An der Goethe-Universität wird ein neues Institut gegründet: Das Buber-Rosenzweig-Institut soll sich der Erforschung des Judentums in Moderne und Gegenwart widmen. Es fasst zahlreiche und im großen Maße drittmittelgeförderte Projekte zusammen und trägt weiter zur Verstetigung des Forschungsbereichs an der Goethe-Universität bei. Angefangen hatte alles mit einer Stiftungsgastprofessur für jüdische Religionsphilosophie, die Martin Buber gewidmet war. Er wurde heute vor 143 Jahren geboren.
Das Profil zu schärften und Forschungsenergien zu bündeln – dafür soll das neue Buber-Rosenzweig-Institut den notwendigen Rahmen bieten. Dazu sind weder Mittel des Landes noch Mittel von Fachbereich oder Universität notwendig: Durch die erfolgreiche Drittmitteleinwerbung gerade auch in jüngster Zeit steht die Gründung auf solidem finanziellen Fundament. „Das Präsidium hat der Institutsgründung unisono zugestimmt. Wir freuen uns sehr über die Initiative von Christian Wiese. Das neue Institut birgt ein hohes Potenzial, die Kooperationen mit anderen Institutionen, vor allem auch im internationale Raum, weiter auszubauen und künftig weitere wichtige Projekte anzustoßen“, sagt Prof. Enrico Schleiff, der Präsident der Goethe-Universität.
Der Ursprung der heutigen Institutsgründung war bescheiden, aber fruchtbar: 1989 hat die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau die Martin-Buber-Professur als Gastprofessur am Fachbereich Evangelische Theologie ins Leben gerufen. Sie sollte Studierenden aller Fachbereiche, insbesondere aus Theologie und Philosophie, aber auch der interessierten Öffentlichkeit Einblick in Geschichte und Gegenwart des Judentums und in die jüdische Religionsphilosophie vermitteln. Im Jahr 2005 übernahm das Land Hessen die Finanzierung dauerhaft, 2010 wurde die ehemalige Stiftungsgastprofessur in eine dauerhafte Professur umgewandelt. Seither lehrt Prof. Christian Wiese über Fachbereichsgrenzen hinweg in den theologischen und religionswissenschaftlichen Fächern, aber auch in der Geschichtswissenschaft und Philosophie. Wiese hat die Professur systematisch zu einer international sichtbaren, drittmittelstarken und kooperierenden Forschungsstätte ausgebaut. Christian Wiese ist Sprecher des LOEWE-Forschungsschwerpunkts „Religiöse Positionierung“ und Hauptantragsteller beim Graduiertenkolleg „Theologie als Wissenschaft“, zudem internationaler Präsident der Hermann-Cohen-Gesellschaft und Vizepräsident der Internationalen Franz Rosenzweig-Gesellschaft. Der jüngste Erfolg war die Einwerbung eines über 24 Jahre laufenden Akademieprojekts „Buber-Korrespondenzen Digital“.
„Mit ihren zahlreichen Drittmittelprojekten, dem Fokus auf der Nachwuchsförderung und der internationalen Vernetzung ist die Martin-Buber-Professur bereits jetzt eine feste Größe unter den Forschungsinstitutionen zur modernen jüdischen Geschichte und Kultur. Der Status als Forschungsinstitut eröffnet uns die Chance, noch besser wahrgenommen, fokussierter handeln und junge internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anziehen zu können“, sagt Prof. Wiese. Gerade der Umstand, dass man sich auf einen bestimmten Abschnitt jüdischer Geistes- und Kulturgeschichte beschränke, biete ein großes Potenzial: Unter dem Dach eines auf diese Weise profilierten Instituts könnten in Zukunft weitere Projekte entstehen. Im Entstehen begriffen sei das Projekt „Synagogengedenkbuch Hessen“ mit sieben bis acht Mitarbeiterstellen, weitere Forschungsinitiativen seien geplant. Als Institut könne man zudem im Wettstreit mit anderen Einrichtungen besser bestehen. Große Chancen biete auch die Kooperation mit dem Seminar für Judaistik und dem Fritz Bauer Institut für Geschichte und Wirkung des Holocaust innerhalb der Goethe-Universität.
Der Institutsname verweist auf die beiden jüdischen Philosophen Martin Buber (1878-1965) und Franz Rosenzweig (1886-1929), die für die Geschichte der Goethe-Universität von großer Bedeutung sind. Martin Buber, der heute vor 143 Jahren zur Welt kam, erhielt 1924 einen Lehrauftrag für jüdische Religion und Ethik, der zunächst Franz Rosenzweig zugedacht war, später wurde Buber Honorarprofessor. Buber und Rosenzweig bauten gemeinsam das Freie Jüdische Lehrhaus in Frankfurt auf, eine jüdische Bildungsstätte für Erwachsene. Gemeinsam unternahmen die beiden Religionsphilosophen eine Übersetzung der Hebräischen Bibel ins Deutsche, die Martin Buber nach dem frühen Tod Rosenzweigs 1929 fortführte und 1961 in Jerusalem vollendete. Das Lehrhaus wurde spätestens seit 1933, dem Jahr der „Machtübernahme“ und dem Rückzug Bubers aus der Universität, Teil des jüdischen Widerstandes gegen die nationalsozialistische Verfolgung.
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