In der öffentlichen Vorlesungsreihe: „NatureCultures of Milk – KulturNaturen der Milch“ beschäftigen sich Wissenschaftlerinnen aus unterschiedlichen feministischen Perspektiven mit der Thematik.
Was ist eine gute Milch? Darüber stritten schon die Ärzte in der Antike. Was denken wir heute über Milch? Wie bedroht die weltweite Milchkrise 2015 die Existenz von fast 90 Millionen Inderinnen? Milch ist ein Thema, das ganz unterschiedliche, akademische und nicht-akademische Debatten und Wissenspraktiken aufruft: medizinische, agropolitische und postkoloniale Diskurse ebenso wie Fragen zu Tierhaltung, Nachhaltigkeit, kultureller Repräsentation, Geschlechter- und Speziesgerechtigkeit. Die Vortragsreihe des Cornelia Goethe Centrums an der Goethe-Universität verfolgt Wissenspraktiken und Wirkungsketten rund um das Thema Milch aus unterschiedlichen transdisziplinären Perspektiven.
Ziel der AG Wissenspraktiken und Wirkungsketten, einer interdisziplinären Forscherinnengruppe innerhalb des Cornelia Goethe Centrums, ist es, einen Paradigmenwechsel einzuleiten – von einer auf den Menschen konzentrierten Sichtweise hin zu einer „Multispecies-Perspective“. Dabei sollen auch die jeweiligen und interaktiven Dynamik aller biologischen, sozio-technischen und kulturellen Prozesse berücksichtigt werden. So wollen die Wissenschaftlerinnen die gängige Grenzziehung zwischen „Natur“ und „Kultur“ transdisziplinär in Frage stellen. Die öffentlichen Vorträge finden jeweils mittwochs von 18 bis 20 Uhr c.t. im PEG-Gebäude, Raum 1.G191, statt.
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Die Vorträge im Überblick:
27. April // Deborah Valenze (Columbia University, New York): „Milk: A Lost Encounter with Population Pre-History”. Wie und was wir über Milch denken, beruht auf einer Vielzahl von tief verwurzelten Annahmen über Milchproduktion und Verzehr, deren Ursprung ins 18. Jahrhundert zurück reicht. Die Historikerin Deborah Valenze vom Barnard College der Columbia Universität wird in ihrem Vortrag anhand einer Begegnung des Bevölkerungstheoretikers Thomas Robert Malthus und norwegischen Rentierhirten Auffassungen zu Lebensmittelproduktion und Viehzucht am Ende des 18.Jahrhunderts beleuchten.
11. Mai // Sagari Ramdas (Secunderabad, Indien): „Resisting the Capitalist Global Patriarchal Agro-Industrial Dairy Systems: Women Leading the Challenge“. Die weltweite Milchkrise 2015, die einen massiven Rückgang der Preise für flüssige Milch und Magermilchpulver (SMP) auslöste, bedroht die Existenzgrundlage von 70 bis 90 Millionen Frauen in Indien. Sagari Ramdas, Veterinärwissenschaftlerin und Mitglied der indischen Food Sovereignty Alliance,beleuchtet in ihrem Vortrag u.a., wie sich Kleinbäuerinnen organisieren, um lokale Märkte zu erhalten und dabei gleichzeitig die Vorherrschaft sowohl von transnationalen Unternehmen aus dem Nahrungssektor als auch des sich zunehmend unternehmerisch verstehenden indischen Staates herausfordern.
25. Mai // Greta Gaard (University of Wisconsin-River Falls): „Critical Ecofeminism: On Milk Flora and Fauna“. Greta Gaard, Professorin für Anglistik und Koordinatorin der Fakultät für Nachhaltigkeit, wird in ihrem Vortrag Produktion, Verbrauch und den Prozess der Kommerzialisierung von Milch aus dem Blickwinkel unterschiedlicher Spezies und Standpunkte hinterfragen. Dabei greift sie auf ihre früheren Forschungsarbeiten zu feministisch postkolonialen Milch Studien zurück. Unsere kulturell geprägten Vorstellungen von Lebensmitteln formen sowohl menschliche Identität wie ökologische Beziehungen.
8. Juni // Barbara Orland (Universität Basel): „Fluide und Eigensinnig: Biomaterialien in den Material Culture Studies“. Stoffe und Dinge erleben seit geraumer Zeit eine Renaissance in den Kultur- und Sozialwissenschaften. Ausgehend vom Beispiel der Milch wird Barbara Orland, Privatdozentin für Wissenschaftsforschung/Wissenschaftsgeschichte, in ihrem Vortrag die Eigenheiten des Organischen analysieren und in Bezug auf den Gegenstandsbereich der Material Culture Studies erörtern.
22. Juni // Andrea Fink-Keßler (Kassel): „Gute Milch – schlechte Milch – gefährliche Milch: Streiten über Milchqualität(en) in Zeiten gesellschaftlichen Wandels“.Was eine gute Milch sei – darüber stritten schon die Ärzte der Antike. Am Beispiel des Stoffes „Milch“ wird die Agrarwissenschaftlerin Andrea Fink-Keßler, Leiterin des Büros für Agrar- und Regionalentwicklung in Kassel, die gesellschaftliche Bedingtheit des Qualitätsbegriffes aufzeigen sowie das Wechselspiel ökonomischer, wissenschaftlich-technischer, kultureller und rechtlicher Einflussfaktoren auf den Stoff „Milch“.
6. Juli // Susanne Bauer (University of Oslo), Birgit Blättel-Mink (Goethe-Universität), Diana Hummel (Institut für sozial-ökologische Forschung, Frankfurt), Verena Kuni (Goethe-Universität), Susanne Lettow (Freie Universität Berlin), Christine Löw (Hochschule Rhein-Waal), Susanne Opfermann (Goethe-Universität): „Milch, Macht und eine ‚Multispecies Perspective‘: Roundtable der AG Wissenspraktiken und Wirkungsketten. Transdisziplinäre Perspektiven auf NaturKulturen“. Die AG Wissenspraktiken und Wirkungsketten hat die Vortragsreihe konzipiert, um am Beispiel „Milch“ Facetten einer feministischen „Multispecies Perspective“ auf Natur-Kultur-Prozesse auszuloten. In der Roundtable Diskussion sollen die Erkenntnisse der Vortragsreihe zusammenfassend ausgewertet werden.
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Informationen: Prof. Dr. Susanne Opfermann, Institut für England- & Amerikastudien, Campus Westend, Tel. 069/798-32362, opfermann@em.uni-frankfurt.de; Anna Krämer, Cornelia Goethe Centrums, Campus Westend, Tel. 069/798-35100, a.kraemer@em.uni-frankfurt.de; www.cgc.uni-frankfurt.de/