Antivirale Wirkstoffe, die an der Struktur des Viren-Erbguts ansetzen, entwickelt das Team „RNA-DRUGS“ der Goethe-Universität Frankfurt, der Philipps-Universität Marburg und der LMU München zusammen mit Industriepartnern. Unterstützt durch die Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) konnte das Team im vergangenen Jahr ein Testsystem für antivirale Moleküle aufbauen und so mehrere Wirkstoffkandidaten identifizieren. Damit konnte sich RNA-DRUGS ebenso wie fünf andere Teams im kompetitiven SPRIND-Verfahren ein weiteres Jahr für die Förderung qualifizieren und erhält jetzt 1,4 Millionen Euro aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz.
Eine mögliche Achillesferse des SARS-CoV-2-Virus ist die dreidimensionale Struktur seines RNA-Erbguts. Diese RNA beinhaltet nicht nur die Baupläne für die Virusproteine, sondern koordiniert über so genannte nicht-codierende Bereiche den Lebenszyklus des Virus und damit letztlich die Reifung neuer Viruspartikel in der menschlichen Wirtszelle. Wie diese dreidimensionalen Steuerungsstrukturen aussehen, hatte bereits das COVID-19-NMR-Korsortium um Prof. Harald Schwalbe von der Goethe-Universität Frankfurt herausgefunden, ein internationaler Forschungsverbund zur Strukturaufklärung von SARS-CoV-2-Proteinen und -RNA.
Das Team RNA-DRUGS nutzt jetzt diese Erkenntnisse zur Identifikation niedermolekularer Hemmstoffe, die durch Bindung an die virale RNA die SARS-CoV-2-Vermehrung stoppen können. Dazu entwickelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im vergangenen Jahr –finanziell unterstützt durch SPRIND – ein mehrstufiges Testsystem, um Substanzbanken zu durchforsten, Bindungsparameter zu bestimmen und in Zellkulturexperimenten die Wirksamkeit und die Verträglichkeit der Substanzen zu untersuchen. Das RNA-DRUGS-Team konnte auf diese Weise mehrere Molekül-Kandidaten identifizieren, die ein gutes Wirkprofil besitzen und als Kandidaten für präklinische Studien infrage kommen könnten.
Projektleiter Prof. Harald Schwalbe von der Goethe-Universität Frankfurt erklärt: „Weil wir sehr gut verstehen, wie die Hemmstoffe an die virale RNA binden, können wir die aussichtsreichsten unserer Kandidaten im kommenden Jahr sehr gut optimieren. Gleichzeitig arbeiten wir weiter an unserem Testsystem, denn dies wird auch in Zukunft wichtig sein, wenn wir Anti-RNA-Wirkstoffe gegen Varianten von SARS-CoV-2 oder gegen andere RNA-Viren entwickeln wollen. Die dreidimensionalen RNA-Strukturen, die wir im Fokus haben, sind bei verschiedenen RNA-Viren sehr ähnlich und selten von Mutationen betroffen, was sie zu einem lohnenden Ziel für die antivirale Medikamentenentwicklung macht.“
Die Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) ist eine Tochtergesellschaft der Bundesregierung und hat die Aufgabe, bahnbrechende Innovationen zu identifizieren, zu entwickeln, zu finanzieren und zu skalieren. Auf die Ausschreibung „Challenge: Ein Quantensprung für neue antivirale Mittel“ hatten sich 45 Projektteams beworben, 9 wurden durch eine internationale Jury aus Fachleuten zur Förderung für das erste Jahr ausgewählt. Die Projekte sind auf drei Jahre angelegt, werden aber jährlich evaluiert. Im zweiten Jahr werden jetzt sechs Projektteams gefördert. Höchstens vier Projektteams bleiben im dritten Jahr übrig, die dann einen Proof-of-Concept in einem relevanten biologischen Modell durchführen müssen.
Hintergrundinformationen:
Homepage von RNA-DRUGS:
Projektpartner des SprinD-Projekts „RNA-DRUGS“ sind:
Goethe University Frankfurt
Prof. Dr. Sandra Ciesek,Institut für Medizinische Virologie, Universitätsklinikum Frankfurt
Prof. Dr. Michael Göbel, Institute for Organic Chemistry and Chemical Biology
Dr. Andreas Schlundt, Institute for Organic Chemistry and Chemical Biology
Prof. Dr. Harald Schwalbe, Institute for Organic Chemistry and Chemical Biology (Project lead)
Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU Munich)
Prof. Dr. Franz Bracher, Department of Pharmacy
Prof. Dr. Daniel Merk, Department of Pharmacy
Philipps-Universität Marburg
Prof. Dr. Julia Weigand, Institut für Pharmazeutische Chemie
INNOVECTIS, Frankfurt
Dr. Martin Raditsch, CEO
Saverna Therapeutics,Basel
Dr. Marcel Blommers, Chief Scientific Officer
Specs, Zoetermeer
Peter Maas, (B.AS)