Es mangelt an wissenschaftlich verwertbaren Definitionen des Begriffs Populismus – diese Feststellung zog sich durch alle Diskussionen des interdisziplinären Workshops am 11. und 12. November. Veranstalter war der Gesellschaftswissenschaftler Claudius Wagemann.
Zu dem international hochklassig besetzten Workshop mit dem Titel „Populism, Prejudices and Perspectives“ trafen sich Politikwissenschaftler, Soziologen, Historiker und Rechtswissenschaftler aus Deutschland, Italien, Spanien, Portugal, Großbritannien und den USA. Thematischer Schwerpunkt war das bi-nationale Verhältnis zwischen Italien und Deutschland innerhalb des Spannungsfeldes unterschiedlicher supra-nationaler Krisenentwicklungen. Ermöglicht wurde der Workshop unter der Leitung von Prof. Claudius Wagemann vom Institut für Politikwissenschaft der Goethe-Universität, in Kooperation mit Prof. Simona Piattoni (Università degli Studi di Trento) und Prof. Luca Verzichelli (Università degli Studi di Siena), durch das DAAD-Förderprogramm „Hochschuldialog Südeuropa“.
In vier Schwerpunkt-Panels stellten Doktoranden, Post-Doktoranden und Professoren insgesamt 16 Forschungsprojekte vor, die lebhaft diskutiert wurden. Im Mittelpunkt standen aktuelle Entwicklungen wie blaming, blame-shifting, wechselseitige Stereotypisierungen, wachsende Vorurteile unter den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, sowie das Erstarken rechts-populistischer Parteien.
Ein Highlight des Workshops war die Key Note Speech des Johan-Skytte-Preisträgers Prof. Philippe C. Schmitter (European University Institute, Florence). Der ebenso charismatische wie feingeistige Schmitter beeindruckende in seiner Rede, indem er den großen Bogen von Émile Durkheim zum globalen Finanzkapitalismus und seinen Auswirkungen auf die Demokratie schlug. Dabei thematisierte er die aktuellen Schwierigkeiten in der Forschung, populistische Entwicklungen genau einzugrenzen.
Schmitter griff damit eine Diskussion auf, die sich durch den gesamten Workshop zog: Es , fehlen wissenschaftlich verwertbare Definitionen des Begriffs Populismus. Bisherige Konzepte sind oft nicht mehr zeitgemäß oder zu schwammig, um aktuelle gesellschaftliche und politische Entwicklungen zu fassen. Es bestand daher weitgehende Einigkeit darüber, dass konzeptionelle Arbeiten zur Eingrenzung des Phänomens Populismus ein wesentlicher Teil bevorstehender Auseinandersetzungen sein sollten.
Für die Teilnehmer bot der Workshop die Möglichkeit, neue interdisziplinäre und internationale Wege zu beschreiten. Gerade dieser innovative Charakter ist eine Besonderheit des Frankfurter Workshops, denn zum Verständnis der Organisatoren gehörte es, dass neben den unterschiedlichen nationalen Perspektiven auch verschiedene disziplinäre Zugänge zu einem besseren Verständnis aktueller Entwicklungen beitragen sollten.
Überlegungen, eine Anschlussveranstaltung zu organisieren, um eine größere, neue internationale Forschungsagenda zu entwickeln, gibt es bereits.
Autor: Nils Sartorius, Mitarbeiter in den Gesellschaftswissenschaften mit dem Schwerpunkt qualitative empirische Sozialforschung