Wer Frau Quandt persönlich kannte, war beeindruckt von ihrer Persönlichkeit, der Zuneigung, mit der sie sich ihren Mitmenschen widmete, und der Wärme, die sie stets ausstrahlte. Nicht minder beeindruckend war das nachhaltige Interesse, mit dem sie sich scheinbar fernliegenden Themen widmete, ihre unbändige Neugierde, die sie durch hartnäckiges Nachfragen unterstrich, die Gründlichkeit, mit der sie Probleme durchdachte, aber auch ihre Entschlossenheit, einmal gefasste Entschlüsse notfalls auch gegen Widerstände durchzusetzen.
Die Gespräche mit ihr waren stets offen und erfrischend, oftmals gespickt mit feinem Humor, begleitet von einem fragenden Lächeln oder einem befreienden Lachen. Dabei wirkte sie stets authentisch und beschei- den, sie mied das grelle Licht der Öffentlichkeit und war doch immer äußerst präsent in persönlichen Gesprächen. Sie fühlte sich der Goethe-Universität verbunden – das haben nicht nur die PräsidentInnen und VizepräsidentInnen gespürt, die unmittelbar mit ihr zu tun hatten, sondern auch die Professoren und Professorinnen und nicht zuletzt die Studierenden, die sie generös mit Deutschland-Stipendien unterstützt hat. Wir alle werden Frau Quandt vermissen!
Johanna Maria Quandt erblickte als Tochter des Kunsthistorikers Dr. Wolfgang Bruhn und seiner Frau Marianne am 21. Juni 1926 in Berlin das Licht der Welt. Ihr Großvater mütterlicherseits war der Ernährungsphysiologe Prof. Max Rubner, der Nachfolger von Robert Koch auf dem Lehrstuhl für Hygiene an der damaligen Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin. Durch die Tradition ihres Elternhauses geprägt begann Frau Quandt noch während des 2. Weltkriegs mit einer Ausbildung zur medizinisch-technischen Assistentin an der Charité und arbeitete für einige Zeit als Krankenpflegerin im Lazarettdienst.
Nach dem Krieg war Frau Quandt für ein Jahr als Au-pair in den Vereinigten Staaten tätig, bevor sie eine Stelle in der Frankfurter Hauptverwaltung der AFA AG antrat, wo sie ihren späteren Ehemann, Dr. Herbert Quandt, kennenlernte. Nach seinem Tod im Jahre 1982 übernahm sie Mandate u.a. in den Aufsichtsräten der BMW AG und der Altana AG, die sie bis 1997 ausübte und dann an ihre Kinder Susanne Klatten und Stefan Quandt übergab. Bis zuletzt verfolgte sie mit großem Interesse die Entwicklung dieser Unternehmen im Beteiligungskreis der Familie.
Ihr reges Interesse galt aber auch dem gemeinnützigen Engagement. Dabei fühlte sie sich der Berliner Charité, die sie mit einer eigenen Stiftung unterstützte, sowie der Goethe-Universität in besonderer Weise verbunden. So richtete sie im Jahre 2009 die Johanna-Quandt-Universitäts-Stiftung ein, deren Erträge der Goethe-Universität zugutekommen. Ihr besonderes Augenmerk galt der Frankfurter Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, die sie beim Neubau des Stammzelltransplantationszentrums zur Behandlung krebskranker Kinder, bei der Anschaffung eines MRT-Geräts sowie bei der Förderung von Facharztstellen mit Spenden von insgesamt mehr als 10 Mio. Euro unterstützte. Hinzu kam die großzügige Unterstützung des Frankfurt Institute for Advanced Study (FIAS), in dem sie eine Stiftungsprofessur für Neuroinformatik mit mehr als 3 Mio. Euro ausstattete.
Der augenfälligste Beweis ihres Mäzenatentums ist die Plastik „Body of Knowledge“ des spanischen Künstlers Jaume Plensa, die seit 2011 auf dem jetzigen Adorno-Platz im Herzen des Campus Westend steht und mittlerweile als meistfotografiertes Objekt zu dem Markenzeichen der Goethe-Universität avanciert ist. Unvergessen ist auch ihr Engagement zur Hundertjahrfeier der Universität, für den sie im Jahre 2014 den mit 20 Millionen Euro ausgestatten Johanna-Quandt-Jubiläumsfonds zugunsten der Goethe-Universität einrichtete. In Anerkennung ihrer Verdienste um die Frankfurter Universität hat die Goethe-Universität sie im Jahre 2006 zu ihrer Ehrensenatorin ernannt und ihr im Jahre 2014 die Ehrenplakette als höchste Auszeichnung des Fachbereichs Medizin verliehen.
Die Goethe-Universität dankt Johanna Quandt für ihre Zuneigung und Unterstützung. Wir werden ihr stets ein ehrendes Andenken bewahren.[dt_call_to_action content_size=“small“ background=“plain“ line=“true“ style=“1″ animation=“fadeIn“]
Autoren: Werner Müller-Esterl und Birgitta Wolff
Dieser Artikel ist in der UniReport-Ausgabe 5-2015 erschienen (PDF-Download).[/dt_call_to_action]