Eröffnung der Ausstellung „We are happy to see these things“ und Vorstellung des Projektes „Open Africoll GU“ am 27. April 2023
Die Diskussion um den Umgang mit wissenschaftlichen Sammlungen aus kolonialen Kontexten ist spätestens mit der Planung und Eröffnung des Humboldt-Forums in Berlin auch in Deutschland angekommen. Der starke Fokus auf die Museen lässt vergessen, dass auch universitäre Sammlungen Objekte aus aller Welt beherbergen. In der von Bund und Ländern beschlossenen Drei-Wege-Strategie zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten stehen Transparenz und ein gleichberechtigter Dialog an erster Stelle. An der Goethe-Universität versuchen mehrere Projekte, dieser Verantwortung mit unterschiedlicher Akzentsetzung gerecht zu werden. Zwei vom Zentrum für interdisziplinäre Afrikaforschung (ZIAF) geförderte Projekte werden am 27. April 2023 im Rahmen einer Ausstellungseröffnung im Schopenhauer-Studio der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg vorgestellt.
Ausstellungseröffnung
„We are happy to see these things“
27. April 2023, Beginn 18:00 Uhr
Universitätsbibliothek / Zentralbibliothek – Schopenhauer-Studio –
Bockenheimer Landstraße 134-138, 60325 Frankfurt am Main
Vortrag: Dr. Gertrud Boden
Projektvorstellung: Dr. Judith Blume und Sebastian Burger
Laufzeit der Ausstellung: 28. April bis 14. Mai 2023.
Veranstalter: Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Oswin-Köhler-Archiv, Institut für Afrikanistik
https://www.ub.uni-frankfurt.de/ausstellung/khwe.html
„We are happy to see these things” – Kollaborationen des Oswin-Köhler-Archivs mit Khwe aus Namibia
Das Oswin-Köhler-Archiv am Institut für Afrikanistik der Goethe-Universität bewahrt und erschließt wissenschaftliche Nachlässe auf dem Gebiet der Afrikanistik. Einen großen Teil des Bestandes machen die Forschungsmaterialien des Afrikanisten Oswin Köhler zu den Khwe aus, die dieser zwischen 1959 und 1992 im heutigen Namibia zusammengetragen hat. Köhlers Ziel war eine möglichst allumfassende Dokumentation der Khwe-Kultur, die er vom Aussterben bedroht sah. Er nahm tausende Texte für eine originalsprachliche Enzyklopädie in Buchform auf ebenso wie Filme, Fotos und Audiodateien. Außerdem sammelte er ethnographische Objekte, Pflanzenpräparate und Zeichnungen. Mehrfach reiste die Anthropologin Gertrud Boden seit 2015 nach Namibia, um Köhlers Materialen mit Angehörigen der Herkunftsgemeinschaft zu bearbeiten und zu reflektieren.
Dank der Förderung durch das ZIAF und die UBUNTU Stiftung war es möglich, im Herbst 2019 Thaddeus Chedau und Sonner Geria, zwei Vertreter der Khwe, für drei Wochen nach Frankfurt einzuladen und gemeinsam mit ihnen den historischen Objektbestand des Archivs zu bearbeiten. Ein Ergebnis dieses Besuchs war eine in Kooperation mit der Sammlungskoordinatorin Judith Blume erarbeitete Ausstellung auf den Gängen des Instituts für Afrikanistik. Die kommentierten Objektarrangements verwandelte Gertrud Boden in eine Wanderausstellung, die Ende 2022 in unterschiedlichen Dörfern der Khwe präsentiert und diskutiert wurde: Welche Objekte repräsentieren die „wahre“ Khwe-Kultur? Wie soll mit Objekten umgegangen werden, die erst in jüngerer Vergangenheit verbreitet waren? Und wieso fehlen einige zentrale Objekte in Köhlers Sammlung? „Das Interesse von jungen und älteren Khwe an der Ausstellung und die Diskussionen haben mir noch einmal deutlich gemacht, welchen Stellenwert Köhlers Dokumentation für das kulturelle Selbstverständnis der Khwe hat“, sagt Gertrud Boden.
Die Zusammenarbeit wird fortgeführt: Ein DFG-gefördertes Projekt mit dem Titel „Potenziale einer Sammlung. Spuren lesen, Beziehungen wahrnehmen und Miteinander teilen“ läuft noch bis nächstes Jahr. Schon im August 2023 ist ein weiterer Besuch von Khwe in Frankfurt geplant. Trotzdem ist Zeit für ein Innehalten. Was waren die Herausforderungen, welche Ergebnisse konnten erzielt werden und welche Ziele gilt es noch zu erreichen? Eine Ausstellung mit dem Titel „We are happy to see these things“, die mit einem Vortrag von Gertrud Boden am 27.4.2023 um 18 Uhr eröffnet wird, gibt Einblicke in die bisherigen Kollaborationen und die noch offenen Fragen.
Open Africoll
Doch wie können afrikanische Wissenschaftler*innen und Herkunftsgemeinschaften überhaupt herausfinden, welche Objekte in Sammlungen in Europa liegen? Um dem Anspruch der Transparenz einen Schritt näher zu kommen, führte die Sammlungskoordination der Goethe-Universität das ebenfalls vom ZIAF geförderte Projekt „Open Africoll. Sammlungsgut aus Afrika in den Sammlungen der Goethe-Universität“ durch. Ziel war es, sämtliche Objektkonvolute, die vom afrikanischen Kontinent stammen oder diesen abbilden und sich heute an der Goethe-Universität befinden, an einer Stelle virtuell zusammenzuführen und sichtbar zu machen. Dezidiert ging es nicht nur um Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten. „Auch wenn Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten einer besonderen Bearbeitung bedarf, sind wir der Überzeugung, dass auch alles andere Sammlungsgut so zugänglich wie möglich gemacht werden sollte“, erläutert Judith Blume.
Das Ergebnis des halbjährigen Projektes ist eine Website: www.open-africoll-gu.de. Hier werden nicht nur die einzelnen Sammlungen vorgestellt, sondern die Konvolute auch so präsentiert, dass eine Suche nach Regionen, Personen, Objektgattungen usw. möglich ist. „Wir sind hier nur einen ersten Schritt gegangen“, hält Projektmitarbeiter Sebastian Burger fest. „Wir hoffen, dass auf dieser Basis nun viele weitere Projekte entstehen können.“