Im Zeitalter der Globalisierung und des Klimawandels fällt der Biologie mittlerweile eine gesellschaftliche Schlüsselrolle zu. Im Fachbereich Biowissenschaften findet Forschung zur Entstehung und zur Bewahrung des Lebens statt. Ein Kurzprofil.
Im Zeitalter der Globalisierung und des Klimawandels fällt der Biologie mittlerweile eine gesellschaftliche Schlüsselrolle zu. Sie begründet sich darauf, dass kontinuierlich über wissenschaftliche Erfolge berichtet wird, die massiven Einfluss auf unser Leben genommen haben, bereits nehmen oder in naher Zukunft nehmen werden, wie zum Beispiel die Editierung des Genoms, Embryologie, genetisch modifizierte Lebensmittel und Paläogenetik.
»Die Biowissenschaften erweitern ihr Forschungsspektrum derzeit zielgerichtet und dringen methodisch tief in viele andere Fachrichtungen vor. Sie liefern Lösungsansätze etwa bei der Bekämpfung von Krankheiten, der Sicherung der Welternährung, und der Wahrung einer lebenswerten Umwelt«, resümiert Sven Klimpel, Dekan und Professor für Integrative Parasitologie und Tierphysiologie. Thematisch und methodisch kooperiert der Fachbereich Biowissenschaften mit angrenzenden Fachbereichen, wie Biochemie, Chemie und Pharmazie, den Geowissenschaften, Informatik und Mathematik, der Physik sowie der Medizin.
Weiterhin stehen Mitglieder des Fachbereichs Biowissenschaften in engem Austausch mit Forschern der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (SGN), des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung, dem Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS), dem Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE), dem Frankfurter Zoo, dem Opel-Zoo und dem Palmengarten.
Von Mikro bis Makro
Um die Funktionen aller Lebensbereiche vom Kleinen bis zum Großen zu verstehen, erforschen Biologen molekulare Strukturen und Mechanismen in Mikroorganismen, Pilzen, Pflanzen und Tieren. Sie betrachten dabei unter anderem intrazelluläre Prozesse, Symbiosen und Gemeinschaften. Schließlich analysieren und modellieren sie Biosysteme unter dem Aspekt von Globalisierung und Klimawandel.
Die Basis für die nachhaltige Nutzung biologischer Ressourcen ist das fundierte Wissen über Organismen und Ökosysteme. Um derartige Grundlagenforschung leisten zu können, ist der Fachbereich hochmodern ausgestattet. Am Fachbereich 15 wird im Rahmen von 38 Professuren geforscht und gelehrt. Forschungsbereiche sind »Ökologie, Evolution und Diversität«, »Zellbiologie und Neurowissenschaften « sowie »Molekulare Biowissenschaften «.
Über 290 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen in der Lehre, der Wissenschaft, dem technischen Betrieb und der Verwaltung. Die Lehre im Bachelor-Studiengang Biowissenschaften und den Master- Studiengängen Physical Biology of Cells and Cell Interactions, Molekulare Biotechnologie, Molekulare Biowissenschaften, Ökologie und Evolution sowie in Kooperation mit anderen Fachbereichen die Studiengänge Interdisciplinary Neuroscience, Umweltwissenschaften und Bioinformatik verbindet die Vermittlung fundierter Kenntnisse der Grundlagen der Biologie mit aktuellen Methoden und Forschungsergebnissen.
Genome erzählen die Geschichte der Evolution
Im Forschungsbereich Ökologie, Evolution und Diversität analysieren die Wissenschaft- Forschung zur Bewahrung des Lebens Der Fachbereich Biowissenschaften (FB 15) im Kurzprofil ler die Prozesse und Ursachen der Entstehung biologischer Vielfalt, Gefährdungen und Faktoren, die für den Erhalt der biologischen Diversität relevant sind: Welche Verwandtschaftsbeziehungen bestehen zwischen verschiedenen Organismen?
Durch welche genetischen und funktionellen Mechanismen passen sich Individuen und Populationen an ihre jeweilige Umwelt an? Wie reagieren Organismen und Ökosysteme auf natürliche oder durch den Menschen verursachte Störungen? Welche Strategien helfen beim Überleben von Arten? Um diese Themenbereiche zu bearbeiten, werden in der Evolutionsbiologie, Physiologie und Populationsgenomik die Anpassungen an Umweltbedingungen und genetische Signaturen analysiert.
Hier, wie auch in der Biodiversitätsforschung, spielen die Rekonstruktion von Aufspaltungen und Abgrenzungen von Arten mit molekularen Methoden und anhand struktureller Merkmale eine entscheidende Rolle. »Für diese interdisziplinäre Forschung steht auch das Verbundprojekt TBG (LOEWE-Zentrum – Translationale Biodiversitätsgenomik), in dem die Wissenschaftler die genomische Vielfalt von Tieren und Pflanzen untersuchen«, sagt Meike Piepenbring, Prodekanin und Professorin für Mykologie.
Zudem erfassen die Kollegen in der Tier-, Pflanzen- und Pilzforschung weltweit Biodiversitätsmuster und ihre zeitlichen Änderungen in europäischen Wäldern, in Trockengebieten Afrikas und in tropischen Ökosystemen. Mit vielfältigen Methoden untersuchen sie Reaktionen von Pflanzen und Tieren auf Umweltveränderungen und Stress, verursacht beispielsweise durch Umweltchemikalien, und schließlich erforschen sie die komplexe Funktionalität aquatischer Ökosysteme.
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Die drei Institute und die Abteilung Didaktik des Fachbereiches Biowissenschaften:
- Institut für Ökologie, Evolution und Diversität
- Institut für Zellbiologie und Neurowissenschaft
- Institut für Molekulare Biowissenschaften
- Abteilung Fachdidaktik der Biowissenschaften
Mitarbeiter/innen:
- 38 Professor/innen
- 176 wissenschaftliche Mitarbeiter/innen (Landestellen und Drittmittel)
- 116 technisch-administrative Angestellte
- 7 Azubis
- Studierendenzahlen: 1396 Fälle, 1722 Köpfe
- Drittmittel im Jahr 2016: 11,3 Mio. Euro
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Von Molekülen zum Gehirn
Das Spektrum im Forschungsbereich Zellbiologie und Neurowissenschaften reicht von zellulären Grundlagen der Genetik über molekulare neuronale Mechanismen, strukturelle Zellbiologie, Physiologie und Pharmakologie bis hin zur Verhaltensbiologie. Im Blickpunkt stehen unter anderem Prozesse der Zellkommunikation und ihrer Störung, wie sie beispielsweise bei Tumoren auftreten, und die Neubildung von Synapsen sowie die Rolle extrazellulärer Nucleotide für die neuronale Informationsverarbeitung.
»Ein besonderer Schwerpunkt sind dreidimensionale multizelluläre Verbände, die als Sphäroide und Organoide bekannt sind und aus physiologischer Sicht Gewebe eher ähneln als flache traditionelle Zellkulturen«, wie der Studiendekan und Professor für Physikalische Biologie, Ernst Stelzer, erklärt. Lernprozesse und deren pharmakologische Grundlagen werden unter anderem an Insektenmodellen erforscht.
Dazu zählen auch Untersuchungen zur Umwandlung sensorischer Reize in neuronale Potenzialänderungen. An Säugern werden bioakustische, neurophysiologische und kognitive Mechanismen der Sinnesverarbeitung analysiert. Auch der Schwerpunkt Bioinformatik gehört zum Forschungsbereich. Die Forscher setzen sich insbesondere mit der bioinformatischen Analyse biologischer Sequenzdaten vor einem evolutionären, funktionellen Hintergrund auseinander.
Organisatorisch sind die Kolleginnen und Kollegen der Abteilung Didaktik der Biowissenschaften dem Forschungsbereich zugeordnet – sie beschäftigen sich unter anderem mit der Entwicklung und Evaluation grundlegender Unterrichtskonzepte. Der Fokus zielt dabei insbesondere auf Experimentalunterricht, außerschulische Lehr-/Lernangebote und Multi-Media-Learning. Am Schülerlabor Goethe-BioLab können entsprechende Konzepte erforscht und entwickelt werden.
Ohne Mikroorganismen gäbe es kaum Antibiotika
Membranbiologische Fragestellungen sind ein wesentlicher Forschungsaspekt des Forschungsbereiches Molekulare Biowissenschaften. Die Analyse der Struktur und Funktion membranständiger Proteine, ihrer Regulation und Anbindung an intrazelluläre Signalkaskaden stehen im Zentrum der Arbeiten. »Biotechnologisch wird an der Entwicklung mikrobieller Zellfabriken durch klassische oder rekombinante Verfahren zur Überproduktion von Chemikalien und Enzymen gearbeitet.
Hinzu kommt beispielsweise die Identifizierung und Charakterisierung neuer Metabolite im Sekundärstoffwechsel insektenpathogener Mikroben und deren Anwendung «, sagt Helge Bode, Prodekan und Professor für Molekulare Biotechnologie. In der mikrobiellen Physiologie werden stoffwechselphysiologische Prozesse, ihre Regulation und die genetischen Grundlagen in Archäen, Bakterien und Eukaryoten erforscht.
Schwerpunkte der Forschungsrichtung molekulare Pflanzenphysiologie sind der Energiestoffwechsel in photosynthetischen Organismen und die diesem Stoffwechsel zugrunde liegende Interaktionen der Organellen. Im Bereich degenerative Prozesse und molekularer Stress werden insbesondere Untersuchungen der molekularen Mechanismen des Alterns und der Rolle der Mitochondrien in diesem Prozess bearbeitet.
Ribonukleinsäuren (RNAs) sind von entscheidender Bedeutung für das Funktionieren der Zellen. Im Rahmen ihrer Erforschung geht es um die zelluläre Regulation der RNAs, die strukturelle und funktionale Analyse von regulatorischen nicht-kodierenden RNAs, Interaktionen mit Proteinen und biologische Funktion. Dabei wird ein breites Spektrum von Methoden genutzt, von der Lebendbeobachtung einzelner Moleküle über die Untersuchung von Molekülkomplexen bis hin zur Analyse von Genen mit Hilfe der Bioinformatik.
In der Infektionsmedizin/-biologie werden die Rolle von Mikroorganismen in der Wechselwirkung mit höheren Zellorganismen und der Umwelt untersucht. Grundsatzfragen sind hier: Auf welche Art infizieren Mikroorganismen ihre Wirte oder besiedeln Grenzflächen? Wie beeinflusst das Mikrobiom, also die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die jeweiligen Organismen?
Wie kommunizieren die Erreger miteinander und mit ihren Wirten? »Die fortschreitende Globalisierung, Klimawandel, Bevölkerungswachstum und Biodiversitätsverlust, die das Auftreten neuer Epidemien und Infektionskrankheiten auch in unseren Breiten begünstigen, lassen sich nicht aufhalten«, sagt Dekan Klimpel, der damit auf einen neuen Forschungsschwerpunkt zusammen mit dem Fachbereich Medizin hinweist.
Die Kollegen identifizieren neue und zunehmend bedeutende Krankheitsverursacher, deren Überträger und Wirte. Dabei reicht das Interesse von der Aufklärung der heutigen Verbreitung bis zur evolutionären Entwicklung ihrer Ausbreitungsfähigkeit und Klimatoleranz. Die am Fachbereich durchgeführte Grundlagenforschung bildet eine essentielle Basis für Erkenntnisgewinn und Fortschritt und ist somit Ausgangspunkt für technische Innovationen und für eine auf Nachhaltigkeit zielende Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft.
Autorin: Andrea Gerber
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 1.18 der Mitarbeiterzeitung GoetheSpektrum erschienen.