Großer Andrang beim ersten RMU-Tag an der Goethe-Universität.
Fast 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer – deutlich mehr als erwartet – zählte der erste „Tag der Rhein-Main-Universitäten“ am 06. September: In Diskussionen, Workshops, Talkrunden und Poster-Ausstellungen präsentierte die länderübergreifende Universitätsallianz ihre bisherige Bilanz und wagte dabei auch einen Blick in die Zukunft. Neben der Präsidentin und den Präsidenten der drei beteiligten Universitäten Mainz, Darmstadt und Frankfurt nahmen auch die hessische Wissenschaftsministerin Angela Dorn und ihr rheinland-pfälzischer Amtskollege Konrad Wolf aktiv teil.
630 Studiengänge, 39 Fachbereiche und über 100.000 Studierende umfasst die RMU-Allianz. Vor knapp vier Jahren ging der Verbund formal an den Start. Die bisherige Bilanz kann sich sehen lassen: Über den gemeinsamen RMU-Forschungsfonds wurden bereits 2,2 Millionen Euro zur Förderung kooperativer Forschungsprojekte ausgereicht. Vier gemeinsame Studiengänge wurden auf den Weg gebracht; ab dem Wintersemester 2020/21 soll ein gemeinsames „RMU-Studium“ angeboten werden, bei dem aus einem gemeinsamen Kursangebot frei gewählte Veranstaltungen an allen drei Unis besucht werden können.
Mehr als die Summe der einzelnen Teile
Universitätspräsidentin Prof. Birgitta Wolff (Goethe-Universität) betonte in ihrer Begrüßung, dass die Gründung der Allianz der drei Universitäten keine „Schöpfung aus dem Nichts“ gewesen sei; eine Zusammenarbeit habe es auch zuvor schon punktuell, aber vor allem jeweils bilateral gegeben. Die Allianz sei heute eindeutig mehr als die Summe ihrer einzelnen Teile. Gemeinsam wolle man die großen gesellschaftlichen Aufgaben der Zukunft angehen. Kooperation, nicht Fusion, sei Ziel und Wesen der Zusammenarbeit dreier forschungsstarker Hochschulen, die zugleich ebenso auf dem Feld der Lehre und des Wissensaustausches Innovatives leisteten. Birgitta Wolff dankte abschließend Prof. Hans-Jürgen Prömel, Präsident der TU Darmstadt, für die hervorragende Zusammenarbeit. Prömel wird zum 1. Oktober das Präsidentenamt der TU an Prof. Tanja Brühl, die einige Jahre das Amt der Vizepräsidentin an der Goethe-Universität bekleidet hat, übergeben.
Moderator und Wissenschaftsjournalist Jan-Martin Wiarda lud im Anschluss daran die drei Universitätsspitzen sowie die beiden Wissenschaftsminister zu einer Diskussion darüber ein, wo Vorteile und Chancen der RMU liegen. Angela Dorn und Konrad Wolf lobten ausdrücklich die Allianz; es sei bereits einiges geschafft worden. Weitere Synergieeffekte sieht Hessens Wissenschaftsministerin vor allem in Verwaltung und Infrastruktur. Die Allianz müsse auch gelebt werden, das eigene Prestige der Hochschulen dafür etwas zurückgestellt werden. Bei der RMU-Allianz, so ihr Kollege Wolf, gehe es nicht zuletzt auch um die Positionierung der Rhein-Main-Region als Wissenschaftsstandort. Hans-Jürgen Prömel bezeichnete die RMU als „Role Model“ für die Wissenschaftslandschaft – eine Wissenschaft ohne Grenzen könne sich um die großen Zukunftsthemen kümmern. Prömel räumte zwar ein, dass die Allianz im Exzellenz-Wettbewerb unter ihren Möglichkeiten geblieben sei; bei der RMU-Gründung habe der der Wettbewerb jedoch nicht im Vordergrund gestanden. Wenn die Allianz so weitermache wie bisher, könne es beim nächsten Exzellenzwettbewerb aber klappen. Georg Krausch, Präsident der Universität Mainz, wies darauf hin, dass die Führung der RMU-Allianz für eine Ermöglichung von guter Forschung und Lehre stünde; auch für die einzelne Forscherin und den einzelnen Forscher müsse ein Vorteil entstehen. Im Rahmen der RMU-Allianz sei noch viel mehr möglich, allerdings benötigten die Universitäten dafür auch die ausreichende materielle Unterstützung. Birgitta Wolff betonte, dass RMU kein Selbstzweck sei; im Fokus müsse das Ziel stehen, die drei Universitäten besser zu machen, so dass die jeweiligen Uni-Angehörigen dies auch spürten. Um die Zusammenarbeit des RMU-Verbunds noch enger zusammenzuführen, wäre auch eine bessere und nachhaltigere Verkehrsinfrastruktur hilfreich.
Interdisziplinär – komplementär
Weiter ging es mit vier Talkrunden, in denen gemeinsame Projekte der drei Rhein-Main-Universitäten in Forschung und Lehre vorgestellt wurden. Ein zukunftsweisendes Feld stellen die „Digital Humanities“ dar; Informatik und geisteswissenschaftliche Disziplinen arbeiten hier interdisziplinär und gleichberechtigt an gemeinsamen Fragestellungen. Ein Beispiel ist die automatische Analyse von Metaphorik in der Wissenschaftssprache. Die Kooperation wird unterstützt durch das Centrum für Digitale Forschung in den Geistes-, Sozial- und Bildungswissenschaften (CEDIFOR) der TU Darmstadt und der Goethe-Universität Frankfurt sowie durch das Mainzer Zentrum für Digitalität in den Geistes- und Kulturwissenschaften (mainzed).
„Accelerator Science“ nennt sich ein Forschungsfeld, dem das Graduiertenkolleg GRK 2128 AccelencE (Accelerator Science and Technology for Energy-Recovery Linacs) widmet. Dabei handelt es sich um eine Kooperation der Institute für Kernphysik der TU Darmstadt, der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und des Instituts für Theorie Elektromagnetischer Felder der TU Darmstadt. Es geht um die Entwicklung und Erprobung von Teilchenbeschleunigern, die die Energie der zuvor beschleunigten Teilchen, nach deren Gebrauch für wissenschaftliche Experimente, zurückgewinnen, anstatt sie zu verlieren.
Seit dem Wintersemester 2018/19 bieten die TU Universität Darmstadt und die Goethe-Universität den gemeinsam eingerichteten Studiengang B.Sc. Medizintechnik an: Studierenden des neuen Studiengangs wird die in Hessen einmalige Chance geboten, von den Kompetenzen und dem Wissen einer Universitätsmedizin und einer Technischen Universität gleichermaßen zu profitieren und einen von beiden Universitäten gemeinsam getragenen Abschluss zu erlangen. „Hier werden die Stärken zweier unterschiedlicher Universitäten komplementär genutzt, um etwas ganz Neues entstehen zu lassen, nämlich eine neue Denkweise und auch neue berufliche Perspektiven“, betonte Universitätsvizepräsident Prof. Roger Erb (Goethe-Universität).
Ein weiteres Thema der Talkrunden war der neue Masterstudiengang Kinder- und Jugendliteratur-/Buchwissenschaft, der von der Goethe-Universität (Institut für Jugendbuchforschung) in Kooperation mit der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Gutenberg-Institut für Weltliteratur und schriftorientierte Medien/ Abt. Buchwissenschaft) entwickelt wurde. „Der neue Studiengang bietet zwei Perspektiven: Er verbindet den literaturwissenschaftlichen Blick auf Kinder- und Jugendliteratur, wie er an der Goethe-Uni anzutreffen ist, mit dem buchwissenschaftlich-medialen Ansatz der Uni Mainz“, betonte Prof. Ute Dettmar, Literaturwissenschaftlerin an der Goethe-Universität.
Tenor der vier Talkrunden war: Es gab auf einigen Feldern zwar auch schon vor der RMU-Gründung Formen der Zusammenarbeit zwischen den Universitäten, jedoch bietet die neu geschaffene Allianz die große Chance, die jeweiligen Stärken und Potenziale der einzelnen Hochschule im Verbund ganz systematisch komplementär und interdisziplinär für Forschung und Lehre zu nutzen. Ohne die RMU als Plattform des gewollten Austauschs seien manche Kooperationen schlichtweg nicht zustande gekommen, weil gar keine Kontaktanlässen bestanden hätten. Einig waren sich Vertreterinnen und Vertreter der beteiligten Hochschulen darin, dass die Zusammenarbeit noch weiter ausgebaut und intensiviert werden soll.
Weitere Informationen
„Wir ergänzen uns optimal“, Erster Tag der RMU. Großer Andrang auf dem Frankfurter Campus Westend. Auf. rhein-main-universitaeten.de