Die im Dezember vereinbarte strategische Allianz der Rhein-Main-Universitäten (RMU) zeigt ihre ersten konkreten Ergebnisse. Am 20. Mai unterzeichnen die Universitäten Frankfurt und Mainz eine Vereinbarung zur Afrikanistik: Mit einem gemeinsamen attraktiven Lehrangebot kann ein Studiengang, bei dem afrikanische Sprachen im Mittelpunkt stehen, an beiden Orten ausgebaut werden. Gleichzeitig treffen sich am Freitag über 80 Wissenschaftler der drei Universitäten in Frankfurt, Mainz und Darmstadt auf dem Campus Westend, zusammen mit außeruniversitären Institutionen der Region, um unter dem Dach des Frankfurter Zentrums für interdisziplinäre Afrikaforschung (ZIAF) ihre zukünftigen Forschungsaktivitäten zu bündeln und über zukünftige gemeinsame Afrikaforschungen und ein interdisziplinäres Studienangebot „Afrikastudien“ zu beraten. Virtuell sind die ersten Aktivitäten bereits zusammengefasst – Ende April wurde eine gemeinsame Homepage freigeschaltet.
„Die Vereinbarung zur Afrikanistik in Lehre, Studium und Forschung steht beispielhaft für das Potenzial, das die Rhein-Main-Universitäten in der Kooperation entfalten können“, erklärt der Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Prof. Dr. Georg Krausch. „So werden die Studierenden dieses gemeinsamen Studiengangs künftig von dem umfassenden und vielfältigen Lehrangebot an der Goethe-Universität und der Johannes Gutenberg-Universität profitieren, das sie angesichts der räumlichen Nähe der Universitätscampi und der neuen digitalen Lehrangebote auch über die Ländergrenzen hinweg leicht wahrnehmen können.“
Afrikanistik als alleiniges Studienfach wird selten gewählt, aber viele der angehenden Ethnologen studieren afrikanische Sprachen im Nebenfach. Dazu die Präsidentin der Goethe-Universität, Prof. Dr. Birgitta Wolff: „Im Verbund können wir das Angebot in diesem kleinen, aber wichtigen Fach aufrechterhalten und vielleicht sogar erweitern – nicht nur sprachwissenschaftlich, sondern auch kulturwissenschaftlich.“[dt_gap height=“10″ /]
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Zwei Professuren, die beide neu zu besetzen sind, steuern Mainz und Frankfurt bei. Während an der Goethe-Universität die Integration in das breite Feld der empirischen Sprachwissenschaften eine wichtige Rolle spielen soll, wird die Johannes Gutenberg-Universität den Schwerpunkt in der Soziolinguistik legen, in der es um die soziale Funktion der Sprache in der Gesellschaft geht. Auf dem afrikanischen Kontinent gibt es mehr als 1.500 verschiedene Sprachen. In Frankfurt wie in Mainz werden überwiegend Sprachen aus dem westlichen und östlichen Afrika gelehrt, wie Bambara, Hausa, Fulfulde und Swahili; darüber hinaus wird aber auch zu vielen anderen afrikanischen Sprachen geforscht.
Auswirkungen des Artenrückgangs, Einfluss von Landnutzung und Klimawandel auf die Savannenvegetation, Strukturwandel und nachhaltige Versorgung afrikanischer Städte, Selbsthilfe gegen Armut, die NOK-Kultur in Nigeria, Märkte und Tauschsysteme, die Welt der Kxoè-Buschleute – das sind nur einige der Forschungsthemen, zu denen gegenwärtig am ZIAF geforscht wird. „Diese wenigen Beispiele lassen schon erkennen, wie interdisziplinär das Zentrum aufgestellt ist. Zu unserem Frankfurter Team von rund 80 Wissenschaftlern gehören Ethnologen, Archäologen, Botaniker, Geowissenschaftler, Anglisten, Politologen, Wirtschaftswissenschaftler, Humangeographen, aber auch einzelne Paläoanthropologen und Romanisten“, erläutert Dr. Stefan Schmid, seit 2003 Geschäftsführer des ZIAF. „Und diese breite Basis können wir nun noch ausbauen, wenn auch die Darmstädter und Mainzer Afrika-Spezialisten mitwirken.“
Auf dem Workshop am Freitag (20. Mai) diskutieren die Afrika-Spezialisten der drei Universitäten, welche Forschungsthemen sich eignen, um gemeinsame Anträge bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft, beim Bundesforschungsministerium oder anderen Drittmittelgebern zu stellen – das Zauberwort heißt „Verbundforschung“. „Als Dach für den regionalen Forschungsverbund haben unsere Mainzer Kollegen das ZIAF vorgeschlagen, weil hier bereits die Organisationsstrukturen vorhanden sind. Dass sie uns angesprochen haben, hat uns besonders gefreut“, so Schmid.[dt_gap height=“10″ /]
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Die Frankfurter und Mainzer forschen im westlichen, östlichen und südlichen Afrika. In einigen Ländern sind beide Universitäten aktiv, wie in Äthiopien, Benin, Kamerun, Nigeria, Tansania oder Südafrika. Frankfurt hat darüber hinaus noch langjährige Aktivitäten und Partnerstrukturen in Burkina Faso, Mali, Malawi und der Zentralafrikanischen Republik, Mainz hingegen in Gabun, Ghana, Niger, Rwanda und Tschad. In Mainz ist die Afrikaforschung wesentlich stärker konzentriert – und zwar am Institut für Ethnologie und Afrikastudien mit fünf Professuren. „Mit über 30 Mitarbeitern ist das Institut für Ethnologie und Afrikastudien der Gutenberg-Universität eines der größten universitären Afrikazentren im sozial- und kulturwissenschaftlichen Bereich in Deutschland“, erläutert Prof. Dr. Thomas Bierschenk, Dekan des Mainzer Fachbereichs für Geschichts- und Kulturwissenschaften, und selber ein renommierter Afrikawissenschaftler. „Darüber hinaus gibt es an der Mainzer Universität Afrika-Aktivitäten in verschiedenen Fächern: vor allem in der Anglistik, der physischen Anthropologie, der Archäologie, der Botanik, der Geographie und der Romanistik.“
„Wir forschen an der TU Darmstadt an vielen Themen, die interessante Bezüge zu Afrika aufweisen und hohe Relevanz für aktuelle Entwicklungsprobleme dieses vielfältigen Kontinents haben – in den Ingenieurwissenschaften und darüber hinaus“, sagt Prof. Dr. Hans Jürgen Prömel, Präsident der TU Darmstadt. „Wir bringen diese Forschungsexpertise gerne in fächerübergreifende Kooperationen mit den Universitäten Frankfurt und Mainz mit dem Fokus Afrika ein.“ Prömel verwies auf das an der TU Darmstadt verankerte Promotionskolleg „Strukturwandel und nachhaltige Versorgung afrikanischer Städte“, in dem Wissenschaftler der TU Darmstadt und der Goethe-Universität bereits gemeinsam die Ursachen und Auswirkungen des rasanten Wandels von Megastädten erforschen.
Auf der neuen gemeinsamen Homepage finden sich neben Informationen zu Studiengängen und Forschungsprojekten auch Zugänge zu den besonderen Schmuckstücken der Afrikaforschung in den Sammlungen: An der Johannes Gutenberg-Universität sind dies das Archiv für Musik Afrikas, die Jahn-Bibliothek für Afrikanische Literaturen und die Ethnografische Studiensammlung, an der Goethe-Universität die Archive des Frobenius-Instituts, der Bildbestand der Deutschen Kolonialgesellschaft in der Universitätsbibliothek sowie bei Senckenberg das Humanethologisches Filmarchiv und das Westafrika-Herbar.
Quelle: Pressemitteilung der Rhein-Main-Universitäten vom 18. Mai 2016