Nachbericht zur Tagung „Ethnologie der Stadt – Methodik, Materialität, Theorie“

Foto: Christoph Brumann

Mit Unterstützung der Freunde und Förderer der Goethe-Universität traf sich die Arbeitsgruppe Stadtethnologie innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Sozial- und Kulturanthropologie (DGSKA e.V.) auf Initiative der AG-Sprecherinnen Susanne Fehlings und Bärbel Högner (Institut für Ethnologie) erstmals am 21. und 22. Juni 2018 in Frankfurt. Angesichts zunehmender weltweiter Verstädterung kommt der Erforschung des städtischen Raums mehr und mehr Bedeutung zu.

Der Topos ist in zahlreichen Disziplinen verankert – darunter Geografie, Stadtplanung, Soziologie und Kulturwissenschaft. Ethnologische Methoden vermögen einen spezifischen Blick auf urbane Konstellationen und Sozialgefüge zu öffnen, jedoch ist die Subdisziplin der „Stadtethnologie“ trotz der Brisanz der Thematik in der deutschen Forschungslandschaft wenig institutionalisiert. Daher gründete sich im Oktober 2017 die AG Stadtethnologie innerhalb der DGSKA e.V. während der im zweijährigen Rhythmus stattfindenden Konferenz.

Kyoto: Veränderungen des Stadtbildes

Stadtforschende Ethnologinnen und Ethnologen aus Deutschland, Belgien und der Schweiz reisten zur Tagung an, um dem Handlungsbedarf hinsichtlich Austausch, Vernetzung und insbesondere Positionierung nachzukommen, gilt es doch explizit ethnografische Forschungsansätze und ethnologische Theorien in der Öffentlichkeit deutlicher zu vertreten und zu propagieren. Diesen Zielen verpflichtet, startete die Veranstaltung im Juni mit einer Keynote Lecture von Prof. Dr. Christoph Brumann im Weltkulturen Museum.

In seinem Vortrag skizzierte der am Max Planck Institut für Ethnologische Forschung in Halle tätige Ethnologe zunächst seine langjährigen Feldforschungen in Kyoto. Sodann zeichnete er nach, wie sich das Stadtbild von einer standardisierten Moderne hin zur Betonung Kyotoer Besonderheiten und der Verwurzelung in der Vergangenheit entwickelte. Die gut besuchte Veranstaltung, welche mit Plakaten und Flyern stadtweit beworben wurde, zeugte insbesondere durch die sich anknüpfende intensive Fragen- und Diskussionsrunde vom über akademische Kreise hinausreichenden Interesse an stadtethnologischen Forschungsansätzen, Methoden und Ergebnissen.

Migration, Ökonomie, Infrastruktur und öffentlicher Raum

Am nächsten Tag kamen die Mitglieder der AG sowie mehrere Gasthörende zum eigentlichen Workshop in den Räumen des Instituts für Ethnologie an der Goethe-Universität zusammen. Das mit acht Vorträgen dichte Programm widmete sich zwei thematischen Blöcken, die sich bei der Firmierung der AG als besonders relevant erwiesen hatten: „Methoden der Stadtethnologie“ und „Materialität der Stadt“.

Hervorzuheben sind zwei Aspekte, die das Treffen auszeichneten: zum einen die Vielfalt der Beiträge, zum anderen die Diskussionsform. So behandelten die vorgestellten Stadtforschungen eine regionale Bandbreite, welche – ausgehend von Japan während der Keynote Lecture – in städtische Räume Brasiliens und des Kaukasus sowie nach Köln, Hamburg, Heidelberg und Berlin führte. Dabei wurden Fragestellungen zu Migration, Ökonomie, Infrastruktur und öffentlichem Raum tangiert. Da die Materialität von Städten in ethnografischen Stadtforschungen generell bislang wenig Aufmerksamkeit erfährt, widmeten sich mehrere Vorträge der Frage nach der Bedeutung der gebauten Umwelt als Artefakte: Wie lassen sich Architekturen mittels ethnologischer Perspektiven erfassen und interpretieren?

Kontroversen

Das übergeordnete Thema „Stadt“ sowie die spezifisch ethnografischen Forschungsmethoden bündelten die Heterogenität der Beiträge. Hierbei führte gerade letztere Gemeinsamkeit aller Teilnehmenden zu Kontroversen: Inwieweit dürfen oder sollten die klassischen Methoden der Ethnologie, zu welchen Survey, Langzeitforschung, teilnehmende Beobachtung und Interviews zählen, durch neuere Ansätze wie „Walking-along“ und Transsekt ersetzt werden?
Insgesamt war die Atmosphäre während des Treffens von Aufmerksamkeit, Empathie und Konzentration gekennzeichnet.

Im Vorfeld hatten die AG-Sprecherinnen einen Austausch im Sinne von „friendly peer reviews“ angeregt. Tatsächlich wurden sämtliche Beiträge – ob von Nachwuchs- oder etablierten Wissenschaftlern – auf Augenhöhe und in produktiver Art und Weise besprochen. Die Veranstaltung endete mit einem Ausblick auf die kommenden Herausforderungen der AG Stadtethnologie. Eine erste Aufgabe wurde mittlerweile erledigt: Höchst motiviert von der konstruktiven Tagung an der Goethe-Universität gingen mehrere Referenten und Referentinnen gemeinsam die Planung eines Panel zur Stadtethnologie für die kommende DGSKA-Konferenz in Konstanz 2019 an.

[Autorinnen: Susanne Fehlings und Bärbel Högner
(Institut für Ethnologie, Sprecherinnen der AG Stadtethnologie)]

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Die Tagung „Ethnologie der Stadt – Methodik, Materialität, Theorie“ wurde gefördert von den Freunden und Förderern der Goethe-Universität e.V., DGSKA e.V. sowie dem Weltkulturen Museum.

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