Ringvorlesung befasst sich mit Geschichte und Folgen der Missionstätigkeit europäischer Christen

Unter dem Titel „Erblast ‚Mission‘? Interdisziplinäre Perspektiven auf gegenwärtige Herausforderungen“ befasst sich eine Ringvorlesung an der Goethe-Universität mit der Geschichte und den Folgen der Missionstätigkeit europäischer Christen in fernen Ländern. Den Auftakt macht am Dienstag, 20. Oktober, 18 Uhr c.t. im Hörsaal 3 im Hörsaalzentrum (Campus Westend) Prof. Dr. Thomas Söding von der Ruhr-Universität Bochum. Der Neutestamentler spricht über das Thema „Mitgift Mission. Die Dynamik des Anfangs und die Dialektik der Glaubenskommunikation“.

Mission war in allen Epochen der Christentumsgeschichte ein zentraler Auftrag, der mit den neutestamentlichen Schriften legitimiert wurde: „Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung!“ heißt es im Markus-Evangelium (Mk 16,15). Zahlreiche religiöse Gemeinschaften und Orden verschrieben sich ganz der Missionstätigkeit in fernen Ländern. Jedoch weist die Geschichte der Mission zahlreiche Veränderungen und Missbräuche auf, die nicht selten zu Deformationen der christlichen Glaubensverkündigung führten: Aus der Frohbotschaft wurde eine Drohbotschaft; die Freiheit eines Christenmenschen wurde durch Zwang eingeschränkt; anstatt der Nächstenliebe herrschte nicht selten das Gebot der Intoleranz und Macht. Die Verwobenheit von Politik, wirtschaftlichen Interessen und missionarischem Tun verkehrten die Botschaft des Evangeliums häufig zu deren Gegenteil.

Mit Blick auf diese ambivalente Geschichte stellt sich die Frage, ob die Mission der Kirchen und damit vor allem das Wirken der Missionsorden und -gemeinschaften nicht eine Erblast für die eigentliche Botschaft des Christentums im 21. Jahrhundert darstellt, von der man sich notwendigerweise befreien muss. Renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Geschichts- und Rechtswissenschaft, Soziologie, Kulturanthropologie und Theologie gehen diesen Fragen in einer Ringvorlesung im Wintersemester 2020/2021 an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main nach. In ihren Vorträgen hinterfragen sie diese These, suchen nach Beispielen für diese „Erblast“, erläutern deren Schwere und benennen die Herausforderungen für Wissenschaft, Gesellschaft und Kirche in Gegenwart und Zukunft.

Wer nicht persönlich auf dem Campus anwesend sein kann oder will, kann die Ringvorlesung auch über Youtube-Kanal des Fachbereichs 07 live verfolgen oder als Aufzeichnung nachschauen.

Im Sommer werden die Vorträge in der Reihe „Klosterwelten. Religiöses Leben seit der Frühen Neuzeit“ im Aschendorff Verlag publiziert.

Die Termine

20. Oktober 2020
Prof. Dr. Thomas Söding, Bochum
Mitgift Mission. Die Dynamik des Anfangs und die Dialektik der Glaubenskommunikation

03. November 2020
Prof.’in Dr. Manuela Boatca, Freiburg
Barbaren ohne Glauben und Völker ohne Religion: Die Konstruktion religiöser Andersheiten zwischen Kolonialität und Imperialität

17. November 2020
Prof. Dr. Michael Droege, Tübingen
Mission und die Religionsverfassung der Deutschen Kolonien

01. Dezember 2020
Prof. Dr. Dr. Wolfgang Reinhard, Freiburg
Mission im Wandel

15. Dezember 2020
Prof.’in Dr. Simone Rappel, München
„Es ist vorteilhaft für sie, unterworfen zu werden.“
Friedensethische Herausforderungen nach der Kolonialzeit

12. Januar 2021
Prof.’in Dr. Karoline Noack, Bonn
Alles kolonial? Ethnologische Provenienzforschung in Sammlungen aus Lateinamerika in Museen und universitären Sammlungen

26. Januar 2021
PD Dr. Richard Hölzl, Göttingen
Propaganda und Wahrheit“ – oder: wie missionarische Medienarbeit die europäische Sicht auf die Welt geformt und verformt hat

09. Februar 2021
Prof.’in Dr. Margit Eckholt, Osnabrück
Von „Kontaktzonen“ und „dritten Räumen“: Mission in befreiungstheologischen und dekolonialen Perspektiven neu denken

Alle Vorträge finden um 18 Uhr c.t. in Hörsaal 3 im Hörsaalzentrum am Campus Westend statt.

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