Bewegendes Staatsgeschenk von Bundespräsident Steinmeier an den israelischen Staatspräsidenten Reuven Rivlin

Dem israelischen Staatspräsidenten Reuven Rivlin wurde von Bundespräsident Steinmeier ein ganz besonderes Dokument überreicht: das Studienzeugnis seines Vaters Yoel Yosef Rivlin, der 1927 an der Universität Frankfurt seine Promotion abschloss.

Staatsgeschenke sind wichtige Mittel der Diplomatie, sie sagen viel darüber aus, wie sehr der Gebende seinen Gastgeber schätzt. Die meisten Staatsgeschenke enden nach der Übergabe in der Asservatenkammer, im „Haus der Geschichte“ oder werden irgendwann im Internet versteigert. Selten schmücken sie auf Dauer die Amtsstube oder privaten Räume des Beschenkten.

Das Universitätsarchiv Frankfurt sorgte für ein Staatsgeschenk, das den Empfänger tief bewegte und das ganz sicher nicht irgendwohin weggeräumt werden wird, nämlich das Studienzeugnis von Yoel Yosef Rivlin, ausgestellt am 12. Juli 1926 (Bild rechts). Überreicht hat das Dokument der deutsche Bundespräsident während seines dritten Staatsbesuchs in Israel seinem Amtskollegen Reuven Rivlin, dem Sohn von Yoel Yosef Rivlin. Frank-Walter Steinmeier sprach danach vom „vielleicht emotional bewegendsten Moment meiner Amtszeit“. Präsident Rivlin postete auf seiner offiziellen Instagramseite vier Bilder von der Übergabe und kommentierte: „Bei einem Staatsessen, das wir heute Abend zu Ehren des deutschen Präsidenten veranstaltet haben, erhielt ich eine Urkunde meines Vaters Prof. Yoel Yosef Rivlin von der Universität Frankfurt. Vielen Dank, mein Freund Präsident Steinmeier, für diese bewegende Geste.“

Foto: Nina Ludwig

Der Vater von Reuven Rivlin, Yoel Yosef Rivlin, war am 11. Oktober 1889 in Jerusalem auf die Welt gekommen. Nach Besuch einer Volksschule und des Seminars des „Hilfsvereins der deutschen Juden zu Jerusalem“ war er als Lehrer und Schulleiter tätig gewesen. Den Ersten Weltkrieg hatte er auf türkischer Seite mitgemacht. Im November 1922 immatrikulierte Rivlin sich an der Universität Frankfurt und inskribierte sich an der dortigen Philosophischen Fakultät. Seine Studienfächer waren Semitische Philologie und Islamwissenschaft.

In seiner Frankfurter Studienzeit beteiligte er sich an einem Forschungsprojekt seines akademischen Lehrers Josef Horovitz zum Thema „Mohammed und Koran“. Hierbei entstand neben den „Koranischen Untersuchungen“ des Orientalisten Horovitz, den „Biblischen Erzählungen im Koran“ von Heinrich Speyer, Ludwig Bachmanns „Jesus im Koran“ und Shlomo Dov Goiteins „Gebet im Koran“ auch Rivlins Dissertation „Das Gesetz im Koran. 1. Teil: Kultus und Ritus“. Die Promotionsprüfung legte Rivlin Ende Februar 1927 bei Horovitz und Otto Schumann ab, Beisitzer war der Altphilologe Karl Reinhardt. Nach der Promotion ging Rivlin als Assistent an die Hebräische Universität von Jerusalem, wo er später als Professor lehrte und seinem Frankfurter Forschungsgebiet treu blieb.

Da der Druck der Dissertation erst 1933 erfolgte, schickte die Fakultät Rivlin die Doktorurkunde Ende 1933 nach Jerusalem. In der Doktorpromotionsakte befand sich das „Studien- und Sittenzeugnis“, das der Rektor Gustav Emden Rivlin zu Promotionszwecken am 12. Juli 1926 ausgestellt hatte.

Rivlins Studierendenausweis blieb in seiner Akte und wird heute im Universitätsarchiv Frankfurt (UAF) aufbewahrt. Foto: Universitätsarchiv Frankfurt

Die Idee für das Geschenk entstand auf Anregung von Uwe Becker, dem „Beauftragten der Hessischen Landesregierung für Jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus“. Ausgewählt haben das Dokument die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Universitätsarchivs. Die Frankfurter Kunsthandlung Julius Giessen rahmte das Zeugnis. Auf der Rückseite des Bilderrahmens unterschrieben der Bundespräsident, Uwe Becker sowie der Präsident der Goethe-Universität, Enrico Schleiff.

Steinmeiers Geschenk wird nur wenige Tage im Zimmer seines israelischen Amtskollegen hängen. Rivlins Amtszeit endet am 9. Juli 2021, seine Nachfolge wird Jitzchak Herzog antreten. Das gerahmte Abgangszeugnis dürfte bei Reuven Rivlin zu Hause einen Ehrenplatz bekommen.

PD Dr. Michael Maaser, Archivar der Goethe-Universität

Dieser Beitrag ist in der Ausgabe 4/2021 (PDF) des UniReport erschienen.

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