Studierende berichten über die Wohnungssuche in Frankfurt.

In vielen deutschen Großstädten ist die Wohnungssituation gerade für Studierende ein großes Problem: zu hohe Mieten, knapper Wohnraum und darüber hinaus noch lange Wartelisten für die begehrten Plätze in Studierendenwohnheimen. Für viele klingt das wie ein abstraktes Problem – für viele Studierende der Goethe-Universität ist es jedoch tägliche Realität. Dabei ist Frankfurt im Deutschlandvergleich nach München als zweitteuerste Stadt zum Wohnen besonders stark betroffen. Der UniReport sprach dazu mit Studierenden am Campus Westend über die aktuelle Wohnungssituation und zeichnet dabei ein eindrückliches Bild: Die Wohnsituation in Frankfurt ist für Studierende mehr als angespannt – sie prägt Studienverläufe, bestimmt finanzielle Spielräume und wirkt sich spürbar auf den Alltag aus.
Schreckliche Situation und finanzieller Druck
„Die Wohnungssituation ist schrecklich.“ Mit diesen klaren Worten fasst eine Studentin zusammen, was viele empfinden. Sie hatte nach sechs Semestern ihr Medizinstudium abgebrochen und ist nun in die Gesellschaftswissenschaften gewechselt. Weil sie durch den Fachwechsel kein BAföG mehr erhält, muss sie ihre Wohnung vollständig selbst finanzieren. „Ich arbeite so viel, dass ich kaum Geld fürs Essen übrig habe. Oft gehe ich deshalb zu meinen Eltern, um dort mitzuessen.“ Ihre Geschichte zeigt, wie sehr Wohnen und Studium ineinandergreifen – und wie finanzielle Belastungen zu Studienabbrüchen oder Neuorientierungen führen können.
Auch für diejenigen, die erst im kommenden Jahr ihr Studium aufnehmen, ist das Thema präsent. Zwei Abiturientinnen berichten: „Wir wohnen noch zu Hause, aber wir haben bereits von allen Seiten gehört, dass die Situation schlimm sein soll. Wir sind gespannt, was uns erwarten wird.“ Schon bevor das erste Semester beginnt, wirft die Wohnungssuche also schon lange Schatten voraus.
Von Glück und langen Wartezeiten
Nicht alle Studierenden sind dabei gleichermaßen betroffen. Der Jurastudent Samet konnte dank finanzieller Unterstützung durch BAföG einen Platz im Studentenwohnheim ergattern – doch auch er berichtet: „Bis ich den Platz bekommen habe, hat es mehrere Monate gedauert.“ Denn Wohnheimplätze sind rar, Wartelisten lang, und oft entscheidet pures Glück beim Erfolg.
Veronika, Masterstudentin aus Warschau, beschreibt ihre Wohnungssuche als „besonders angespannt“: „Von Warschau aus habe ich fast drei Monate gesucht, bis ich endlich über einen Glücksfall fündig geworden bin. Problematisch war auch, dass ich nicht immer vor Ort sein konnte.“ Nur durch finanzielle Rücklagen und eine Arbeit nebenbei kann sie die hohen Kosten stemmen.
Ähnlich berichtet Aaliyah und Valentin, welche extra für ihr Studium der Asian Studies nach Frankfurt gekommen sind. Aaliyah wartete ein Jahr auf ein Wohnheimzimmer in Riedberg und musste in der Zwischenzeit bei ihren Verwandten wohnen. „Als ich den Vertrag dann verlängern wollte, ging das nicht, weil die Nachfrage zu hoch war. Danach musste ich ein anderes Apartment zu einem viel zu hohen Preis nehmen.“ Ihr Kommilitone Valentin ergänzt: „Unter 600 Euro findet man eigentlich gar nichts. Deshalb wohne ich weiter mit Freunden in Offenbach.“
Auch die Jurastudentin Eva konnte ihre Wohnung nur über familiäre Verbindungen sichern. „Ohne diese Kontakte hätte es nicht funktioniert“, sagt sie. Viele andere bestätigen, dass persönliche Netzwerke und Zufälle oftmals entscheidend sind.
Zwischen Pendeln und Verzicht
Wer kein Glück auf dem angespannten Wohnungsmarkt hat, muss pendeln. Das heißt für viele lange Fahrten und große Distanzen zur Universität. Julia und Leon, die ursprünglich in die Stadt ziehen wollten, sehen momentan keine Chance dazu: „Entweder man zahlt viel zu viel Geld für ein viel zu kleines Zimmer oder man wohnt weit außerhalb und braucht ewig zur Uni“, sagt Julia. Leon bringt das Dilemma auf den Punkt: „Man müsste so viel arbeiten, um sich etwas leisten zu können, dass man kaum noch fürs Studium Zeit hätte. Oder man bleibt eben bei den Eltern wohnen.“
Auch Melanie, Soziologie-Studentin, nimmt täglich eine lange Anfahrt in Kauf: „Ich habe Glück, dass ich noch bei meinen Eltern wohne. Aber Freunde von mir tun sich extrem schwer mit der Wohnungssuche.“
Sinem, die Anglistik studiert, pendelt ebenfalls von ihrem Elternhaus aus: „Es ist jeden Tag eine Belastung, aber für mich aktuell die einzige Lösung.“ Die lange Anfahrt bedeutet weniger Zeit zum Lernen und weniger Freiraum, sich ins Campusleben einzubringen. Auch das macht das Studieren und die Interaktion mit anderen Studierenden, welche gerade in dieser Phase so wichtig für den Erfolg im Studium ist, nicht leichter.
Ähnlich berichtet eine Philosophie- und Englisch-Studentin: „Ich fahre jeden Tag anderthalb Stunden. Ein WG-Zimmer in Frankfurt kann man sich nicht leisten, ohne dass alles von den Eltern bezahlt wird.“ Trotz zweier Nebenjobs reicht es für sie finanziell nicht aus, um sich in der Stadt ein Zimmer leisten zu können.
Übergangslösungen und Notbehelfe
Manche Studierenden haben kreative oder notgedrungene Übergangslösungen gefunden: Finn zum Beispiel lebte zu Beginn seines Politikwissenschaftsstudiums für ein halbes Jahr bei einem Verwandten in Wiesbaden und pendelte zur Uni, ehe er in Ginnheim eine kleine Wohnung fand, „Nichts Außergewöhnliches, aber für das Studium reicht es“, meint er. Sein Kommilitone Mark suchte drei Monate lang, bis er ein Wohnheimzimmer in Bonames bekam. Paul wiederum musste aus Frankfurt wegziehen, nachdem seine Wohnung von einem neuen Eigentümer saniert wurde und er sie sich im Anschluss daran nicht mehr leisten konnte. Er zog daher wieder in die Heimat zurück und pendelt seither täglich knapp eine Stunde zum Studieren.
Solche Geschichten sind kein Einzelfall. Viele greifen auf Verwandte oder Bekannte zurück, wohnen zunächst außerhalb der Stadt oder wechseln nach einer Zwischenlösung mehrmals ihren Wohnort. Die Wohnungssuche zieht sich dabei oft über Monate, manchmal sogar über Jahre.
Sicht der Lehrenden
Die Wohnungsnot bleibt auch den Lehrenden nicht verborgen. Prof. Stefan Kadelbach, Rechtswissenschaftler an der Goethe-Universität, beispielsweise bestätigt: „Ich bekomme jedes Jahr aufs Neue mit, wie schwer es die Studierenden in dieser Situation haben. Es gibt zu wenige Wohnheimplätze, und die Mieten sind schlicht zu hoch.“
Laut offiziellen Zahlen kostet ein WG-Zimmer in Frankfurt im Durchschnitt zwischen 500 und 600 Euro, Tendenz steigend. Wohnheimplätze sind nicht nur rar, sondern auch oft zeitlich begrenzt, sodass Studierende nach wenigen Semestern erneut auf die Suche gehen müssen. Die Folge: ein ständiger Kreislauf von Wohnungsangst, Umzügen und hoher finanzieller Belastung.
Auswirkungen auf das Studium
Die Konsequenzen der prekären Wohnsituation sind gravierend: Manche Studierenden verschieben ihren Studienstart oder bleiben länger bei den Eltern, andere arbeiten mehr Stunden als eigentlich verkraftbar. Einige berichten sogar, dass die finanziellen Sorgen das Studium stärker bestimmen als das eigentliche Lernen selbst. Eine Studentin berichtet, dass sie wegen der hohen Mietkosten Mahlzeiten einsparen muss, eine andere, dass sie kaum mehr ins kulturelle und soziale Leben Frankfurts eingebunden ist. „Alles geht für die Wohnung drauf – fürs Kino oder für Bücher bleibt nichts mehr übrig.“
Wohnen als zentrale Hürde des Studiums
Die Stimmen vom Campus zeigen eindrucksvoll: Die Wohnungssuche in Frankfurt ist für Studierende eine der größten Hürden im Studium. Zwischen langen Anfahrtswegen, überteuerten Zimmern und der Hoffnung auf einen Platz im Studierendenwohnheim suchen viele nach bezahlbaren Wohnmöglichkeiten und finden sie häufig nur durch Glück, familiäre Unterstützung oder große persönliche Opfer.
Während manche immerhin zeitweise von Wohnheimplätzen profitieren können, bewegen sich die meisten Studierenden im Spannungsfeld zwischen langem Pendeln, Überarbeitung und eingeschränkter Kapazität für das Studium selbst. Besonders internationale Studierende erleben zusätzliche Schwierigkeiten, da sie oft von weit weg aus nach Wohnungen und Zimmern suchen müssen und es darüber hinaus ohne lokale Netzwerke in Frankfurt noch schwerer haben, etwas Bezahlbares zu finden.
Die Erfahrungen der Studierenden machen deutlich: Wohnen ist für viele Studierende nicht nur eine Frage des Komforts, sondern kann auch ein großer Faktor im Hinblick auf ein erfolgreiches Studium sein. Ohne bezahlbare Wohnungen wird die Chancengleichheit auf erfolgreiche Bildung gefährdet. Damit ist die Wohnungssituation längst nicht mehr nur ein Randthema, sondern eine zentrale Herausforderung für die Studierenden in Frankfurt.
Kevin Knöss
»Der Schlüssel zum Erfolg – bezahlbar wohnen! « Wohnraumkampagne des Studierendenwerks Frankfurt am Main
Auf dem Portal www.wohnraum-gesucht.de können Vermieter*innen kostenlos und unkompliziert Angebote einstellen. Unterstützt wird die Initiative von den Hochschulen im Betreuungsbereich des Studierendenwerks, den ASten sowie den Städten Frankfurt am Main und Wiesbaden.











