Aufruf zur Nachbesserung des Hessischen Hochschulpaktes: Stellungnahme des Senats der Goethe-Universität.

Die Stellungnahme wurde in der Senatssitzung vom 9. Juli 2025 beschlossen.

Der Senat der Goethe-Universität Frankfurt nimmt die aktuellen Berichte zum hessischen Hochschulpakt 2026-2031 mit größter Sorge zur Kenntnis. Was hier als Haushaltskonsolidierung beschrieben wird, ist tatsächlich ein schleichender Raubbau an Zukunft und Gegenwart: ein Abbau der demokratischen Grundlagen, ein Angriff auf die Innovationskraft, ein Rückzug aus der Zukunftsfähigkeit unseres Landes.

Die Goethe-Universität steht zu ihrer Verantwortung. In Zeiten knapper Kassen ist es selbstverständlich, dass sich Hochschulen solidarisch zeigen. Auch Bereiche wie Schulen, Kunst und Kultur oder Sicherheit und öffentliche Ordnung stehen vor massiven Herausforderungen. Das Teilen knapper Ressourcen muss freilich verantwortlich und vorausschauend gestaltet werden – nicht auf Kosten von Bildung, Forschung und gesellschaftlichem Zusammenhalt. Sollten die derzeit geplanten Einschnitte Realität werden, würde der Wissenschaftsstandort Hessen massiv verlieren. Kürzungen führen zur Abwanderung von Spitzenwissenschaftler:innen, zu Innovationsstaus in Forschung und Lehre sowie zur strukturellen Entwertung des Wissenschafts- und damit auch Wirtschaftsstandorts – mit tiefgreifenden Folgen auch für Wirtschaft, Zivilgesellschaft und demokratische Kultur.

Denn Wissenschaft ist kein Luxus. Es geht nicht um Besitzstandswahrung. Es geht um nicht weniger als das Fundament einer zukunftsfähigen, freien und gerechten Gesellschaft. In einer Zeit, in der Desinformation, Wissenschaftsskepsis und gesellschaftliche Polarisierung zunehmen, sind Hochschulen unerlässliche Orte der Aufklärung, des Dialogs und der Resilienz demokratischer Kultur. Hochschulen qualifizieren nicht nur Fachkräfte – sie bilden Demokrat:innen aus. Sie forschen nicht nur für Exzellenz um ihrer selbst willen – sie liefern Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit.

Wir appellieren daher an die Landesregierung:

  • Sichern Sie die Demokratie-, Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit des Landes Hessen, indem Sie die Handlungsfähigkeit der Hochschulen erhalten – nachhaltig, verlässlich, zukunftsgerichtet.
  • Fordern Sie nicht nur Exzellenz – ermöglichen Sie sie auch: Wer sich auf Bundesebene als Motor von Forschung und Innovation positioniert, muss auf Landesebene die finanziellen Grundlagen dafür schaffen.
  • Verkürzen Sie die Laufzeit des Hochschulpakts, um flexibel und realitätsnah auf Entwicklungen reagieren zu können – oder geben Sie eine verlässliche Zusage, dass die Hochschulen bei einem konjunkturellen Aufschwung in besonderem Maße profitieren werden.
  • Stärken Sie die sozialen Grundlagen des Hochschulsystems, indem Sie gute Studienbedingungen für Studierende sowie verlässliche Perspektiven für Wissenschaftler:innen in der frühen Berufsphase schaffen – durch Investitionen in Betreuung, Infrastruktur und Teilhabe sowie durch planbare Karrierewege und faire Arbeitsverhältnisse.
  • Sichern Sie die Funktionsfähigkeit der Hochschulen, indem Sie die Arbeitsbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten des technisch-administrativen Personals stärken – denn ohne qualifiziertes, engagiertes Verwaltungspersonal, IT-Expert:innen und technische Fachkräfte steht der gesamte Hochschulbetrieb auf dem Spiel.

Der Senat der Goethe-Universität ist bereit, im Dialog an konstruktiven Lösungen mitzuwirken – im Interesse einer starken hessischen Wissenschaft, einer verantwortungsvollen Haushaltspolitik und einer zukunftsfähigen Gesellschaft.

Der Senat sieht daher dem Austausch mit dem hessischen Minister für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur, Timon Gremmels, und dem hessischen Minister der Finanzen, Prof. Dr. R. Alexander Lorz, am 15. Juli 2025 gespannt entgegen. Zugleich freut er sich, u.a. folgende Fragen mit beiden Ministern zu diskutieren:

  • Wie stellen Sie mit dem Hochschulpakt sicher, dass die Hochschulen national wie international konkurrenzfähig bleiben? Wie ermöglichen Sie zukunftsweisende Forschung, inter- und transdisziplinäre Kooperationen und Reaktionsfähigkeit auf demografischen, technologischen und gesellschaftlichen Wandel?
  • Wie viel der 250 Millionen Euro, die Hessen pro Jahr aus dem Sondervermögen des Bundes erhält, sollen den Hochschulen zur Verfügung gestellt werden?
  • Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, um Tarifsteigerungen und inflationsbedingte Mehrkosten im Hochschulbereich auszugleichen? Und wenn das gar nicht gewollt sein sollte: Wie geben Sie den Hochschulen die finanzielle Sicherheit, dass etwaige strukturelle Transformationen strategisch und responsiv angegangen werden – und nicht zufällig durch die Nichtbesetzung freiwerdender Stellen?
  • Soll sich die dramatische Reduktion des Grundbudgets in den Leistungszahlen “Studierenden” niederschlagen? Und soll die Zielerfüllung der Leistungszahlen auch zukünftig belohnt werden?
  • Wie stärken sie die Autonomie der Hochschulen, welche Pläne haben sie zum Bürokratieabbau und wird die zugesagte Bauautonomie auch begleitet durch eine Verschlankung der Prozesse? Wie ermöglichen Sie den Hochschulen, dass sie die zwingend notwendige Modernisierung der baulichen, technischen und digitalen Infrastrukturen durchführen können?
  • Wie positioniert sich die Landesregierung zur gesamtgesellschaftlichen Funktion der Hochschulen als Räume demokratischer Verständigung und politischer Mündigkeit? Wie passt es zusammen, dass Sie auf der einen Seite Demokratieförderungsprojekte initiieren, während auf der anderen Seite das Budget der hessischen Hochschulen massiv kürzen, was empirie- und wissenschaftsfernen Populisten in die Hände spielt?

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