Neuronetzwerk: Aufbruch in Richtung Exzellenzstrategie

Tagung des rmn2-Netzwerks in Oberwesel. Foto: Stefan F. Sämmer
Tagung des rmn2-Netzwerks in Oberwesel. Foto: Stefan F. Sämmer

Das Rhine-Main Neuroscience Network (rmn²) will erfolgreich aus dem Wettbewerb hervorgehen. Rund 300 Neurowissenschaftler aus dem Rhein-Main-Gebiet kamen zu einem dreitägigen Symposium zusammen, um Pläne für die Zukunft zu schmieden.

„In den ersten fünf Jahren haben wir gezeigt, was wir leisten können“, sagt Prof. Dr. Jochen Roeper. „Es waren sehr erfolgreiche Jahre. In dieser Zeit stand der Gründungsgedanke noch im Vordergrund. Eine Idee, die aus der Not geboren wurde, sollte zu etwas Aufregendem und Erfolgreichem heranwachsen. Das ist gelungen. Nun treten wir in die nächste Phase.“

Der Leiter der Sinnes- und Neurophysiologie am Universitätsklinikum Frankfurt und aktueller Sprecher des Rhine-Main Neuroscience Network sitzt im Hof der Jugendherberge über Oberwesel. Der Blick über den Rhein ist großartig, doch darum geht es allenfalls am Rande in den drei Tagen des Meetings. An diesem Ort fand 2010 das erste rmn²-Symposium statt. Nun werden hier beim vierten Biennial Meeting die Weichen für die Zukunft gestellt.

Geschichte eines Netzwerks

Prof. Jochen Roeper, Sprecher des rmn2-Netzwerks. Foto: Stefan F. Sämmer
Prof. Jochen Roeper, Sprecher des rmn2-Netzwerks. Foto: Stefan F. Sämmer

Die ersten Vorträge sind bereits gehalten. Prof. Dr. Herbert Zimmermann vom Interdisziplinären Zentrum für Neurowissenschaften Frankfurt (IZNF) ließ die Geschichte und Vorgeschichte des Rhine-Main Neuroscience Network Revue passieren. Als einer der Gründungsväter nicht nur des Netzwerks, sondern auch dessen Frankfurter Vorläufer erinnerte er an die erfolgreiche Arbeit auf dem Gebiet der Neurowissenschaften in der Bankenmetropole. Er erwähnte aber auch die Flaute, die sich in den 1990er-Jahren in diesem Forschungsfeld abzeichnete, als wichtige Sonderforschungsbereiche ausliefen und keine neuen in Sicht waren.

Ähnlich stand es damals in Mainz. Daraufhin entwickelten Univ.-Prof. Dr. Frauke Zipp und Univ.-Prof. Dr. Dr. Robert Nitsch an der Universitätsmedizin Mainz die Idee zu einer bahnbrechenden Zusammenarbeit über die Ländergrenzen hinweg: Verschiedene Institutionen der beiden Universitätsstandorte sollten sich zum rmn²-Netzwerk zusammenschließen. „Nitsch meinte, durch die Synergien würden wir exponentiell wachsen. Dafür steht ‚hoch zwei‘ in unserem Namen“, erläutert Zimmermann.

Die Rechnung ging auf. Das Netzwerk warb in seiner kurzen Geschichte unter anderem drei Sonderforschungsbereiche der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ein. Heute arbeiten unter dem Dach von rmn² die Universitäten und die Universitätskliniken in Mainz und Frankfurt zusammen. Hinzu kommen acht weitere Partner, darunter drei Max-Planck-Institute.

Flexibel und stabil zugleich

Entsprechend der breiten Aufstellung tummelt sich das Netzwerk auf den verschiedensten Gebieten der Neurowissenschaften. Mit Blick auf den anstehenden Exzellenz-Wettbewerb stellt Roeper allerdings einen Themenkomplex in den Mittelpunkt.

„Unser Gehirn ist wie ein Schiff auf hoher See, das ständig umgebaut werden muss, ohne je einen Hafen anlaufen zu können. Wie schafft es das? Wie wird sein Netzwerk stabilisiert und zugleich flexibel gehalten? Damit beschäftigen wir uns auf allen Ebenen: Wie kann eine Zelle ihr Genom nutzen? Wie schließen sich Nervenzellen zu Netzwerken zusammen? Was geschieht bei ihrer langstreckigen Interaktion über Nervenfasern?“

Solche Fragen interessieren Theoretiker wie Praktiker. In Mainz etwa wurde das Deutsche Resilienz-Zentrum (DRZ) ins Leben gerufen. Dieser rmn²-Partner nimmt die psychische Widerstandsfähigkeit unter die Lupe, also die Fähigkeit, auf Krisen zu reagieren, sie flexibel zu bewältigen und zugleich doch das Ich zu erhalten.

TU Darmstadt kommt hinzu

Auch bei Erkrankungen wie der Multiplen Sklerose spielen die Fragen eine Rolle. „Hier werden Nervenstränge attackiert. Damit beschäftigen wir uns in einem unserer Sonderforschungsbereiche, der gerade von der DFG verlängert wurde.“ Roeper zählt noch eine ganze Reihe klassischer Nervenerkrankungen auf, darunter die Schizophrenie und die Epilepsie, „das Gewitter im Gehirn“.

Anlässlich der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder zur Stärkung universitärer Spitzenforschung wird das Rhine-Main Neuroscience Network ein Paket zu diesem Themenbereich schnüren. „Das wird spannend und faszinierend, packend und innovativ“, sagt Roeper. „Wir müssen nur schauen, wie wir das kohärent darstellen können, ohne dass wichtige Bereiche unserer Forschung außen vor bleiben.“

Mit von der Partie wird mit der Technischen Universität Darmstadt auch ein neuer Partner sein. Damit sind dann auch in diesem Projekt alle drei Hochschulen der Allianz der Rhein-Main-Universitäten vereint. „Darmstadts technische Expertise ist eine hervorragende Ergänzung. Sie wird uns noch weiter voranbringen. Die kognitiven Wissenschaften stellen sich dort gerade neu auf. Es wird darum gehen, wie wir uns die Funktionsprinzipien des Gehirns in anderen Bereichen nutzbar machen können, ob wir gewisse Dinge nachbauen können“, so Roeper.

Leuchtturm Rhein-Main

Das rmn²-Netzwerk soll die neurologische Wissenschaftslandschaft in der Rhein-Main-Region weiter prägen und ausbauen. Schon jetzt scheut man nicht den Vergleich mit Zentren wie Berlin und München. „Wir haben unseren eigenen Leuchtturm geschaffen, der besonders unserem Nachwuchs hervorragende Chancen bietet“, betont Roeper. „Schließlich wollen wir nicht nur neue Kolleginnen und Kollegen gewinnen, sondern auch unsere jungen Talente langfristig in der Region halten. Und je erfolgreicher sie sind, desto mehr interessiert sich die Konkurrenz für sie, also müssen wir ihnen etwas bieten – und genau das tun wir.“

Prof. Amparo Acker-Palmer im Gespräch mit Prof. Jochen Roeper. Foto. Stefan F. Sämmer
Prof. Amparo Acker-Palmer im Gespräch mit Prof. Jochen Roeper. Foto. Stefan F. Sämmer

Nun also geht das Netzwerk in die nächste wichtige Phase: Der Exzellenz-Wettbewerb steht an, die TU Darmstadt kommt hinzu und es gilt, neue Ziele abzustecken. Das Rhine-Main Neuroscience Network erinnert an jenes Schiff, das Roeper im Gespräch beschworen hat: ständig im Umbau, flexibel und doch stabil. Einen ruhigen Hafen braucht es nicht. Der rmn²-Sprecher macht sich auf den Weg in den Saal der Jugendherberge, die zugleich Tagungsort ist. Es gibt noch viel zu besprechen in diesen Tagen.

Quelle: Magazin der Universität Mainz

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