Gewitter zuverlässiger vorhersagen

Ein schöner Sommertag am See endet mit dunklen Wolken – kommt ein Gewitter oder nicht? Meteorologen der Goethe-Universität wollen lokale Wetterphänomene besser verstehen (Foto: Linda Schlemmer, DWD, am Scharmützelsee in unmittelbarer Nähe des Grenzschichtmessfelds Falkenberg westlich von Eisenhüttenstatt).

Die Vorhersage lokaler Wetterphänomenen wie Sommergewitter ist für Meteorologen eine Herausforderung. Denn die Gewitter entstehen in der sommerlichen Grenzschicht, wo am unteren Rand der Atmosphäre Thermikblasen ausgelöst werden und aufsteigen, und zu Wolkenbildung führen können. Über die genauen Vorgänge dabei ist noch wenig bekannt. Um diese sommerliche Grenzschicht besser modellieren zu können, brauchen Forscher exakte Daten. Da die geplante Messkampagne wegen der Corona-Pandemie verschoben wurde, mussten sie erfinderisch sein.

Am Morgen ist das Wetter noch warm und schön. Mittags türmen sich plötzlich dunkle Wolken auf. Dann sinkt die Lufttemperatur plötzlich ab und starke Windböen kündigen ein Unwetter an. Oft ist der Spuk schon nach wenigen Minuten wieder vorbei, aber die Feuerwehr ist noch Stunden damit beschäftigt, Oberleitungen und Gleise zu befreien und überschwemmte Keller leer zu pumpen.

Prof. Juerg Schmidli vom Institut für Atmosphäre und Umweltforschung beschreibt das Problem der Vorhersage dieser lokalen Unwetter: „Das herkömmliche Bodenmessnetz, bei dem alle 25 Kilometer eine Messstation steht, ist nicht gut geeignet, um die Struktur und Entwicklung solcher räumlich begrenzten Wetterphänomene vorherzusagen.“ Deshalb sollte die internationale Messkampagne FESSTVaL (Field Experiment on submesoscale spatio-temporal variability in Lindenberg) in diesem Sommer Wetterdaten engmaschiger erfassen. Aufgrund der Reisebeschränkungen durch die Corona-Pandemie musste die Messkampagne auf den Sommer 2021 verschoben werden. Nun arbeiten die Frankfurter Atmosphärenforscher im Homeoffice schon einmal mit Wetterdaten, die im Sommer in Brandenburg und Hamburg aufgenommen wurden.

Mitarbeiter des Deutschen Wetterdienstes und der Universität zu Köln an einem Messturm auf dem Grenzschichtmessfeld Falkenberg westlich von Eisenhüttenstatt. Die dort gewonnen Daten werten die Forscherinnen und Forscher um Prof. Juerg Schmidli im Home Office aus (Foto: Linda Schlemmer, DWD)

Schmidli und seine Gruppe benötigen zur Verbesserung ihrer Modellrechnungen vor allem exakte, räumlich hoch aufgelöste Messungen der Windgeschwindigkeit und von Turbulenz. Ihnen geht es nicht nur um Gewitter, sondern um den „Tagesgang“ der sommerlichen Grenzschicht, in der sie entstehen. Diese bildet den untersten Teil der Atmosphäre und hat eine Mächtigkeit von ein bis zwei Kilometern. Juerg Schmidli erklärt das an einem Beispiel: „In den vergangenen zwei Wochen konnten wir oft beobachten, dass der Himmel am Morgen klar ist. Dann entstehen Kumuluswolken, die mit der Zeit mächtiger werden, und nachmittags entlädt sich eventuell ein Gewitter. Uns interessiert der gesamte Verlauf, auch der Zustand nach einem Gewitter“.

Die wechselhaften Phänomene beruhen auf Turbulenzen und kleinskaligen Strukturen. Um die Modelle testen und verbessern zu können, sollte die Kampagne Wetterdaten in Abständen zwischen zehn Metern und einigen Kilometern aufnehmen. Insbesondere wollten die Forscher die Messdaten von bodengestützten Fernerkundungsinstrumenten und einem Messnetz von 150 Wetterstationen kombinieren. Die Fernerkundungsinstrumente liefern Informationen über die Windverhältnisse oberhalb eines Messpunktes bis in ungefähr zwei Kilometer Höhe, die Wetterstationen erfassen dagegen Wetterdaten an einem bestimmten Punkt.

Für die Messungen im Juni und Juli verantwortlich waren der Deutsche Wetterdienst, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) – Campus Alpin in Garmisch-Partenkirchen und das Institut für Physik der Atmosphäre des DLR in Oberpfaffenhofen mit ihren Messinstrumenten im brandenburgischen Lindenberg. Das Max-Planck-Institut für Meteorologie hat zusammen mit der Universität Hamburg aufgrund der Corona Pandemie ihr Bodenmessnetzwerk rund um Hamburg aufgebaut, anstelle – wie ursprünglich geplant – rund um das Messfeld in Lindenberg.

„Unser FESST@HOME-Team am Institut für Atmosphäre und Umwelt hat die Daten über das Internet erhalten und im Homeoffice analysiert. Zudem war ein Team der Uni Tübingen in Lindenberg. Es ergänzte das Messnetz mit unbemannten Flügen“, berichtet Schmidli. So kann er mit seiner Gruppe die Zeit bis zur verschobenen Messkampagne gut für die Weiterentwicklung der Modelle nutzten. Vielleicht kann sich dann im Sommer 2022 die Feuerwehr schon einen Tag im Voraus auf größere Einsätze vorbereiten. Und wir können unser Picknick besser planen.

Weitere Informationen: http://www.fesstval.de/

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