Unbekannten Toten in Mexiko wieder eine Identität geben

Goethe-Universität und Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) schließen gemeinsame Kooperationsvereinbarung zum Projekt „Identifizierungen in Mexiko“.

(v. l. n. r.): Cecilia Villanueva Bracho, Konsulin von Mexiko in Frankfurt; Prof. Dr. Enrico Schleiff, Präsident der Goethe-Universität; Prof. Dr. Marcel Verhoff, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin, und PD Dr. Christoph Birngruber

Der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) in Mexiko und die Goethe-Universität Frankfurt haben eine Kooperationsvereinbarung zur Unterstützung der mexikanischen Regierung bei der Identifizierung von Verschwundenen in Mexiko unterzeichnet. Mehr als 110.000 Menschen gelten in Mexiko offiziell als verschwunden, gleichzeitig gibt es offiziell mehr als 55.000 nicht identifizierte Leichen: die aktuelle Situation in Mexiko bewertet die Nationale Kommission für Menschenrechte als eine forensische Krise. Die daraus resultierende Belastung für die Zivilgesellschaft ist enorm.

Obwohl in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte erzielt wurden (z.B. der Bau von regionalen Identifizierungszentren), sind die Herausforderung im Bereich Identifizierung nach wie vor groß. In den letzten Jahren hat die mexikanische Regierung eine internationale Zusammenarbeit und Unterstützung etabliert, um die Zahl der Identifizierungen von unbekannt Verstorbenen zu erhöhen. So unterstützt UNFPA durch das Projekt „Identifizierungen in Mexiko“, u.a. vom Auswärtigen Amt (AA) finanziert, die Umsetzung der nationalen Identifizierungspolitik der mexikanischen Suchkommission (CNB). Eine der Arbeitslinien dieses Projektes und der Kooperation ist die Zusammenarbeit der Goethe-Universität Frankfurt mit mexikanischen Institutionen und Universitäten.

Bei der Unterzeichnung waren zugegen: die mexikanische Generalkonsulin, Cecilia Villanueva Bracho, der Präsident der Goethe-Universität, Prof. Enrico Schleiff, der stellvertretende Leiter des UNFPA Mexiko, Iván Castellanos, der Direktor des Instituts für Rechtsmedizin, Prof. Dr. Marcel Verhoff, sowie der Leiter des UNFPA-Projektes, Maximilian Murck. Ziel der Kooperationsvereinbarung zwischen UNFPA und dem Institut für Rechtsmedizin der Goethe-Universität Frankfurt ist es, den Familien, insbesondere den suchenden Müttern, Gewissheit über den Verbleib ihrer Angehörigen zu geben.

Ziel der Kooperationsaktivitäten ist es, pragmatische Lösungsansätze zu entwickeln, um mehr Verstorbene innerhalb einer kürzeren Zeit zu identifizieren – u.a. durch:

  • DNA-Analysen von Familienangehörigen und Verstorbenen
  • Analyse von Tätowierungen zu Identifizierungszwecken
  • Akademischer Austausch und Forschung mit mexikanischen Gerichtsmedizinern und Forensikern.

Der Präsident der Goethe-Universität, Prof. Dr. Enrico Schleiff, machte deutlich, es sei eine humanitäre Verpflichtung, die mexikanische Regierung bei der Identifizierung der vielen unbekannten Toten in Mexiko zu unterstützen. Vor allem die Angehörigen von Verschwundenen hätten es verdient, endlich Gewissheit zu erlangen. Schleiff freute sich, dass mit der Kooperationsvereinbarung die bisher geleistete Arbeit der Frankfurter Rechtsmedizin im Bereich der Identifizierung von Verschwundenen in Mexiko fortgesetzt werden kann. Er dankte ausdrücklich der UNFPA für ihre Unterstützung des Projekts „Identifizierungen in Mexiko“, ebenso allen beteiligten Wissenschaftler*innen und Ärzt*innen. 

Der stellvertretende Leiter des UNFPA Mexiko, Iván Castellanos, betonte, dass jeder Mensch das Recht auf seine Identität habe. Die mexikanische Regierung habe in den letzten Jahren wichtige Maßnahmen zu institutioneller Stärkung bei der Suche von Verschwundenen umgesetzt und Reformen angestoßen, um die Identifizierung von unbekannt Verstorbenen zu verbessern. Die Regierung habe im Jahr 2021 zum ersten Mal das Komitee gegen das gewaltsame Verschwinden der Vereinten Nationen eingeladen und damit auch ihren Kompromiss mit den Verschwundenen zum Ausdruck gebracht.

Der Direktor des Instituts für Rechtsmedizin, Prof. Dr. Marcel Verhoff, wies seinerseits darauf hin, dass das Institut bereits mit der Universität Guadalajara bei der Einführung eines Masterstudiengangs in Forensik und bei der Analyse von genetischen Proben, Autopsien und Ausgrabungen in Mexiko zusammengearbeitet habe. Durch diese Vereinbarung werde man die akademische Zusammenarbeit weiter intensivieren und gegenseitig voneinander profitieren. Der kollegiale Austausch werde sich in wissenschaftlichen Projekten und in der praktischen Identifizierungsarbeit realisieren.  

Der Leiter des UNFPA-Projektes, Maximilian Murck, sagte, dass die Identifizierung von Personen keine leichte, aber auch keine unlösbare Aufgabe sei. Es sei dabei wichtig, gemeinsame Lösungen zu erarbeiten und die Erfolge der Zusammenarbeit in diesem schwierigen Kontext aufzuzeigen. Derzeit führe man zum Beispiel unter der Leitung der Nationalen Suchkommission den Abgleich von Fingerabdrücken in mehreren Bundesstaaten ein. Man sei der Universität Frankfurt und den mexikanischen Institutionen für ihre Unterstützung und Vertrauen sehr dankbar.

Bezüglich des unterschriebenen Kooperationsabkommens zwischen dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) und der Goethe-Universität Frankfurt betonte die Konsulin von Mexiko in Frankfurt, Cecilia Villanueva Bracho: „Die mexikanische Regierung unterstützt dieses Projekt, das zur Zusammenarbeit zwischen Mexiko und Deutschland im Bereich der Gerichtsmedizin beiträgt. Es dient auch zur Stärkung der Institutionen, indem wir die aktuellen Prioritäten im Bereich der Sicherheit und der Verbrechensbekämpfung und -prävention besser angehen können. Die Zusammenarbeit umfasst den Austausch von Wissen und bewährten Praktiken zur Förderung staatlicher und akademischer Einrichtungen und zur Schaffung technischer Kapazitäten.“ 

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