„StolperSeiten“: Französische Jüdin mit deutschen Wurzeln besuchte die Ausstellung zur Raubkunst in der Unibibliothek

Monique Reisner (Mitte), Ulrike Vogl und Bernhard Wirth.

Monique Reisner hat eine bewegte Familiengeschichte: Die Französin, die auch einen amerikanischen Pass hat, wurde 1941 unter dramatischen Umständen in Marseille geboren. Ihre Eltern waren deutsche Juden, die 1939 aus Deutschland flüchteten. Ihr Vater, ein erfolgreicher Kaufmann, stammte aus Berlin, ihre Mutter aus Königsberg. Ihre Mutter wurde 1940 nach Gurs gebracht, gelangte dann durch den Einsatz von Geld und Beziehungen zu Ihrem späteren Mann nach Marseille, wo die Tochter Monique Anfang 1941 geboren wurde. Die Familie flüchtete 1942 vor den Deutschen nach Nizza.

Nach Ende des Krieges wohnte die Familie Reisner in Paris. Das Thema NS-Raubgut beschäftigt Monique Reisner schon lange, denn immerhin hatte ihr Vater vor der Flucht eine umfangreiche Sammlung aus Büchern, Skulpturen und Möbeln für den Transport gepackt. „8 Tonnen wogen alle Kisten“, betont Monique Reisner, doch nichts davon erreichte jemals den Bestimmungsort New York. Ein Fall von NS-Raubgut, wie viele in der Ausstellung „StolperSeiten“ der Universitätsbibliothek auf erschütternde Weise dokumentiert werden. Erstmals widmet sich die UB in einem Provenienzforschungsprojekt systematisch der Suche nach NS-Raubgut in ihren Beständen und greift damit ein wichtiges Thema der eigenen Institutionsgeschichte auf.
Reisner, die als Immunologin unter anderem in New York geforscht hat, betont, dass sie aus persönlichem Interesse die Ausstellung besuche, dem Thema aber eine größtmögliche Aufmerksamkeit wünsche. Sie selber verfolge nicht das Ziel, die umfangreiche Sammlung ihrer Familie zurückzuerhalten. Im Gespräch mit den Bibliotheksmitarbeiter*innen Ulrike Vogl und Bernhard Wirth lässt sich die an historischen und geistesgeschichtlichen Themen sehr interessierte Französin die Konzeption der Ausstellung erklären und steuert viele Details aus ihrer beeindruckenden Familiengeschichte bei. Auch wenn sie selbst nicht nach Familienstücken sucht, stimmt Monique Reisner der Aussage Ulrike Vogls zu: „Für einige Familien bedeutet die Rückgabe eines Buches sehr viel, da dieses Buch das einzige physische Andenken an geliebte Familienmitglieder darstellt, das durch eine Restitution der Familie zurückgegeben wird.“ Dirk Frank

Die Ausstellung „StolperSeiten“ ist noch bis zum 28. August 2022 im Schopenhauer-Studio der Universitätsbibliothek zu sehen.

Weitere Informationen zur Ausstellung unter https://www.ub.uni-frankfurt.de/ausstellung/stolperseiten.html

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