LOEWE-Schwerpunkt Prähistorische Konfliktforschung: Beeindruckende Zeugnisse des Krieges

Darstellung von Kriegern mit Lanzen und Schwertern, die am Gürtel getragen werden – zu sehen auf Felsbildern der Nordischen Bronzezeit aus Tanum in Westschweden. (Foto: Krause)

Schon vor mehr als 3000 Jahren gab es Krieg: Der nun abgeschlossene LOEWE-Schwerpunkt „Prähistorische Konfliktforschung“ von Goethe-Universität und Deutschem Archäologischem Institut hat gezeigt, dass die Gewaltmittel der Bronzezeit und die trutzig befestigten Burgen, durchaus nicht nur als Symbole zu sehen sind.

Im Zuge des LOEWE-Schwerpunkts gruben Frankfurter Archäologen am Bleibeskopf im Taunus. (Foto: Krause)

Von 2016 bis 2019 wurde im Rahmen der Landesoffensive zur Entwicklung wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE) von Goethe-Universität und Römisch-Germanischer Kommission in Frankfurt im Schwerpunkt „Prähistorische Konfliktforschung“ nach frühen Formen kriegerischer Konflikte geforscht. Im Fokus standen Burgen zwischen Taunus und Karpaten, die während der Bronzezeit des 2. Jahrtausends vor Christus entstanden sind. Im LOEWE-Schwerpunkt arbeitete ein interdisziplinäres Team aus Archäologen und Archäologinnen, Archäobotanikern und Archäobotanikerinnen, Mittelalterhistorikern und Soziologen. Antragsteller und Koordinatoren waren Prof. Svend Hansen vom Deutschen Archäologischen Institut in Berlin und Prof. Rüdiger Krause von der Goethe-Universität.

Dass es auch schon in der Bronze- und der frühen Eisenzeit Gewalt und Krieg gegeben hat, ist seit langem bekannt. Dies wurde jedoch überlagert vom philosophisch-ethnologischen Narrativ des „friedlichen Wilden“ bzw. dem Konstrukt der „friedlichen Koexistenz“. Nicht zuletzt angesichts weltweiter Kriege hat Konfliktforschung mittlerweile jedoch einen hohen Stellenwert erlangt. Hat es Krieg immer schon gegeben? Gehört er zur „Grundausstattung“ des Menschen? Oder ist er ein historisches Phänomen und daher vermeidbar? In den Sozial- und Politikwissenschaften hat sich ein breites Spektrum an Initiativen, Institutionen und Forschungsverbünden herausgebildet, das sich der Erforschung vor allem bewaffneter Konflikte widmet. In den Altertumswissenschaften und insbesondere in der Prähistorischen Archäologie jedoch sind Untersuchungen zu gewaltförmigen Konflikten bzw. Kriegen noch ein vergleichsweise neues Forschungsfeld.

Der innovative Ansatz des Frankfurter LOEWE-Schwerpunkts bestand nun darin, insbesondere die Rolle neuartiger Waffen und bronzezeitlicher Burgen zu untersuchen und auch mit frühmittelalterlichen Befestigungen zu vergleichen. Durch Ausgrabungen und verschiedene Prospektionsmethoden sollte die nachhaltige Verbesserung des Forschungsstands zu den bronzezeitlichen Burgen in Mitteleuropa angestoßen werden. Auf vier internationalen Tagungen wurde hierfür ein europäisches Netzwerk von Archäologinnen und Archäologen aufgebaut, die gemeinsam an der Erforschung der Burgen und an Schutzkonzepten für diese herausragenden archäologischen Denkmäler arbeiten. „Erforschung und Schutz sollten sinnvollerweise zukünftig in europäischem Maßstab erfolgen“, ist der Frankfurter Archäologe Rüdiger Krause überzeugt.

Diese Karte zeigt mehr als 1000 bronzezeitliche Befestigungen zwischen der deutschen Mittelgebirgszone und dem Karpatenbogen, generiert aus der LOEWE-Datenbank. (Bild: Becker)

Befestigungsanlagen dienten durchaus auch der symbolischen Darstellung von Macht und Ideologie der Herrschenden und der Markierung von Grenzen zwischen dem Innen und Außen, dem „Wir“ und dem „Anderen“. Durch die Forschungen des LOEWE-Schwerpunkts konnten jedoch bemerkenswert viele kriegerische Auseinandersetzungen und Konfliktereignisse belegt werden. So haben geomagnetische Prospektion und Ausgrabungen in der Burganlage von Teleac in Siebenbürgen die Zerstörung der Befestigungsmauer um etwa 920 v. Chr. nachweisbar bezeugt. „Mit einer umschlossenen Fläche von 30 Hektar kontrollierte diese Burg im 10. Jh. v. Chr. den wichtigsten Ost-West-Verkehrsweg im Karpatenbecken“, erläutert Svend Hansen.

Die Ausgrabungen des LOEWE-Schwerpunkts haben in nur wenigen Kampagnen beeindruckende Zeugnisse für kriegerische Ereignisse an Burgen sichtbar gemacht: die vielen Pfeilspitzen aus Bronze auf dem Sängersberg bei Fulda oder zahlreiche Schleudergeschosse und verbrannte Mauern in Sântana im rumänischen Banat. „Heute können wir sagen, dass auch in der Bronzezeit vor mehr als 3000 Jahren die Gewaltmittel des Kriegs, die Schwerter und Lanzen und die Infrastrukturen des Konflikts, die durch Mauern und Fortifikationen befestigten Burgen, nicht mehr länger als symbolische Äußerungen zu verstehen, sondern in das historische Realgeschehen der Geschichte von Konflikten zu integrieren sind“, so Rüdiger Krause.

Im Rahmen des Schwerpunkts fanden vier erfolgreiche internationale Jahrestagungen statt, 2016 in Frankfurt, 2017 in Alba Iulia (Siebenbürgen), 2018 in Fulda und die Abschlusstagung 2019 wieder in Frankfurt. Drei Tagungsbände sind bereits daraus hervorgegangen, die gedruckt und zum Open Acess auf der Homepage der Universitätsbibliothek vorliegen. Der vierte Tagungsband ist in Vorbereitung.

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