Innovationswettbewerb: Team um Goethe-Uni-Forscher entwickelt neuartige Anti-SARS-CoV2-Wirkstoffe

Auf der Falling Falls Conference wurden die Preisträger der „Challenge“ am Sonntagabend bekannt gegeben. Foto: Bundesagentur für Sprunginnovationen SprinD

Mit einem Projekt zur Entwicklung künftiger SARS-CoV-2-Medikamente hat sich ein interdisziplinäres Wissenschaftsteam um Prof. Harald Schwalbe von der Goethe-Universität Frankfurt in der Ausschreibung „Challenge: Ein Quantensprung für neue antivirale Mittel“ durchgesetzt. Der Wettbewerb wird von der Bundesagentur für Sprunginnovationen ausgerichtet und fördert neuartige Ideen, aus denen innovative Methoden oder Produkte erwachsen können. Das zunächst für ein Jahr geförderte Projekt will Wirkstoffe entwickeln, die Strukturen des SARS-CoV-2-Erbmaterials RNA angreifen, um so die Virusvermehrung zu stoppen.

Im Innern seiner Wirtszelle setzt das SARS-CoV-2 sein Erbgut frei, ein langes RNA-Molekül. Es codiert für die Virusproteine, die wiederum dafür sorgen, dass zahllose neue Viruspartikel entstehen, die die Wirtszelle verlassen und weitere Zellen infizieren.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des COVID-19-NMR-Konsortiums um Prof. Harald Schwalbe von der Goethe-Universität Frankfurt haben bereits vor einiger Zeit Abschnitte des Virenerbguts identifiziert, die offenbar essenzielle regulatorische Funktionen in der Virusvermehrung haben. Diese Abschnitte der Virus-RNA sind räumlich gefaltet und bieten dadurch potenzielle Angriffspunkte für sogenannte kleine Moleküle, die zum Beispiel an die RNA-Abschnitte binden und damit die Herstellung viraler Proteine behindern könnten.

Im nun geförderten Projekt „RNA-drugs“ wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität zusammen mit Forschungsteams der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Technischen Universität Darmstadt sowie Industriepartnern nach solchen kleinen Molekülen suchen und sie bis zu einer Vorstufe einer klinischen Prüfung weiterentwickeln. Das Projekt wird von Innovectis begleitet, dem Dienstleister der Goethe-Universität beim Transfer von akademischem Know-how in die wirtschaftliche Praxis.

Der Projektleiter Prof. Harald Schwalbe von der Goethe-Universität erklärt: „In Zellkulturexperimenten am Institut für Medizinische Virologie haben wir bereits nachweisen können, dass eine Reihe der ‚Small Molecules‘ in der Lage sind, die Virusvermehrung zu stoppen. Die besondere Herausforderung dieses Projekts liegt jetzt darin, aus den ersten Hinweisen Kandidaten für medizinische Wirkstoffe zu entwickeln, die letztlich an Patienten getestet werden können. Da die von uns identifizierten Virus-RNA-Abschnitte nicht nur bei den verschiedenen SARS-CoV-2-Varianten ähnlich sind, sondern auch bei verwandten Virusarten, wollen wir auch einen Beitrag zur Vorbereitung auf Viruserkrankungen der Zukunft leisten.“

Die Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) ist eine Tochtergesellschaft der Bundesregierung und hat die Aufgabe, bahnbrechende Innovationen zu identifizieren, zu entwickeln, zu finanzieren und zu skalieren. Auf die Ausschreibung „Challenge: Ein Quantensprung für neue antivirale Mittel“ hatten sich 45 Projektteams beworben, 9 wurden durch eine internationale Jury aus Fachleuten zur Förderung mit maximal 700.000 Euro ausgewählt. Die Projekte sind auf drei Jahre angelegt, werden aber jährlich evaluiert. Höchstens vier Projektteams bleiben im dritten Jahr übrig, die dann einen Proof-of-Concept in einem relevanten biologischen Modell durchführen müssen.

Hintergrundinformationen:

Projektpartner des SprinD-Projekt „RNA-drugs“ sind:

Goethe-Universität Frankfurt
Prof. Dr. Sandra Ciesek, Institut für Medizinische Virologie
Prof. Dr. Michael Göbel, Institut für Organische Chemie und Chemische Biologie
Dr. Andreas Schlundt, Institut für Molekulare Biowissenschaften
Prof. Dr. Harald Schwalbe, Institut für Organische Chemie und Chemische Biologie (Projektleitung)

Ludwig-Maximilians-Universität München
Prof. Dr. Franz Bracher, Department Pharmazie
Prof. Dr. Daniel Merk, Department Pharmazie

Technische Universität Darmstadt
PD Dr. Julia Weigand, Institut für Biologie

Relevante Artikel

Die Blüten der Königskerze (Verbascum densiflorum) werden häufig Hustentees beigemischt, weil sie als reizstillend und schleimlösend gelten. Foto: Uwe Dettmar

Noch nicht in voller Blüte

Wann pflanzliche Medikamente helfen könnten Pflanzliche Arzneimittel haben nichts mit Homöopathie oder ­Nahrungsergänzung zu tun. Und doch unterscheiden sie sich

Um Patienten besser auf große Operationen vorzubereiten, wurde bei Capreolos eine spezielle App entwickelt. Foto: Privat

Starthilfe für schnelles Wachstum

Um Forschungsergebnisse in die praktische Umsetzung zu bringen, helfen Innovectis und Unibator beim Überwinden von Hürden Aus dem Fachbereich Medizin

Maike Windbergs, Foto: Uwe Dettmar

Treffsicher ins Ziel

Neue Strategien sollen Wirkstoffe genau dorthin bringen, wo sie gebraucht werden Das beste Medikament ist völlig nutzlos, wenn der Wirkstoff

Hochdurchsatzanalyse: Ein Pipettierroboter bereitet Proben für die Proteinanalyse vor. Nach chromatographischer Auftrennung werden massenspektrometrisch die Molekularmassen bestimmt. Foto: Uwe Dettmar

Ein Werkzeugkasten für neue Arzneistoffe

Neue Substanzbank soll Forschung und Arzneimittelentwicklung beschleunigen Viele Medikamente basieren auf Kleinmolekülen. Sie entfalten ihre heilende Wirkung im Körper, indem

Dr. Ah Jung Heo, Postdoc im Labor Đikic, forscht daran, wie krankheitsrelevante Proteine gezielt abgebaut werden könnten. Foto: Peter Kiefer

Krankmacher gezielt entsorgen

Wie durch Umprogrammierung von Zellen schädliche Proteine abgebaut und Krankheiten bekämpft werden können Das kleine Protein Ubiquitin kommt in den

Öffentliche Veranstaltungen
Rüdiger Weber, Foto: Jürgen Lecher, Goethe-Universität Frankfurt

Rüdiger Weber, Finanzwissenschaftler

Auf einmal wird es ganz einfach: Seit einem halben Jahr hat Rüdiger Weber am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften die Stiftungsprofessur „Alternative Investments“

Eine Drohne fliegt über ein überschwemmtes Gebiet. Copyright: PhotoChur/Shutterstock

Podcast: Cybersicherheit im Drohnenschwarm

Wenn Feuerwehr und Polizei bei einer Katastrophe wie der Ahrtal-Überschwemmung oder bei plötzlichen Prügeleien während einer Großdemonstration eine schnelle Übersicht

Helfen, weil einem selber geholfen wurde

Die Psychotherapeutische Beratungsstelle (PBS) der Goethe-Universität ist ein niedrigschwelliges Angebot für alle Studierenden. Ein kürzlich erfolgter Spendenaufruf zielt darauf, das

You cannot copy content of this page