Die Künstlerin Laura J. Padgett, Dozierende im Fach Theater-, Film- und Medienwissenschaft, möchte das IG Farben-Haus und den Campus Westend in ihrer historischen Vielschichtigkeit fotografisch erkunden.
Das IG Farben-Haus, entworfen von Hans Poelzig, gehört sicherlich zu den meistfotografierten Motiven in Frankfurt. Die bewegte Geschichte des monumental wirkenden Gebäudes, als Zentralverwaltung des IG Farben- Konzerns, später als Sitz der amerikanischen Militärverwaltung und seit 2001 Teil des neu entstandenen Campus Westend der Goethe-Universität, zieht immer noch die Blicke auf sich. Unzählige Fotografen dürften das Gebäude von innen und außen verewigt haben, kaum ein Winkel des riesigen Poelzig-Baus dürfte noch nicht abgelichtet worden sein.
Doch das schreckt die Künstlerin und Filmwissenschaftlerin Laura J. Padgett, gebürtige Amerikanerin und seit vielen Jahren in Deutschland zu Hause, nicht ab: Sie möchte in einem groß angelegten, über mehrere Jahre laufenden Projekt die geschichtlichen Dimensionen des Hauses und anderer benachbarter Orte auf dem Campus freilegen: „Es ist kein museales Gebäude, dessen Vergangenheit einfach vorbei ist. Auch wenn man das Gebäude als Monument verstehen kann. Die Geschichte des Hauses prägt auch uns in unserer Gegenwart noch. Das möchte ich in meinen Fotografien zeigen. Doch dafür benötige ich noch viel Recherche, ich muss mich dem Gegenstand langsam nähern“, erklärt Padgett.
Schnappschüsse mit dem Handy werden für Padgett der Tiefendimension eines Objektes nicht gerecht: „Ich lehne diese Art des schnelllebigen Fotografierens natürlich nicht ab. Aber mein Ansatz ist ein ganz anderer: Ich möchte, dass man sich sowohl für das Entstehen, aber auch für das Betrachten einer Fotografie Zeit nimmt.“ Padgett erklärt, dass sie nicht auf ‚frontale‘ Weise auf das Gebäude zugehen möchte; sie nähert sich ihren Gegenständen lieber von der Seite, um die Geschichte zu erkunden. „Die Geister des Hauses, wenn man so will, sind auch nach vielen Umbauten und Renovierungen noch hier“, sagt sie. Das kann auch mal ein Wort an der Tafel eines Seminarraums sein, das vergessen wurde, wegzuwischen. „Diese Zufälle gehören manchmal dazu. Aber in meiner Fotografie selber ist nichts zufällig“, betont die Künstlerin, die gerade auf eine zu Ende gegangene Ausstellung im Frankfurter Dommuseum zurückschauen kann.
Zwischen 2019 und 2021 begab sich Laura J. Padgett auf die Spuren des Graphikers Hans Leistikows in der Frankfurter Westend-Synagoge. 1910 eröffnet, erlebte die Synagoge Zerstörung im NS, Wiederaufbau und Rekonstruktion. Die Geschichte hat sich in das Gebäude eingeschrieben. Die fotografische Serie „Regenerating Permanence“ macht die Gegenwart all dieser Phasen sichtbar. Eine Auswahl der Motive wurde bis Ende Januar zur Leistikow-Ausstellung im Dommuseum gezeigt, einige davon werden bald im Jüdischen Museum zu sehen sein.