten junge Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in den kommenden Jahren die Gelegenheit, sich mit wichtigen Forschungsfragen, z.B. der Frage nach dem geistigen Widerstand jüdischer Intellektueller gegen die nationalsozialistische Ideologie und Verfolgungspraxis, auf hohem Niveau auseinanderzusetzen.“

Den Festvortrag zur Eröffnung im Logensaal der Universität Frankfurt/Oder hielt Prof. Dan Diner von der Hebräischen Universität Jerusalem unter dem Titel „Jüdische Fragen – Weltliche Antworten. Ein Überblick“. Tehila Nini Goldstein (Sopran) und Jascha Nemtsov (Klavier und Moderation) führten das Konzert „Auf den Flügeln jüdischen Gesangs: Jüdische Musik in Zeiten von Verfolgung“ auf.

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