Die Zukunft ist digital – so viel ist klar; das World Wide Web und Online-Medien gehören für die meisten Studierenden längst zum Alltag. Alles andere als klar ist hingegen, wie sich Hochschulen auf das digitale Zeitalter einstellen sollten. Deswegen haben der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) und die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) vor gut einem Jahr das „Hochschulforum Digitalisierung“ ins Leben gerufen:
In sechs Themengruppen suchen rund siebzig Fachleute Antworten auf Fragen rund um die Digitalisierung der Hochschullehre, und so war die Goethe-Universität kürzlich Gastgeberin für eine Tagung der Themengruppe 6 „Governance & Policies“, der auch Manfred Schubert-Zsilavecz, Vizepräsident der Goethe- Universität angehört. Nachdem die Gruppe im vergangenen Dezember das Thema „Hochschulbibliothek der Zukunft“ erörtert hatte, stand bei der jüngsten Zusammenkunft in Frankfurt das Thema „Recht“ im Mittelpunkt.
Natürlich wird beim „Hochschulforum Digitalisierung“ nicht nur über Fragen und Probleme geredet, sondern es werden auch Lösungen angeboten: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erarbeiten Handlungsempfehlungen für Hochschulleitungen, Lehrende und Politik. Weil dafür beispielsweise beim Thema „Recht“ erhebliche juristische Kompetenz erforderlich ist, hatte die Themengruppe 6 für ihre Tagung einen Fragenkatalog erarbeitet, den sie einem fünfköpfigen Expertengremium aus Medien-, Wissenschafts- und Verwaltungsrecht sowie Rechtsinformatik und Datenschutz vorlegte.
Neue Rechtsfragen
Am Beispiel Urheberrecht wurde deutlich, dass mit der Digitalisierung teils ganz neue Rechtsfragen auf die Lehrenden an Hochschulen zukommen: „Durch die Veröffentlichung im WWW können Lehrende erstmals direkt ihre Zielgruppe erreichen, ohne Verlage dazwischen zu schalten“, erläuterte Alexander Peukert, Mitglied des Expertengremiums und Professor für Bürgerliches Recht und Wirtschaftsrecht an der Goethe-Universität. Angesichts der neuen Möglichkeiten herrsche vielfach Unsicherheit unter den Lehrenden.
Im Allgemeinen liege das Recht an den Unterlagen zu einer Lehrveranstaltung bei den Lehrenden. „Dabei spielt es keine Rolle, ob es um die Vorlesung eines verbeamteten Professors oder um das Seminar einer Lehrbeauftragten geht.“ Peukert sprach sich dafür aus, Fragen des Nutzungs- und Verwertungsrechts vertraglich zu regeln, allerdings nicht im Arbeitsvertrag des oder der Lehrenden, sondern jeweils konkret für eine bestimmte Veranstaltung.
Hochschulen könnten sich vertraglich nicht-exklusive Nutzungsrechte für die Lehrmaterialien sichern. Während Urheber-, Nutzungsund Verwertungsrecht regeln, wie Lehrende und Hochschulen von der digitalen Wissensvermittlung profitieren, stellen sich beim Thema „Learning Analytics“ vor allem Fragen des Datenschutzes: „Learning Analytics“ bedeutet, dass von den Nutzern einer Online- Lernplattform sämtliche Eingaben gespeichert und ausgewertet werden, so dass sich beispielsweise individuelle Lernfortschritte und das Nutzerverhalten – kontinuierlich semesterbegleitend oder punktuell zur Klausur- oder Prüfungsvorbereitung – ablesen lassen.
Dabei war unter den befragten Experten durchaus umstritten, inwieweit bei der Erstellung von Learning Analytics datenschutzrechtliche Probleme entstehen, oder ob mit der Nutzung einer Online-Lernplattform automatisch das Einverständnis verknüpft ist, dass Daten der Studierenden erhoben und ausgewertet werden.
Baustelle Prüfungsrecht
Als „größte juristische Baustelle“ des digitalen Zeitalters stellt sich indes das Prüfungsrecht dar. Das bezieht sich zum einen auf die Hochschulen, die der Bonner Wissenschaftsrecht-Professor Wolfgang Löwer in der Verantwortung sieht, nur Studienabschlüsse zur verleihen, die – wie von der Hochschulrektorenkonferenz vorgegeben – mindestens zur Hälfte auf eigener Lehre beruhen und maximal zu 50 % auf anderen Angeboten, beispielsweise auf Veranstaltungen ausländischer Universitäten oder anderweitig organisierter Lehre.
Zum anderen geht es um die Frage, wie in einer Online-Prüfung die Identität des Prüflings rechtssicher nachgewiesen werden könne. Hier waren sich die befragten Experten einig, dass nur die persönliche Anwesenheit Rechtssicherheit gewährleiste – alle technischen Verfahren seien untauglich, gleich ob sie auf De-Mail, dem elektronischen Personalausweis oder anderem basierten. Eine weitere Tagung, bei der sich die Themengruppe 6 Fragen nach den Finanzen und der Organisation digitaler Hochschulbildung widmet, soll ebenfalls von einer Expertenanhörung eröffnet werden.
Darüber hinaus kommen im September 2015 während der Themenwoche „The digital turn“ alle sechs Themengruppen zur Halbzeitkonferenz der Initiative „Hochschulforum Digitalisierung“ zusammen, bevor sie schließlich bei der gemeinsamen Abschlussveranstaltung im Herbst 2016 die Ergebnisse präsentieren, mit denen die Hochschulen gut gerüstet in die Zukunft gehen können. Denn die ist digital. [Autorin: Stefanie Hense]
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Weitere Informationen über das Hochschulforum Digitalisierung sowie über die Themengruppen unter
www.hochschulforumdigitalisierung.de[/dt_call_to_action]