Rubina Zadourian ist eine leidenschaftliche Grenzgängerin zwischen Physik und Finanzwissenschaft
Geboren wird Rubina Zadourian im Iran, sie wächst auf in Armenien, in der Hauptstadt Jerewan. Ihre Begeisterung für die Fächer Mathematik und Physik wird schon sehr früh geweckt: Auf einer Internatsschule für gochbegabte Kinder taucht sie mit ihrem Bruder ein in die Welt der Zahlen und Formeln. „Wir wurden von guten Lehrkräften unterrichtet, wir hatten damals von der Schule aus sogar erste Begegnungen mit der Universität.“ Nach der Schule dann das Studium der Physik mit dem Schwerpunkt Nuklearphysik, am Ende steht das Diplom. Bis zu diesem Punkt klingt ihre Biographie wie ein generalstabsmäßig geplanter wissenschaftlicher Lebenslauf. Doch Rubina verlässt erst einmal das Reich der geliebten Physik und geht zu ihrer Familie in den Iran, um dort im Familienbetrieb mitzuarbeiten. Fünf Jahre lang dauert diese durchaus erfolgreiche Interimsphase in ihrem Leben. „Wer sagt, dass man nach einem solchen Zeitraum nicht mehr zurückkehren kann in den Wissenschaftsbetrieb, der unterschätzt seine Möglichkeiten“, sagt sie. Ein Neuanfang sei jederzeit möglich, sagt die optimistische Wissenschaftlerin, die gerne von den „Jumps“, den überraschenden Sprüngen in ihrem Leben spricht.
Nach ihrer Ankunft in Deutschland erwirbt Rubina innerhalb eines Semesters die höchste Niveaustufe der deutschen Sprachprüfung für den Hochschulzugang. Sodann strebt sie die nächste wissenschaftliche Qualifikation an. Dies führt zu einem sehr guten M.Sc.-Abschluss in Physik an der Universität Wuppertal, mit einer Abschlussarbeit bei Prof. Andreas Klümper, der eine fortgesetzte Zusammenarbeit folgt.
Während ihrer Promotion am Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme in Dresden entwickelt sie die Idee, Theorien und Methoden der Physik in der Finanzwissenschaft anzuwenden. Ihr Dresdner Professor rät ihr, diesen Ansatz weiter zu verfolgen. Eine weitere Station ist dann in Oxford, am Mathematischen Institut sowie am Institute for New Economic Thinking. Mit Prof. J. Doyne Farmer veröffentlicht sie viel beachtete Papers. In ihr erwacht der Wunsch, ein zweites Mal zu promovieren, um endgültig in der Finanzwissenschaft Fuß zu fassen. Zahlreiche hochkarätige Empfehlungsschreiben von vielen verschiedenen europäischen Universitäten unterstreichen, dass Rubina an ihren Wirkungsstätten einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat: Ihre aus der Physik stammenden mathematischen und statistischen Kompetenzen sind für Forscherinnen und Forscher der Ökonomie ein großer Gewinn.
Als Rubina an die Goethe-Universität kommt, entsteht der Plan, ihre Promotion an der Frankfurter Universität mit einem Forschungsaufenthalt am Courant Institute of Mathematical Sciences der New York University zu verbinden, wo sie als Gastwissenschaftlerin eingeladen wurde. Die Corona-Situation in den USA ist einer der Gründe, dass dieser Plan jetzt eingefroren ist. Auch wenn ein Plan ins Schlingern gerät, wie es kürzlich der Fall war, bleibt sie zuversichtlich: „Seitdem ich mich für Physik, Mathematik und Finanzen interessiere, möchte ich Aufgaben lösen. Das fasziniert mich so sehr an einer Universität: In der Forschung steht man immer wieder vor neuen Herausforderungen und kann immer wieder Neues lernen.“ Sehr zufrieden ist Rubina Zadourian mit der Betreuung seitens des Goethe Welcome Centre und der Unterbringung im Gästehaus der Goethe-Universität: „Ich war schon in vielen solcher Einrichtungen, aber hier kann man sich als Wissenschaftlerin wirklich sehr wohl fühlen.“ Rubina Zadourian ist derzeit wissenschaftliche Mitarbeiterin am Leibniz-Institut für Finanzforschung SAFE. Einen Dank möchte sie auch unbedingt aussprechen an Prof. Christian Schlag, Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften und Direktor des Nachwuchskräfte-Programms bei SAFE: „Die menschlichen Aspekte sind sehr wichtig für die Zusammenarbeit und es freut ihn sehr, wenn er jemandem helfen kann“, betont Rubina Zadourian. Auch wenn ihre wissenschaftlichen Ambitionen und Potenziale irgendwann zu einem Ruf an eine andere Universität führen werden, möchte sie die Zeit in Frankfurt definitiv nicht missen.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe 6.20 (PDF) des UniReport erschienen.