Prof. Dr. Raymond Deshaies vom California Institute of Technology (USA) übernimmt die Friedrich-Merz-Stiftungsgastprofessur 2025.

Raymond Deshaies ist Biochemiker und Zellbiologe, der für seine Arbeiten zum Mechanismus und zur Regulierung des Proteinabbaus durch das Ubiquitin-Proteasom-System bekannt ist. Insbesondere entdeckte sein Labor SCFCdc4, das erste Mitglied der großen Familie der Cullin-RING-Ubiquitin-Ligasen (CRLs), und hat seitdem eine Reihe bahnbrechender Erkenntnisse über die Funktionsweise und Aktivitätssteuerung von CRL-Enzymen gewonnen. Seine Grundlagenforschung zur Regulation des zellulären Proteinabbaus führte zur Entwicklung neuer Medikamente wie dem Krebsmedikament Carfilzomib. Sie bildete auch die Basis für eine neue Klasse von chimären Wirkstoffen, sogenannte PROTACs, die durch Rekrutierung krankheitserzeugender Proteine an das Ubiquitin-System den gezielten Abbau krankheitserzeugender Zielstrukturen bewirken können.
Raymond Deshaies wurde in Waterbury, Connecticut, geboren und wuchs dort auch auf. Er schloss 1983 sein Studium der Biochemie an der Cornell University mit einem B.S. ab und promovierte 1988 an der University of California, Berkeley, in Biochemie. Nach seiner Postdoc-Tätigkeit an der University of California in San Francisco trat er 1994 in die Fakultät des Caltech ein und wurde 2000 an das Howard Hughes Medical Institute berufen. Neben seiner akademischen Tätigkeit gründete Dr. Deshaies 2003 das Biotechnologieunternehmen Proteolix und 2011 Cleave Biosciences.
Raymond Deshaies forscht über die Proteinhomöostase in eukaryotischen Zellen und interessiert sich insbesondere für die Rolle des Proteinabbaus über das Ubiquitin-Proteasom-System (UPS). Der Proteinabbau über das UPS hat zwei allgemeine Funktionen: Er dient zur Regulierung von Signalwegen wie dem Zellzyklus und ist entscheidend für die Qualitätskontrolle des zellulären Proteoms. Zellen exprimieren etwa 600 Ubiquitin-Ligase-Enzyme (E3), die die Konjugation von Ubiquitin an Substratproteine fördern. Cullin-RING-Ubiquitin-Ligasen (CRLs) bilden eine Familie von etwa 250 multisubunitären E3-Enzymen, die in vielen verschiedenen Regulationswegen eine Rolle spielen. Die Deshaies-Gruppe hat untersucht, wie CRL-Enzyme assemblieren, wie ihre Aktivität durch reversible Modifikation mit dem Ubiquitin-ähnlichen Protein Nedd8 reguliert wird, wie sie die Katalyse fördern und welche Substrate und zellulären Funktionen sie haben. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Verständnis der Funktionsweise der Proteinqualitätskontrolle und wie deren Fehlfunktion oder therapeutische Manipulation mit menschlichen Krankheiten zusammenhängt. Dieses Interesse hat zu Arbeiten über den Mechanismus, die Regulation, die Substrate und die Inhibitoren der Segregase p97/VCP geführt, die eine entscheidende Rolle in mehreren zellulären Qualitätskontrollwegen spielt.
Die Arbeiten von Prof. Deshaies sind extrem relevant für die Entwicklung von innovativen Arzneistoffen. So entwickelte er in Zusammenarbeit mit Craig Crews von der Universität Yale die Idee, heterobifunktionelle Moleküle, sogenannte PROTACs, zu verwenden, um zelluläre Proteine an eine Ubiquitin-Ligase zu binden, was zur Ubiquitinierung und zum gezielten Abbau des gebundenen Proteins führt. Dieses Konzept bildete die Grundlage für die Gründung mehrerer Biotechnologieunternehmen, darunter Arvinas, C4 Therapeutics und Kymera.
Über die Friedrich-Merz-Stiftungsgastprofessur
Die Friedrich-Merz-Stiftungsgastprofessur wurde im Dezember 1985 anlässlich des 100. Geburtstags des Firmengründers Friedrich Merz von seinem Enkel und damaligen Unternehmenschef Dr. Jochen Hückmann gestiftet. Friedrich Merz war als eines der ersten Mitglieder der Senckenbergischen Gesellschaft eng mit der Frankfurter Universität verbunden und hat die Wissenschaft gefördert. Ziel der Stiftungsgastprofessur ist, einen besonders angesehenen Wissenschaftler aus den Bereichen Pharmazie oder Humanmedizin an die Goethe-Universität Frankfurt zu berufen. 1987 zum ersten Mal verliehen, wurde die Gastprofessur bis auf zwei Ausnahmen jährlich vergeben. Die Gastprofessur und das Symposium, dessen Themenspektrum von der Grundlagen- bis zur Versorgungsforschung reicht, bieten Forschern aus Hochschule und Industrie jährlich die Gelegenheit zum Wissensaustausch und zu einer weitergehenden Zusammenarbeit.
Kurator und Gastgeber seitens der Goethe-Universität ist in diesem Jahr Prof. Dr. Stefan Knapp, Professor of Pharmaceutical Chemistry an der Goethe-Universität. Knapp ist ein Pharmaforscher mit hoher internationaler Anerkennung. Sein Labor befasst sich mit der Erforschung der strukturellen Mechanismen, die die zelluläre Signalübertragung regulieren sowie mit der Entwicklung und dem rationalen Design selektiver Inhibitoren, sogenannter chemischer Sonden.
Veranstaltungen
Anlässlich der Gastprofessur wird es neben der wissenschaftlichen Zusammenarbeit folgende Veranstaltungen geben:
4. November, 19 bis 21 Uhr: Öffentliches Podiumsgespräch mit Prof. Raymond Deshaies und Forscher*innen der Goethe-Universität. „Krebs, Alzheimer & Co.: Eine Revolution in der Behandlung zum Greifen nah?“. Campus Riedberg, Otto-Stern-Zentrum, Hörsaal H1, Ruth-Moufang-Straße 2. Die Veranstaltung findet in deutscher Sprache statt bzw. wird simultan übersetzt.
5. November: Vorlesungen für Studierende
6. November: Wissenschaftliches Symposium „Hijacking the cellular protein degradation system – translating bifunctional molecules into novel therapie“
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