Ruckzuck entstehen Bilder im Kopf

Über die Faszination und Wirkung ikonischer Wörter im Deutschen

Wörter wie »ratzfatz«, »zickzack« oder »pillepalle« werden als Ideophone bezeichnet. Sie kommen vor allem in der gesprochenen Sprache vor. Ihre Rolle im Sprachsystem ist bisher kaum erforscht. Die junge Linguistin Kathryn Barnes von der Goethe-Universität will das ändern. Sie schreibt ihre Doktorarbeit über die Semantik und Pragmatik von Ideophonen.

Eigentlich ist es eher dem Zufall zu verdanken, dass die gebürtige Britin Barnes überhaupt Deutsch gelernt hat. Der von ihr bevorzugte Spanischkurs an der Highschool war bereits ausgebucht. Es blieb nichts anderes übrig, als Deutsch zu lernen. Das gefiel ihr dann so gut, dass sie sich entschloss, Germanistik und Romanistik zu studieren – damals noch ohne konkrete Berufsvorstellungen. Inzwischen ist sie sich sicher: Sie möchte in der Wissenschaft bleiben. Denn in der Sprachwissenschaft gibt es noch so viel zu erforschen. Ideophone zum Beispiel.

Klangmalerische Worte

Ideophone sind Wörter, die die Bedeutung des Gemeinten, meist Geräusche oder Bewegungen, lautmalerisch beschreiben. Ein Ideophon kann ein Verb, ein Adjektiv oder ein Adverb sein, es beschreibt Art und Weise, Farbe, Klang, Geruch, Handlung, Zustand oder Intensität. In afrikanischen Sprachen sind Ideophone besonders häufig, im Deutschen sind sie viel seltener. Aber es gibt sie: Beispiele sind »zickzack«, »holterdiepolter«, »ratzfatz«, »pillepalle« oder »plemplem«.

Auch in ihrer Muttersprache Englisch seien Ideophone eher selten, sagt Barnes. Vielleicht faszinieren sie die 28-Jährige deshalb so sehr. Sie sind nicht nur Thema ihrer Doktorarbeit, sondern auch eines Aufsatzes, der kürzlich in der Sprachzeitschrift »Glossa« erschienen ist.

Exotisches Forschungsgebiet

»Solche vermeintlichen Sonderfälle können viel darüber aussagen, wie Sprache funktioniert«, sagt Barnes. Für die als Aufsatz publizierte Studie musste Barnes wegen der Pandemie die notwendige Befragung als Online-Experiment konzipieren. Insgesamt füllten 40 deutsche Muttersprachler den Fragebogen aus, der den Gebrauch (Pragmatik) und die Bedeutung (Semantik) von 20 Ideophonen beleuchten sollte.

Exemplarisch wurde eine Szene aus dem Froschkönig verwendet, in der der Frosch plitschplatsch die Treppe zum Schloss hinaufgeht. In einem Beispiel wurde er zuvor als nass beschrieben, im anderen als von der Sonne völlig ausgetrocknet, als er die Treppe erreicht. Bei Verwendung des Ideophons plitschplatsch konnten die Probanden die Beschreibung auch dann akzeptieren, wenn die Aussage eigentlich unlogisch erscheinen musste. Anders wenn das Ideophon durch ein Adverb ersetzt wurde – hier fiel es den Probanden gleich auf, dass da etwas nicht stimmte.

Vergleich mit anderen Sprachen

Kathryn Barnes kam zu dem Schluss, dass der Wahrheitsgehalt von Ideophonen, die als Satzglieder verwendet werden, nicht im gleichen Maße infrage gestellt wird wie der Wahrheitsgehalt anderer Satzglieder. Warum aber haben Ideophone (wie auch Gesten) eine höhere Glaubwürdigkeit? Weil sie Bilder im Kopf erzeugen, also auf einer anderen Verständnisebene wahrgenommen werden?

Ob das, was am Beispiel der deutschsprachigen Ideophone gezeigt werden konnte, auch auf andere Sprachen übertragbar ist, insbesondere auf solche, in denen die Verwendung von Ideophonen weitaus verbreiteter ist als im Deutschen, will Kathryn Barnes weiter untersuchen.

Bild: Sid Balachandran/UNSPLASH

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