„Ideenwettbewerb Biodiversität Frankfurt“ zeichnet kreative Konzepte von Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern aus

Ein MainWäldchen, Wildpflanzenbiotope für Nachtfalter sowie Totholzinseln sind die Projektideen von drei Frankfurter Initiativen, die am Mittwoch im Rahmen des „Ideenwettbewerbs Biodiversität Frankfurt“ in einem Festakt preisgekrönt wurden. Zehn Projekte für mehr Biodiversität und Gemeinwohl in der Stadt standen der Jury zur Auswahl.     

Eine Kleinstwildnis inmitten der Stadt, die heimischen Baumarten, Vögeln und Insekten ein Zuhause bietet – Vorbild für das Projekt des 1. Preisträgers „MainWäldchen – der Tiny Forest in Frankfurt a.M.“ des „Ideenwettbewerbs Biodiversität Frankfurt“ ist die Pflanzmethode des Japaners Akira Miyawaki. In dieser wird durch die Regeneration des Bodens und eine dichte, standortangepasste Bepflanzung mit heimischen Bäumen und Sträuchern eine – bislang ökologisch wertlose – Fläche in kurzer Zeit zu einem hochdiversen Waldsystem für zahlreiche Insekten- und Vogelarten. Für ihr Projekt – der erste Tiny Forest in Frankfurt – erhielt die Initiative Citizen Science Projekt „MainStadtBaum“ und Greenpeace Frankfurt ein Preisgeld von 15.000 Euro.  

Der Ideenwettbewerb von Goethe-Universität, Palmengarten, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, Dezernat für Klima, Umwelt und Frauen der Stadt Frankfurt und Frankfurter Sparkasse hat zum Ziel, Projekte aus der Stadtgesellschaft zu unterstützen, die die urbane Artenvielfalt erhalten oder fördern. Zehn Projekte kamen nach der Ausschreibung im September 2022 in die engere Auswahl. Deren Vertreterinnen und Vertreter waren bei der Preisvergabe ebenso anwesend wie die Jury aus den beteiligten Institutionen: Prof. Dr. Enrico Schleiff, Goethe-Universität, Dr. Julia Krohmer, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, Dr. Katja Heubach, Palmengarten, Stadträtin Rosemarie Heilig, Dezernat für Klima, Umwelt und Frauen der Stadt Frankfurt, und Bernd Jenne von der Frankfurter Sparkasse, die die Preisgelder anlässlich ihres 200-jährigen Jubiläums zur Verfügung stellte. Die Laudationen hielt Nele Kress, Referentin des im vergangenen Jahr gegründeten Nachhaltigkeitsbüros der Goethe-Universität, das den Ideenwettbewerb betreut hat.

Den 2. Platz, dotiert mit 10.000 Euro, sprach die Jury dem Projekt „Nektar-Bar für Nachtschwärmer“ von Christoph Schuch und Monika Peukert zu. Das Pilotprojekt sieht kleine Wildpflanzenbiotope nachtaktiver Flora in der Stadt vor – sie sollen als ein Standardmodell für Biotope dienen, welche die Population wichtiger Bestäuberinsekten wie etwa Nachtfalter und Fledermäuse erhöhen. Die Jury hob lobend hervor, dass das Projekt mit wenig Mitteln einen Lebensraum für Lebewesen schaffen will, die ansonsten wenig wahrgenommen werden. 

Den 3., mit 5.000 Euro dotierten Preis erhielt das Projekt „Ist das Lebensraum oder kann das weg? Totholz für ein lebendiges Frankfurt“ von Tim Milz und Aaron Kauffeldt. Das Konzept der beiden Studenten der Goethe-Universität sieht Totholzinseln in der Stadt vor, die den Lebensraum für eine Vielzahl von Organismen fördern. Die Totholzinseln, so die Jury, verbesserten nicht nur die Fähigkeit, Wasser im Boden zu halten; sie trügen auch zur Bodenbildung wie zur Speicherung von Kohlenstoff bei und seien mit einfachen Mitteln nachahmbar.

„Die Biodiversität ist gefährdet wie noch nie – dabei ist diese so immens wichtig für unser Leben in Zeiten des Klimawandels. Schnelles globales und lokales Handeln ist das Gebot der Stunde! Und diese Aufgabe können wir nur als Gesellschaft lösen. Der Biodiversity Frankfurt Ideas Competition soll wachrütteln und die städtische Öffentlichkeit zum Nachdenken und zum Mitmachen bewegen“, so Universitätspräsident Enrico Schleiff. „Wir suchten – und bekamen! – kreative und pragmatische Projekte, die leicht kleine Inseln zur Förderung der lokalen Biodiversität im städtischen Asphaltdschungel schaffen, indem sie von jedermann und jederfrau selbst vor der Haustür umgesetzt werden können. Wir haben die Hoffnung, die Ideen, die wir riefen, nicht wieder loszuwerden!“ Als Stadtgesellschaft gemeinschaftlich vorzugehen, spielt in vielen Projekten eine zentrale Rolle – etwa durch das Ansprechen von Nachbarschaften, von angrenzenden Kindergärten, Schulen und Seniorenresidenzen. Zudem haben die Projektmitglieder bereits mögliche Standorte erkundet und Vorgespräche mit Institutionen geführt, die in die Umsetzung der Projekte miteinbezogen werden müssen.

Schleiff betonte das hohe Engagement aller Beteiligten, auch der nicht prämierten Projekte, deren Mitgliedern der Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung Prof. Dr. Klement Tockner seine Anerkennung aussprach. Er ermunterte die Projektinitiator*innen sich untereinander weiterhin zu vernetzen und bei ihren Projekten unterstützend zu begleiten.

Die Auswahl der Initiativen erfolgte in einem zweistufigen Verfahren: Aus den 38 eingesandten Vorschlägen wählte die Jury zunächst zehn Ideen, die sogenannte „Shortlist“, aus. Die ausgewählten Gruppen oder Personen wurden dann zur Ausarbeitung eines detaillierten Konzepts aufgefordert – von Patinnen und Paten fachlich begleitet und unterstützt durch einen Workshop, der im Februar im Palmengarten mit den Partnerinstitutionen ausgerichtet wurde.

Zum Hintergrund:

Was ist Biodiversität? Schwindende Populationen von Feldhamster und Hummel sind keine Bagatelle – als Biodiversität gilt eine Vielfalt der Ökosysteme, genetische Vielfalt und ein Reichtum an Arten bei Tieren, Pflanzen, Pilzen und Mikroorganismen. Nur sie geben der Natur den Spielraum, auf Umweltveränderungen zu reagieren und sich zu regenerieren. Am Beispiel des Insektenschwunds zeigt sich, wie der Verlust einiger Mitspieler das Ökosystem aus dem Gleichgewicht bringen kann: Mehr als 80 Prozent der Erträge im Pflanzen- und Obstbau sind hierzulande von der Insektenbestäubung abhängig.

Der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) schätzt, dass weltweit rund eine Million Arten vom Aussterben bedroht sind. Veränderungen der Land- und Meeresnutzung, direkte Ausbeutung von Organismen, Klimaveränderungen, Verschmutzung und invasive Arten bewirken den massiven Rückgang von Arten und den Verlust von Ökosystemen. Dieser Entwicklung entgegenzuwirken ist eine der zentralen Aufgaben unserer Zeit, die eng verwoben ist mit drängenden Themen wie Ernährungssicherheit, Klimaschutz und -anpassung oder funktionierenden Stoffkreisläufen. 

“Shortlist” der ausgezeichneten Initiativen im „Ideenwettbewerb Biodiversität Frankfurt“ (alphabetische Reihenfolge):

  1. Green it up! – mein kunterbuntes Quartier
  2. Interaktiver Naturerlebnispfad auf dem Hauptfriedhof: Wildes Leben auf dem Friedhof
  3. Ist das Lebensraum oder kann das weg? Totholz für ein lebendiges Frankfurt (3. Preis)
  4. MainWäldchen – der Tiny Forest in Frankfurt a.M.“ (1. Preis)
  5. Mehr Wasser für den Frankfurter Stadtwald (Oberwald)
  6. Nektar-Bar für Nachtschwärmer (2. Preis)
  7. Permakultur-Dachfarm – ein essbares Ökosystem für mehr Biodiversität
  8. Schmetterlingswiesen-Verbund Berger Südhang
  9. Sweetspot 1000+1: Ein Mosaik aus Trittsteinbiotopen für Frankfurt
  10. Waldgadde als Bildungs- und Begegnungsort

Eine kurze Vorstellung der Ideen findet sich auf der Projektwebseite www.ideen-biodiversitaet-frankfurt.de.

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