Der Arzneipflanzengarten der Goethe-Universität ist durch Pflanzenpatenschaften groß geworden. Nun zieht der Wissenschaftsgarten nach und bietet zukünftig ebenfalls Patenschaften an. Am 17. April wurde ein Anfang gemacht: Anlässlich des „One million Trees“-Aktionstags wurden neun gespendete Apfelbäume gepflanzt.
Wer mit Robert Anton, dem Technischen Leiter des Wissenschaftsgartens, zu tun hat, bleibt hochgestimmt zurück: Denn selten ist derart Erfreuliches über die Gattung Mensch zu erfahren wie etwa in Bezug auf alte Streuobstwiesen. Streuobstwiesen sind alte Kulturlandschaften, erklärt Anton, also „rein menschlich gemacht“. Wo Streuobstbäume wachsen, führt er weiter aus, entsteht oft auch eine Glatthaferwiese. Und wo es Glatthaferwiesen gibt, findet die Pflanzen- und Insektenwelt „fantastische Umweltbedingungen“ vor. Antons Fazit: „Nicht alles, was der Mensch macht, ist schlecht.“
Doch nicht alles, was der Leiter des Wissenschaftsgartens erzählt, stimmt auch zuversichtlich: Vielen alten Streuobstwiesen wie etwa in den umliegenden Mittelgebirgen, erklärt Anton, fehle die Pflege und das Nachpflanzen junger Bäume. Sie verwilderten, würden von Brombeeren überwuchert und von Misteln befallen und verwaldeten. Und Wald, kommentiert Anton, sei keineswegs immer so biodivers wie eine Kulturlandschaft.
Vermutlich vor 80 Jahren wurde die Streuobstwiese im Wissenschaftsgarten auf dem Riedberg gepflanzt – in einem vor allem aus der Vogelperspektive zu erkennenden, zwölf bis 14 Meter breiten Raster. Als verholzende Rosengewächse handelt es sich inzwischen um sterbende Apfelbäume, die aber noch etwa 70 Vogelarten und Tausenden von Insekten als Behausung dienen. Dank der Initiative der ansässigen Rotary-Clubs zum One Million Tree-Tag haben nun neun der uralten Apfelbäume einen jugendlichen Nachfolger dicht an die Seite bekommen, wodurch das Muster der Streuobstwiese weitestgehend erhalten bleibt. Symbolisch und pandemiegerecht wurden die Bäume am 17. April in Anwesenheit von Robert Anton, Apl.-Prof. Dr. Axel Helmstädter in Vertretung von acht Rotary-Clubs in Frankfurt und Umgebung und Dr. Ilse Zündorf vom Institut für Pharmazeutische Biologie gepflanzt.
Die neun Bäume, oder genauer: neun verschiedene alte Apfelsorten, hatte der Leiter des Wissenschaftsgartens vorab gemeinsam mit einer auf alte Kulturpflanzen spezialisierten Baumschule ausgewählt. 10.000 bis 20.000 Apfelsorten sind weltweit bekannt, 1500 bis 2000 sind es hierzulande, und nur ein paar Dutzend Apfelsorten liegen deutschlandweit zum Verkauf aus. „Indem wir diese alten Kulturlandschaften nachpflanzen und pflegen, schützen wir nicht nur vom Aussterben bedrohte Apfelsorten, sondern wir erhalten und verbessern auch die Biodiversität von Pflanzen und Tieren hier vor Ort“, sagt Anton – nicht ohne gleich noch auf den ästhetischen Mehrwert der alten Sorten hinzuweisen: Statt in Weiß leuchteten die alten Streuobstwiesen nämlich „sehr schön“ rosafarben.
Auf der Streuobstwiese auf dem Riedberg findet dank der Baumspende nun ein kontinuierlicher Generationswechsel statt: Während die bald abgestorbenen Bäume noch einige Jahre von zahlreichen Insekten- und Vogelarten bewohnt werden, werden die jungen Apfelbäume in unmittelbarer Nähe der alten Bäume Fuß fassen. In fünf bis sechs Jahren räumen die alten Bäume ihren Platz, und die jungen Bäume tragen erste Äpfel.
Gern würde Robert Anton mit seinem Team weitere solch gelungene Kooperationen von Pflanze, Tier und Mensch begleiten – zumal wesentliche Teile des 120.000 Euro-teuren Arzneipflanzengartens als Teil des Wissenschaftsgartens bereits durch Patenschaften entstanden sind. Mehr als 10.000 Pflanzen aus 2000 Arten aus aller Welt gedeihen derzeit im Wissenschaftsgarten, der 2014 auf dem Riedberg angelegt wurde. In Kürze soll eine Liste für weitere Pflanzenpatenschaften vorliegen, so der Leiter der Grünanlagen. „Wenn Sie zum Beispiel die Baumpatenschaft für eine Flaumeiche übernehmen wollten…“ Kein Zweifel, es wurde Zeit!