Rätsel um Krebswirkstoff Nelarabin zur Behandlung von Leukämie gelöst

Die akute lymphatische Leukämie (ALL) ist die häufigste Krebserkrankung bei Kindern. Mit dem Wirkstoff Nelarabin ist T-ALL, eine Unterform, die T-Lymphozyten ähnelt, gut behandelbar. Nicht jedoch die B-ALL, eine Unterform, die B-Lymphozyten ähnelt. Die Ursache für diesen Unterschied war seit den 1980er Jahren für Onkologen ein Rätsel. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Goethe-Universität und der University of Kent hat jetzt den Grund dafür gefunden: B-ALL-Zellen enthalten das Enzym SAMHD1, das den Wirkstoff inaktiviert.

In der aktuellen Ausgabe von „Communications Biology“ berichten Prof. Jindrich Cinatl vom Institut für Medizinische Virologie der Goethe-Universität und Prof. Martin Michaelis von der School of Biosciences an der University of Kent über ihre Untersuchungen mit Neralabin an verschiedenen Zelllinien. „Nelarabin ist eine Vorstufe des Wirkstoffs, ein Prodrug, das erst wirksam wird, wenn es in der Leukämie-Zelle mit drei Phosphatgruppen verknüpft wird“, erklärt Prof. Cinatl. „In Untersuchungen verschiedener ALL-Zelllinien und Leukämiezellen von ALL Patienten konnten wir nun zeigen, dass das Enzym SAMHD1 die Phosphatgruppen wieder abspaltet, sodass das Medikament seine Wirkung verliert.“ Weil B-ALL-Zellen mehr SAMHD1 enthalten als T-ALL-Zellen, ist Nelarabin bei der B- ALL weniger wirksam.

Diese Ergebnisse können die Therapie der ALL künftig verbessern. Denn in seltenen Fällen enthalten B-ALL-Zellen nur wenig SAMHD1, sodass hier Nelarabin zum Einsatz kommen könnte. Umgekehrt gibt es auch seltene Fälle von T-ALL, die viel SAMHD1 aufweisen. Dann wäre das sonst wirksame Nelarabin nicht das geeignete Medikament. Dazu Prof. Michaelis: „SAMHD1 ist demnach ein Biomarker, der es uns erlaubt, die Behandlung mit Nelarabin besser an die individuelle Situation des ALL-Patienten anzupassen.“

Tamara Rothenburger, deren Doktorarbeit durch den Verein „Hilfe für krebskranke Kinder Frankfurt Frankfurt e.V.“ gefördert wurde, blickt zufrieden auf ihre Forschung zurück: „Ich hoffe, dass viele Leukämie-kranke Kinder von den Ergebnissen profitieren werden.“ Die Forschung wurde außerdem von der Frankfurter Stiftung für krebskranke Kinder unterstützt. Weitere Mitglieder der Forschungsgruppe waren die Ludwig-Maximilians-Universität München und das University College London.

Publikation: Tamara Rothenburger, Katie-May McLaughlin, Tobias Herold, Constanze Schneider, Thomas Oellerich, Florian Rothweiler, Andrew Feber, Tim R. Fenton, Mark N. Wass, Oliver T. Keppler, Martin Michaelis, Jindrich Cinatl . SAMHD1 is a key regulator of the lineage-specific response of acute lymphoblastic leukaemias to nelarabine. Communications Biology, DOI 10.1038/s42003-020-1052-8, https://rdcu.be/b49lf

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