Ein Novum in der deutschen Hochschullandschaft: Die erste deutsche Professur, die explizit »Private Equity« im Namen führt, existiert seit 15. September an der Goethe-Universität. Berufen wurde der Ökonom und Mathematiker Dr. Paul P. Momtaz. Gestiftet hat die zunächst auf sechs Jahre befristete Professur das Frankfurter Ehepaar Martin und Sabine Huth. Treuhänderisch verwaltet wird seine Stiftung von der Vereinigung von Freunden und Förderern der Universität.
Der Ruf auf diese Professur kam für den 31-jährigen Momtaz genau zum richtigen Zeitpunkt: Seine kumulative Habilitation, bestehend aus Veröffentlichungen in angesehenen internationalen Journals, hat er bereits bei der Universität Hamburg eingereicht; sein Postdoc-Aufenthalt an der University of California Los Angeles (UCLA) neigte sich langsam dem Ende zu. Zu seinem Schwerpunkt in der empirischen Kapitalmarktforschung gehören Themen der Unternehmensbewertung, die besonders für Private-Equity-Gesellschaften eine zentrale Rolle spielen. »Die Ausschreibung hat mich gleich angesprochen. Zumal auch das Umfeld an der Goethe-Universität stimmt: Im Bereich Finance gibt es in Europa kaum eine besser ausgestattete Uni als die Frankfurter mit ihren 16 Professuren im House of Finance«, so der gebürtige Gießener.
Für das Stifterpaar, das in Frankfurt aufgewachsen ist, war klar: »Wo eine solche Professur, wenn nicht in Frankfurt am Main? Unsere Stadt ist eines der wichtigsten Finanzzentren Europas. Hier sitzen in Deutschland die meisten Private-Equity-Fonds, die meisten der finanzierenden Banken und die Mehrzahl der relevanten Berater. Insofern war die Goethe-Universität eine ganz natürliche und logische Wahl.« Also beste Voraussetzungen für den Dialog zwischen Praktikern und Wissenschaftlern. Da fügt es sich auch gut, dass Momtaz nach seinem Parallelstudium Mathematik und Wirtschaftswissenschaften, der anschließenden Promotion in Hamburg, Paris und Cambridge und Tätigkeit als Unternehmensberater drei Jahre das Global Resolution Planning Office der Commerzbank geleitet hat.
»In der Strategieabteilung habe ich hervorragende Einblicke in das Bankwesen bekommen, wir haben unter anderem Szenarien entwickelt, wie die Bank auf eine mögliche akute Finanz krise reagieren könnte«, erläutert Paul Momtaz und fügt hinzu: »Das müssen übrigens alle systemrelevanten Banken machen.«
Professur komplettiert Finance-Bereich
Prof. Raimond Maurer, bis September Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswis senschaften, passt die neue Professur perfekt ins Konzept: »Damit konnten wir das Lehr und Forschungsportfolio im immer wichtiger werdenden Bereich nicht börsengehandelter Finanzierungs instrumente weiter ausbauen: So wurde bereits im Jahre 2019 der Bereich Immobilienmärkte durch die von der Helaba gestiftete Professur Real Estate Finance gestärkt und jetzt der Bereich Finanzierung mittelständischer Unternehmen durch die Private-Equity-Stiftungsprofessur.«
Dass Private Equity für deutsche und europäische Volkswirtschaften von wachsender Bedeutung ist, dies aber an den Universitäten in Forschung und Lehre noch nicht ausreichend berücksichtigt wird, darin sind sich Paul Momtaz, Raimond Maurer und Martin Huth einig. »Seit Jahren nimmt die Bedeutung von Private-Equity-Gesellschaften stark zu. Private Equity als Anlageklasse für Versicherungen, Pensionskassen und andere Kapitalsammel stellen ist zu einem bedeutenden Faktor geworden. Im letzten Jahr wurden über 14,3 Milliarden Euro von Private Equity in rund 1.000 deutschen Unternehmen mit über 1,1 Millionen Beschäftigten investiert«, erläutert Martin Huth, Investment Advisory Professional und Managing Partner bei Triton, einer der großen Private-EquityGesellschaften. Der Stifter, der seine Laufbahn bei Morgan Stanley in London und Frankfurt begann und der sich akademisch qualifizierte mit einem Diplom des Institut d’Études Politiques de Paris (eine der französischen Grandes Écoles) und einem MBA der Tuck School of Business am Darmouth College (New Hampshire), ist auch daran interessiert, dass die Unterschiede im Private Equity zwischen den USA und Großbritannien einerseits und Deutschland andererseits genauer wissenschaftlich untersucht werden. Denn – so Huth – »es lassen sich eben nicht alle Aspekte eins zu eins übertragen.«
Unmittelbaren Einfluss auf die Forschungsthemen des Stiftungsprofessors wird Huth, der sich auch als Donator in der Freundesvereinigung engagiert, selbstverständlich nicht nehmen; er fühlt sich dem 2008 beschlossenen Stiftungskodex der Goethe-Universität verpflichtet, in dem es heißt: »Der (Die) Mäzen(in) handelt allein aus altruistischen Motiven und wünscht in der Regel keine Öffentlichkeitswirkung.« Dass der Stifter sich dem Kodex verpflichtet fühlt, dies hat Momtaz gleich im ersten anregenden Gespräch wahrgenommen. Das haben die Wirtschaftswissenschaftler an der GoetheUniversität schon anders erlebt: »Die Einrichtung einer ersten Stiftungsprofessur für Private Equity ist 2008 daran gescheitert, dass der damalige Stifter, ein Finanzinvestor, zu viel Einfluss auf die Besetzung und Ausrichtung der Professur nehmen wollte, darauf haben sich Fachbereich und Universität nicht eingelassen«, erinnert sich Maurer. Das Engagement des jetzigen Stifters sei »rundum vorbildlich«, ergänzt Maurer, und führt auch zu einer »sehr willkommenen Verbesserung der Betreuungsrelation in der Lehre.«
Um seine empirisch ausgerichtete Forschung durchführen zu können, wird Paul Momtaz aus den Stiftungsmitteln Zugänge zu wichtigen Datenbanken finanzieren können, auf die alle Wissenschaftler und Studierende des Fachbereichs Zugriff haben. Die Daten, gesammelt von dem Datendienstleister »Preqin,« geben Auskunft über Private Equity und Venture-Capital-Transaktionen – also über Instrumente zur Unternehmensfinanzierung, die nicht offen und einsehbar über die Börse laufen.
In diesem Wintersemester bietet der junge Professor, der schon in Los Angeles einige Lehrerfahrung gesammelt hat, sein erstes Seminar »Private Equity, Innovation, and Entrepreneurship« an. Es richtet sich vor allem an Master-Studierende mit Finance-Schwerpunkt. Dabei möchte Momtaz in der Lehre die angelsächsische Fallstudien-Methode in Frankfurt etablieren. Das erste Private-Equity-Lehrbuch lässt noch auf sich warten, doch Momtaz weiß, dass in Harvard daran gearbeitet wird. Vielleicht sollten die Herausgeber noch auf einen Aufsatz des Frankfurter Experten aus der deutschen Perspektive warten?
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 46 des Alumni-Magazins »Einblick« erschienen.