An einem neuen Studienort ist es nicht immer einfach. „Endlich Frankfurt!“ erklärt nicht nur Erstsemestern wie man sich im Großstadtdschungel zurecht findet.
Krankfurt, Bankfurt, Zank furt – Es gibt viele nicht gerade schmeichelhafte Namen für die Finanzmetropole Europas. So werden wahrscheinlich die wenigsten völlig vorurteilsfrei den bevorstehenden Umzug nach Frankfurt planen. Und spätestens, wenn es an die Wohnungssuche geht, wird sich der ein oder andere Studierende fragen, wo er denn hier gelandet sei.
Doch die „kleinste Metropole der Welt“, wie sie auch von manch einem liebevoll bezeichnet wird, ist nicht nur Finanzhauptstadt Europas. Frankfurt ist auch Universitätsstadt, internationales Idyll und Heimatort großer Namen wie Goethe, Adorno und Horkheimer. Nichtsdestotrotz muss man sich auch in kleinen Großstadtdschungeln zurechtfinden. So ist nun im rap-Verlag ein Stadtführer erschienen, der sich zwar dezidiert an alle Frankfurter Neulinge richtet, aber schon eher auf die Bedürfnisse Studierender schielt.
So ist das erste Kapitel einer ganz besonderen Herausforderung gewidmet: der Wohnungssuche. Die kann sich in einer Stadt, die zu den Städten Deutschlands mit den höchsten Mieten gehört, als recht anspruchsvoll herausstellen. Besonders, wenn das Wissen über die einzelnen Stadtteile begrenzt bis nicht vorhanden ist. Ob die Stadtteile den eigenen Ansprüchen und Bedürfnissen gerecht werden, zeigt eine kurze Einführung über das Viertel und eine kleine Skala, die Miethöhe, Grünfläche, Distanz zur „Konsti“ und Kneipendichte rankt.
Über den einführenden Text gibt es ab und an einen speziellen Tipp: den besonderen Platz. Dieser ist nicht immer unbedingt ein Geheimtipp, aber definitiv ein schöner Hinweis, und das nicht nur für neu Zugezogene. Auch für die, die schon immer mal nach Nieder-Erlenbach oder nach Schwanheim wollten und es bisher noch nicht geschafft haben, mag der Stadtführer einen Anreiz geben, das eigene lieb gewonnene Viertel auch mal zu verlassen und über den Tellerrand zu schauen.
Wo Barkeeper zum Gatekeeper werden
Und damit auf besagtem Teller mit Rand nur die beste Grie Soß landet, wird das ganze nächste Kapitel den kulinarischen Abenteuern gewidmet. Ob man zu Hause oder unterwegs speist, urfrankfurterisch oder international modern fusionierte Crossover-Küche genießen möchte, ob es möglichst günstig oder möglichst ‚untierisch‘ sein soll, immer wird das Besondere vorgestellt.
Möchte man den Schmaus kultiviert mit einem Kaffee abschlie ßen, kann man im Kapitel „Durst“ zwischen traditionsreichen Cafés und den jungen Wilden der Kaffeeszene wählen. Ersteres natürlich vertreten durch den Wacker’s Kaffee, der auf eine hundertjährige Familiengeschichte zurückblicken kann. Das studentische Pendant dazu ist das Hoppenworth und Ploch auf dem Campus Westend. Unerwähnt bleibt leider ihre Rösterei auf der Friedberger Landstraße.
Wem es nach einem üppigen, kulinarischen Gelage jedoch eher nach dem alkoholischen Absacker dürstet, der kommt in den Disziplinen Wein, Bier und Longdrinks auf seine Kosten. Treffsicher wer den dort alle dem Frankfurter gängigen Bars und Kneipen vorgestellt.
Ob gemütlich und bodenständig oder szenig und schick: die Autoren haben so einiges auf dem Cocktailschirmchen. Geheime Klassiker wie die „Rote Bar“, die man nur findet, wenn man weiß, wo man klingeln muss. Man darf sich dabei nicht von dem kryptischen Schild oder dem strengen, jedoch um gangsformvollendeten Bar und Gatekeeper, der einem die geheime Tür öffnet, abschrecken lassen. Hat man als männliche Begleitung kurze Hosen an, hilft auch nicht das kühnste Gemüt oder charmanteste Lächeln.
So wissenschaftlich die Mixologen in der Roten Bar auch vorgehen, anscheinend gibt es eine Steigerung dazu, die „Labor“ genannt wird. Da wird sich sogar der durchaus geschulte Magister absolvent nach alter Studienordnung noch etwas auf seiner verstaubten Todo-Liste notieren müssen. Doch manch’ allzu verborgene Bar wird auch für die Autoren ein gut gehütetes Geheimnis bleiben, wie zum Beispiel das Logenhaus. Geheimwissen bleibt auch das stilsichere Bestellen von Apfelwein. Es kann nämlich schon mal vorkommen, dass man schief angeschaut wird, wenn man einen süß Gespritzten bestellt oder gar einen „Äppler“.
Beachbars, aber keine Wasserhäuschen
Sehr nützlich sind Kapitel wie „Sonntage“, „frostige Zeiten“ oder „Besuch? Tourikram“. Da werden die Tipps und Kniffe sehr bedürfnisgerecht vergeben. Die Kapitel „Mythen“ und „Frankfurt fiktiv“ füllen die neue Stadt dann auch sogleich mit Geschichten und man merkt vielleicht, dass man unwissentlich einen Roman, der in Frankfurt spielt, schon längst im Bücherregal stehen hat. Im Kapitel „Es ist Sommer!“ wird ein Überblick gegeben über alle möglichen Aktivitäten, die man im Freien aus führen kann.
Wer jedoch B wie Beachbars sagt, muss vor allem in Frankfurt auch W wie Wasserhäuschen sagen. Der wichtige Stellenwert der Wasserhäuschenkultur ist den Autoren vielleicht nicht klar geworden. In dem Fall kann man sich jedoch vertrauensvoll an den Verein „Linie 11“ wenden und seine Wanderroute durch die Stadt mit gelegentlichen Stopps zur Erfrischung an den schönsten Wasserhäuschen planen.
Das Kapitel, das sowohl E- als auch U-Kultur gewidmet ist, gibt einen soliden und breiten Einblick in Frankfurter Institutionen. Offspaces wie das Lola Montez, Atelierfrankfurt oder das Privateoffspace haben allerdings keinen Platz darin gefunden.
Aber es wäre ja auch langweilig, wenn der Stadtführer den Jungfrankfurtern die ganze Arbeit abnehmen würde. Das eigene Bild der Stadt muss sich eben jeder selbst machen und komplettieren. Da hilft nur eins: sich in den kleinen Großstadtdschungel zu stürzen, mit einem Lächeln bewaffnet. [Autorin: Tamara Marszalkowski]
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Endlich Frankfurt! Dein Stadtführer
AutorInnen: Kaja Andritzke, Benjamin Becker, Adelina Fast und Christian Olt.
rap verlag 2015,
288 Seiten,
15,90 Euro.
www.rap-verlag.de
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