Sie gilt als die verheißungsvollste Entwicklung seit Erfindung des Internets: die Blockchain. Dabei handelt es sich um eine besondere Distributed Ledger-Technologie. Mit Hilfe einer Blockchain können Menschen und Maschinen über das World Wide Web digitale Werte in Echtzeit übertragen. Dies kann Kunstgeld wie zum Beispiel Bitcoin sein, oder verbrieftes Recht wie Aktien, Anleihen, Versicherungsverträge oder Grundbucheintragungen. In der soeben erschienenen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Forschung Frankfurt“ hat der freie Wirtschafts- und Finanzjournalist Stefan Terliesner geschaut, welche Wissenschaftler sich an der Goethe-Universität mit dem Thema Blockchain, was nichts anders heiß als „Kette aus Blöcken“, beschäftigen. Fündig geworden ist er gleich mehrmals.
Eine Blockchain kann man sich als unveränderbare Liste von Transaktionen in einer Tabelle vorstellen, in die neue Daten stets am Ende hinzugefügt werden, zusätzlich versehen mit einem Zeitstempel und einer Prüfsumme. Das Ganze wird in einem Block zusammengefasst und im Konsensverfahren auf Richtigkeit überprüft. Über die Prüfsumme werden die einzelnen Blöcke chronologisch miteinander verknüpft. Eine Blockchain gilt als sehr fälschungssicher.
An der Goethe-Universität beleuchtet der Wirtschaftswissenschaftler Florian Glaser, der am E-Finance Lab im Team von Prof. Peter Gomber arbeitet, mögliche Anwendungen. Seinen Ausführungen zufolge programmiert er derzeit zum Beispiel „an einem Prototypen einer Handelsplattform, die neuartige Blockchain-Technologien kombiniert, um den Handel zu beschleunigen“. Prof. Volker Brühl wiederum interessiert sich stark für die Auswirkungen der Distributed Leger-Technologie auf Banken. Und der Rechtswissenschaftler Prof. Helmut Siekmann vom Institute for Monetary and Financial Stability weist auf grundlegende Fragen hin, die beantwortet werden müssten, bevor selbstausführende digitale Verträge auf Basis eines verteilten Datenregister – sogenannte Smart Contracts – alltagstauglich werden. „Besondere Schwierigkeiten könnte der Gutglaubensschutz bereiten, der aus guten Gründen zum Beispiel für Grundbucheintragungen besteht, aber dem angelsächsischen Rechtsdenken fremd ist“, sagt der Jurist.
Prof. Andreas Hackethal vom House of Finance unterstützt unter anderem als Academic Director des Goethe-Unibators Studierende, Mitarbeiter und Alumni aller Fachbereich bei der Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in marktreife Produkte. Der Unibator hat zusammen mit dem Fachbereich Wirtschaftswissenschaften einen Fokus im Bereich FinTech aufgebaut. Dabei handelt es sich um Technologien, die Finanzdienstleistungen verändern. Nur ein Beispiel ist ein elektronisches Anwendungsprogramm („App“) für Smartphones, mit dem Bankkunden ihre Finanzen jederzeit im Blick haben und vielleicht sogar auch optimieren können. Ein neues Unternehmen, das mit solchen Produkt auf den Markt kommt, nennt man Fintech-Startup. Die Blockchain-Technologie kommt in diesem Umfeld bisher noch selten zum Einsatz.
Darüber hinaus beschäftigen sich am Finanzplatz Frankfurt vor allem Kreditinstitute intensiv mit der Distributed Ledger-Technologie. Erste Projekte wurden aufgelegt und Tests erfolgreich abgeschlossen. So hat beispielsweise die DZ-Bank-Tochter Reisebank innerhalb von Sekunden Geld von einem Konto hier nach Kanada transferiert – als Bargeld mit Währungsumrechnung direkt von einem Kreditinstitut zum anderen. Bisher benötigt so etwas mehrere Tage Zeit, weil eben nicht direkt Geld zwischen Banken transferiert wird, sondern über eine zwischengeschaltete Instanz eine Nachricht, die von den Beteiligten bearbeitet werden muss. Eben diese Direktheit bzw. Echtheit macht die Distributed Ledger-Technologie so interessant für Banken, Börsen, Versicherer und andere Sektoren wie Energie- und Immobilienwirtschaft. Einerseits könnten in gewissen Geschäftsbereichen ihre Vermittlerdienste überflüssig werden, andererseits locken branchenweit Effizienzgewinne in Milliarden-Euro-Höhe.
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Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ kann kostenlos bestellt werden: ott@pvw.uni-frankfurt.de. Im Internet steht sie unter: www.forschung-frankfurt.de.
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Quelle: Pressemitteilung vom 3. Juli 2017