Gravasterne sind hypothetische Objekte, die Schwarzen Löchern ähneln, aber mathematisch weniger bizarr sind. Nach der Entdeckung der Gravitationswellen konnten Theoretiker erstmals überprüfen, ob es sie wirklich gibt. Die Modellrechnungen sprechen dagegen, wie Luciano Rezzolla von der Goethe-Universität und Cecilia Chirenti von der Universität Sao Paolo, Brasilien, in der aktuellen Ausgabe von Physical Review D berichten.
Das Modell des Gravasterns (Gravitations Vakuum Kondensat Stern) wurde 2001 von Pawel Mazur und Emil Mottola vorgeschlagen. Gravasterne sollen am Ende eines Sternenlebens entstehen und einen Kern aus exotischer Materie besitzen, ähnlich der dunklen Energie. Dieser Kern verhindert, dass der Gravastern unter dem Druck der Gravitationskraft kollabiert. Das hypothetische Objekt wäre nahezu so kompakt wie ein schwarzes Loch, besäße aber keinen Ereignishorizont wie dieses. Jenseits dieser Grenze gibt es keine Informationen und das Prinzip der Kausalität ist aufgehoben. Das hat bizarre physikalische Konsequenzen, die im Modell des Gravasterns nicht auftreten.
Unterscheiden kann man Gravasterne und Schwarze Löcher anhand der Gravitationswellen, die sie aussenden. Beide verhalten sich bei einer Störung wie eine Glocke, die einen verklingenden Ton erzeugt. Interessanterweise sind die Tonhöhe und die Abschwächung des Signals bei Gravasternen anders als bei Schwarzen Löchern. Das war schon kurze Zeit nach dem Postulat der Gravasterne bekannt.
Nach dem ersten direkten Nachweis von Gravitationswellen, der im Februar dieses Jahres von der LIGO Kollaboration bekanntgegeben wurde und in der ganzen Welt durch die Nachrichten ging, beschlossen Luciano Rezzolla von Goethe Universität und Cecilia Chirenti von der Universität in Sao Paolo, Brasilien, herauszufinden, ob es sich bei dem beobachteten Signal um einen Gravastern gehandelt haben könnte.
Für das stärkste der bisher gemessenen Signale (GW150914), zeigte das LIGO Team, dass es durch die Kollision zweier Schwarzer Löcher entstanden ist, die zu einem größeren Schwarzen Loch verschmolzen sind. Der letzte Teil des Signals, die Abklingphase, ist der Fingerabdruck, mit dem man es identifizieren kann. „Die Frequenzen in der Abklingphase dienen als Signatur für die Quelle der Gravitationswellen, so wie unterschiedliche Glocken unterschiedlich klingen“, erklärt Professor Chirenti.
Chirenti und Rezzolla modellierten nun, wie sich ein Gravastern anhören würde, der die gleichen Eigenschaften hätte wie ein vergleichbares Schwarzes Loch und kamen zu dem Ergebnis, dass die Frequenzen der Abklingphase von GW150914 nur schwer mit denen eines Gravasterns in Einklang zu bringen sind. Somit kann es sich bei GW150914 nicht um die Verschmelzung zweier Gravasterne handeln, wie die Forscher kürzlich in der Fachzeitschrift Physical Review D berichteten. Daher ist die Fusion von zwei schwarzen Löchern die überzeugendste Erklärung der Beobachtungen. „Als theoretischer Physiker muss man immer offen für neue Ideen sein, egal wie exotisch sie auch sein mögen. Fortschritte gibt es in der Physik immer dann, wenn Theorien mit neuen experimentellen Ergebnissen konfrontiert werden. In diesem Fall passt die Idee der Gravasternverschmelzung einfach nicht zu den Beobachtungen“, sagt Professor Rezzolla.
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Publikation: Cecilia Chirenti, Luciano Rezzolla: „Did GW150914 produce a rotating gravastar?“, in Physical Review D 94, 084016 (2016). https://doi.org/10.1103/PhysRevD.94.084016.
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