Goethe fragt, unsere Wissenschaftler*innen antworten. Zum Beispiel, warum sie Wissenschaftlerin bzw. Wissenschaftler geworden sind. Und was sie unbedingt noch herausfinden wollen. In der Reihe „Goethe fragt“ stellen wir fortlaufend kluge Köpfe der Goethe-Universität vor. Uns interessiert, woran sie forschen – und wer die Menschen hinter der Forschung sind.
Name: Ivan Đikić
Profession: Molekularbiologe und Biochemiker
Arbeitsplatz: Institut für Biochemie II und Buchmann-Institut für Molekulare Lebenswissenschaften
Warum sind Sie Wissenschaftler geworden?
Ich war ein neugieriges Kind und wuchs in einem Umfeld auf, das mich in meinem Wunsch unterstützte, Medizin zu studieren. Ich habe mich dann besonders für die Biomedizin begeistert. Ich mag es, Wissenschaftler zu sein: Man kann kreativ sein, seine Talente ausleben und zugleich etwas für die Gesellschaft tun – all dies habe ich im Laufe meiner Karriere immer mehr zu schätzen gelernt.
Woran arbeiten Sie gerade?
Meine Arbeitsgruppe erforscht Mechanismen, die mit der Entstehung menschlicher Krankheiten verbunden sind, darunter bakterielle und virale Infektionen oder auch Tumore. Diese Krankheiten verändern sich zum Teil sehr schnell, und es gibt kaum wirksame Medikamente. Ich konzentriere mich besonders darauf, die Gemeinsamkeiten zu finden, die diese Krankheiten miteinander haben. Denn ich bin davon überzeugt, dass deren Entdeckung uns dabei helfen wird, bessere Therapeutika zu entwickeln. Unsere Arbeit ist multidisziplinär ausgerichtet, intensive Kollaborationen mit Kolleginnen und Kollegen in den Grundlagenfächern und der klinischen Forschung unter Nutzung modernster Technologien sind unerlässlich.
Was wollen Sie unbedingt noch herausfinden?
Ich würde mir wünschen, dass unsere wissenschaftlichen Ergebnisse die Ausgangsbasis dafür sind, dass wir Infektionskrankheiten und Krebs künftig effizienter behandeln können.
Wie sieht Ihr idealer Arbeitstag aus?
Es gibt für mich keinen idealen Arbeitstag, da meine Tage sehr unterschiedlich sind – gefüllt mit vielen Diskussionen, der Betreuung von Doktorand:innen und Postdocs, der Auswertung neuer Daten, Vorträgen, der Beantragung von Forschungsmitteln. Ich treffe interessante Menschen, reise viel, das ist sehr abwechslungsreich. Spannend ist mein wissenschaftliches Leben auch dann, wenn es in Momenten der Entspannung – beim morgendlichen Lauf oder beim Plaudern mit Kolleginnen und Kollegen in einer Bar (wie neulich in Cambridge) – gelingt, neue Ideen zu entwickeln und neue Hypothesen zu entwerfen.
Worauf könnten Sie im Arbeitsalltag gut verzichten?
Ich muss gestehen, dass ich administrative Meetings am wenigsten attraktiv finde. 🙂
An meinem Job mag ich…
…die Freiheit und die Kreativität, die Zusammenarbeit mit talentierten Menschen und die Möglichkeit, Grenzen zu verschieben.
Wie motivieren Sie Ihre Arbeitsgruppe?
Indem ich ein hohes Maß an Energie aufrechterhalte, ständig neue Ideen einbringe und gleichzeitig allen viel Freiheit lasse. Sie mögen diesen Stil; er hat sich bewährt.
Die Goethe-Uni ist für mich…
…ein großartiger Ort, um mit exzellenten Kolleginnen und Kollegen in einem multidisziplinären Umfeld Wissenschaft zu betreiben. Ich schätze die Möglichkeit, zwei Labore zu haben, sehr: Eines an meinem Institut auf dem medizinischen Campus in Niederrad, und ein weiteres am Buchmann-Institut auf dem naturwissenschaftlichen Campus Riedberg. Außerdem bin ich Fellow am Max-Planck-Institut für Biophysik auf dem Riedberg, was mir zusätzliche Möglichkeiten bietet, hochentwickelte rechnerische und strukturelle Ansätze zu nutzen. Es ist nicht immer einfach, die beiden entfernt liegenden Labore zu koordinieren, aber die Mühe lohnt sich, denn meine wichtigsten Entdeckungen hängen von der Integration verschiedener Technologien an diesen beiden Standorten ab.
Was sollte die Gesellschaft über Ihre Forschung wissen? Was ist ein häufiges Missverständnis?
Sie sollte wissen, dass wir sehr hart und oftmals auch sehr lange an Verbesserungen für die menschliche Gesundheit arbeiten. Die Gesellschaft meint, die Wissenschaft könnte sehr schnell Antworten liefern. Das ist leider ein Irrglaube. Es hat während der Corona-Pandemie zu vielen Problemen in der öffentlichen Wahrnehmung von Forschung geführt, weil die Empfehlungen immer wieder dem Forschungsstand angepasst werden mussten.
Mit welcher berühmten Persönlichkeit würden Sie gerne mal einen Tag tauschen?
Da fällt mir spontan niemand ein. Allerdings würde ich gerne mal ein paar Tage im Space Shuttle in Richtung Mars fliegen.
Wie bekommen Sie den Kopf von der Forschung frei?
Ich denke zwar viel über Forschung nach, kann aber auch leicht zu anderen Themen wechseln. Wenn man drei Kinder großzieht, lernt man sehr schnell, zwischen den Lebensbereichen hin- und herzuswitchen. Außerdem habe ich viele Freunde und kommuniziere mit Menschen außerhalb der Wissenschaft. Auch Hobbys wie Sport, Musik oder Reisen lassen mich in ganz andere, entspannende oder aktive Welten eintauchen.
Prof. Dr. Ivan Đikić gehört der Clusterinitiative EMTHERA an. Der Forschungsverbund untersucht Prozesse, die systemischen Erkrankungen an der Schnittstelle von Infektion, Entzündung und Immunität zugrunde liegen.
Mehr Infos zu Prof. Đikićs Forschungsthemen finden Sie hier.