Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besuchte heute die Goethe-Universität, um, wie er es selbst augenzwinkernd formulierte, als „Forschungsgegenstand zu den Forschern, als ein Objekt der Beobachtung zu seinen Beobachtern“, eine Rede zu halten über die aktuelle politische Lage. Anlass dafür ist der Kongress „Grenzen der Demokratie“ der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft (DVPW), der in diesem Jahr an der Goethe-Universität stattfindet.
Besonders würdigte er die Goethe-Uni als Austragungsort des Kongresses, an der bereits in den 1920er Jahren die Gründungsväter der „Demokratiewissenschaft“ als Vorgänger der „Politikwissenschaft“, Franz Neumann und Ernst Fraenkel, studierten.
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Steinmeier über die Goethe-Uni:
„Es freut mich besonders, dass Sie Ihren Kongress zu den Grenzen und zur Zukunft der Demokratie hier in Frankfurt abhalten. Denn diese Stadt, in der vor 170 Jahren das Parlament der Paulskirche zusammentrat, steht nun einmal in einzigartiger Weise für die Freiheitsbewegungen der deutschen Geschichte, für den Aufbruch mutiger Bürgerinnen und Bürger in die politische Moderne. Sie steht aber auch für eine geistes- und sozialwissenschaftliche Tradition der kritischen Zeitdiagnose, die während der Weimarer Republik vor allem von deutsch-jüdischen Intellektuellen geprägt wurde. All das macht Frankfurt zu einem herausragenden Ort der Demokratie in Deutschland. Hier an dieser Universität wirkten Soziologen wie Franz Oppenheimer und Karl Mannheim; hier entwickelte Hugo Sinzheimer das Arbeitsrecht und Hermann Heller den Begriff des „sozialen Rechtsstaats“; und am Institut für Sozialforschung legten Max Horkheimer, Theodor W. Adorno und viele andere den Grundstein für ein wissenschaftliches Programm, das später als „Kritische Theorie der Frankfurter Schule“ nicht nur weltberühmt, sondern auch zu einem internationalen Großunternehmen – wie Rolf Wiggershaus schreibt – werden sollte. Ein Aufklärungsprojekt, das die Wurzeln des „autoritären Charakters“bloßlegen und damit die Gefahren der nationalistischen Diktatur erkennen wollte, die auch heute nicht gebannt sind.“
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Der Bundespräsident spannte einen Bogen von der Geschichte bis zur Gegenwart und kam dabei auf die aktuelle politische Situation in Deutschland, Europa und der Welt zu sprechen. Sorgen bereite ihm, dass die liberale Demokratie zunehmend infrage gestellt werde: „Die neue Faszination des Autoritären, die Anfechtung liberaler Errungenschaften, die Ressentiments gegen Parteien und Politiker, die wir auch in Europa erleben – all das bietet Anlass zu größter Sorge“, sagte Steinmeier.
Daran anschließend knüpfte er einen Appell an uns Bürger und insbesondere an die Kongressteilnehmer: „Ich finde es wichtig, dass wir unsere Stimme erheben, wenn der Begriff der Demokratie heute missbraucht und instrumentalisiert wird, um antidemokratische und repressive Politik zu rechtfertigen. Und hier sind natürlich vor allem Sie gefragt: Wir sollten den Begriff der Demokratie wieder schärfen und ihn nicht denjenigen zur Manipulation überlassen, die illiberale oder autoritäre Ziele verfolgen.“
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Die gesamte Rede des Bundespräsidenten ist hier nachzulesen »
Video: Der Auftritt an der Goethe-Universität kann hier nachgeschaut werden »
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Die Politikwissenschaft und ihre Expertinnen und Experten solle sich noch mehr einmischen in öffentliche Debatten und Stellung nehmen zu den aktuellen Fragen der Zeit und wissenschaftliche Ergebnisse allgemein verständlich übersetzen, so Steinmeier.
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Auf der 27. Jahrestagung der DVPW diskutieren über 1000 Expertinnen und Experten noch bis Freitag über die „Grenzen der Demokratie“. Für die Öffentlichkeit übertragen wird morgen Abend, 27. September, 18 Uhr, die Keynote von Prof. Hanspeter Kriesi (European University Institute, Florenz) zum Thema „Is there a crisis of democracy?“ Livestream »
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