Seit dem 02.01.2018 führt das Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Frankfurt Leichenschauen im Auftrag der Stadt Frankfurt im Stadtgebiet durch. Damit starteten die Kooperationspartner Stadt Frankfurt am Main, Universitätsklinikum Frankfurt und Polizeipräsidium Frankfurt ein von der Stadt Frankfurt finanziertes Pilotprojekt zur Professionalisierung der Leichenschau.
Das hessische Friedhofs- und Bestattungsgesetz regelt die Pflicht zur Leichenschau folgendermaßen: Vor der Bestattung muss eine Leichenschau durchgeführt werden. Hierzu ist jede niedergelassene Ärztin und jeder niedergelassene Arzt auf Verlangen verpflichtet. Das Gleiche gilt für die Ärzte von Krankenhäusern. Eine rechtsmedizinische Expertise ist im Gesetz – im Gegensatz zum Beispiel zum Friedhofs- und Bestattungsgesetz des Stadtstaates Bremen – bislang nicht genannt.
Die Leichenschau wird in der Regel reibungslos von den Ärztinnen und Ärzten der Krankenhäuser bzw. den betreuenden Hausärztinnen und Hausärzten vorgenommen. In einigen Fällen kommt es allerdings dazu, dass für die Durchführung der Leichenschau kein Arzt oder keine Ärztin gefunden werden kann.
In diesen Fällen oder bei unklaren Todesursachen muss die Polizei den Fundort der Leiche sichern, sodass keine Veränderungen am Fundort vorgenommen werden können – 2017 waren die Polizeireviere in Frankfurt bei 935 polizeilichen Leichensachen erstbefasst. Bisher mussten dann gegebenenfalls Ärztinnen oder Ärzte des Gesundheitsamtes diese spezielle Leichenschau vornehmen.
Da eine Leichenschau unter Umständen mehrere Stunden mit An- und Abfahrt in Anspruch nehmen kann und die Ärzte des Gesundheitsamtes genauso wie die niedergelassenen Ärzte über keine zusätzlichen Zeitressourcen verfügen, führte dies oft zu großen Verzögerungen, so dass die durchschnittliche Wartezeit (Tag und Nacht) in der Vergangenheit ca. 2 Stunden betrug.
„Das werden wir künftig in Frankfurt verhindern“, so Stadtrat Stefan Majer, Gesundheitsdezernent der Stadt Frankfurt. „Ich freue mich über diese einmalige Kooperation. Wir sind mit dem Projekt die erste Kommune Deutschlands, die unabhängig von gesetzlichen Vorgaben des Landes eine Regelung zu einer qualifizierten Leichenschau getroffen hat.“
Die Neuregelung sieht vor, dass jede Leichenschau, die nicht über die oben genannten Wege abgearbeitet werden kann und die außerhalb der Rufzeiten des ärztlichen Bereitschaftsdienstes der kassenärztlichen Vereinigung vorgenommen werden muss, über das Institut für Rechtsmedizin des Uniklinikums Frankfurt vorgenommen wird.
Gerhard Bereswill, Polizeipräsident Frankfurt: „Durch die Neuregelung der Leichenschau in Frankfurt werden die Wartezeiten der Revierbeamten vor Ort deutlich verkürzt und dadurch Ressourcen für den Streifendienst freigesetzt. Die Leichenschau durch Gerichtsmediziner wird die Qualität dieser Tätigkeit erhöhen, wodurch die kriminalistische Ermittlungsarbeit erleichtert wird.“
Auch Prof. Dr. Jürgen Graf, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Frankfurt begrüßt die Zusammenarbeit: „Durch diese Kooperation wird die medizinische Qualität der Leichenschauen im Stadtgebiet Frankfurt erhöht. Wir freuen uns, mit der Expertise unserer Rechtsmedizin zu dieser Verbesserung beitragen zu können.“
Dieses bundesweit einmalige Projekt führt zu einer Qualitätssteigerung der kritischen Leichenschauen: Leichenschauer sind Ärztinnen und Ärzte aus der Rechtsmedizin, die regelmäßig im Rahmen ihrer Obduktionstätigkeit ein Feedback ihrer Befunde bei der äußeren Leichenschau durch die Ergebnisse der inneren Leichenschau erhalten.
Prof. Dr. Marcel A. Verhoff, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Frankfurt erklärt: „Die Leichenschauen werden genauer, gründlicher und mit viel mehr Hintergrundwissen durchgeführt. Dadurch werden Hinweise auf einen nicht-natürlichen Tod oder sogar eine Tötung erkannt.“
Prof. Dr. Dr. René Gottschalk, Leiter des Gesundheitsamtes Frankfurt, freut sich, dass nach langen Verhandlungen die Abläufe und Aufgaben zwischen den Partnern exakt festgelegt sind und damit eine zeitnahe, professionalisierte Leichenschau ermöglicht wird. Weiter kündigt er an, dass am Ende des Pilotprojektes, das zunächst auf ein Jahr befristet ist, eine Evaluation der vorgenommenen Leichenschauen von allen drei Akteuren erstellt wird.
Quelle: Pressemitteilung des Universitätsklinikums vom 12. Januar 2018