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Fröhliches Babylon

Im Sprach-Welt-Café treffen Studierende auf ganz unterschiedliche Sprachen.

Für das Wintersemester 2024/2025 sind bereits drei Termine geplant: 7. November 2024, 5. Dezember 2024 und 23. Januar 2025, jeweils von 16 bis 18 Uhr. | Foto: Sprachcafé

»Die Welt zu Gast bei Freunden«, an den Slogan der Fußball WM 2006 in Deutschland fühlt man sich erinnert, wenn man an einem Sprachcafé-Nachmittag das Sprachenzentrums betritt: Rund 70 Studierende sitzen an Tischen in Seminarräumen zusammen oder stehen in kleinen Gruppen draußen und unterhalten sich lebhaft, genießen Getränke und Snacks und haben sichtlich viel Spaß. Aber das Entscheidende an diesem bunten, munteren Durcheinander sieht man nicht, man hört es: Alle reden fröhlich miteinander in den unterschiedlichsten Sprachen.

Während man noch versucht herauszufinden, ob sich die Leute am Tisch neben dem Fenster auf Japanisch oder Koreanisch unterhalten, betritt ein neuer Teilnehmer den Raum und ruft laut in die Runde: „Hola chicos!“ Er scheint schon mehrmals am Sprachcafé teilgenommen zu haben, denn er geht direkt auf die Getränketheke zu, nimmt sich etwas und schließt sich dann sofort der Spanisch-Gruppe an, die ein großes Spielbrett und Karten vor sich liegen hat. Eine andere Gruppe steht vor der großen Auswahl an Spielen, die es in den unterschiedlichsten Sprachen gibt, und entscheidet sich schließlich für „Dammi una A!“. Auf den Tischen liegen außerdem bunte Kärtchen, auf denen diverse Sprechanlässe in 16 verschiedenen Sprachen zu finden sind. Sie sollen helfen, leichter ins Gespräch zu kommen. So hört man beispielsweise, wie sich eine Gruppe auf Türkisch über „izledi˘gim bir film …“ („den letzten Film, den ich gesehen habe …“) unterhält, während man sich direkt daneben auf Portugiesisch „uma história engraçada …“ („eine lustige Geschichte …“) zu erzählen hat.

Bevor es losgehen kann, werden die Studierenden am Empfang von den HiWis des Sprachenzentrums mit Aufklebern erwartet, bei denen man sich aussuchen kann welche Sprachen man an diesen Tag trainieren möchte. So wissen alle gleich Bescheid, wer welche Sprachen versteht, spricht und üben möchte. Manchmal ist die beeindruckende Sticker-Sammlung auf den T-Shirts einiger Personen auch von Weitem kaum zu übersehen.

Einfach drauflosreden

Das Sprachcafé hat zum ersten Mal im Sommersemester 2023 stattgefunden und erfreut sich seitdem wachsender Beliebtheit. „Wir möchten“, erklärt Evelyn Guzmán Jiménez, Mitarbeiterin am Sprachenzentrum und Verantwortliche für das Projekt, „Gelegenheit und Raum schaffen für den Sprachaustausch, einerseits um mündliche Sprachkompetenzen zu trainieren, andererseits um die Vielfältigkeit und Mehrsprachigkeit auf unserem Campus sichtbar und erlebbar zu machen.“ Der informelle Rahmen der Treffen sorgt dafür, dass die Studierenden schnell vorhandene Hemmungen verlieren und oft „einfach drauflosreden“, anders als im Sprachkurs, wo alle darauf bedacht sind, bloß keinen Fehler zu machen. Dieser „entspannte“ Charakter sei ein großer Vorteil des Sprachcafés, bemerkt Beatrice, eine Erasmus-Studentin aus Venedig, die zum ersten Mal dabei ist: „Im Alltag ist es etwas komisch, einfach auf Leute zuzugehen und mit ihnen Sprachen zu üben, aber hier schafft man es, aus seiner Komfortzone herauszukommen.“ Und Milan, der am Sprachenzentrum gerade einen Chinesischkurs besucht, fügt hinzu: „Das Sprachcafé macht Sprachen lebendig.“ Darüber hinaus gebe es eine weitere Besonderheit, erklärt Frau Guzmán: „Egal, wie hoch das Sprachniveau in einer Sprache ist, Muttersprachler und Fremdsprachenlerner finden sich in ein einer Gruppe zusammen, mal ist man Experte, ein anderes Mal geht es eher stockend vorwärts, dann helfen die anderen einfach weiter.“ – „Notfalls mit Händen und Füßen“, fügt sie noch lachend hinzu.

Neben der Sprachpraxis verfolgt das Sprachcafé noch ein weiteres Ziel: Die Förderung interkultureller Kompetenzen. Und die scheint tatsächlich auch zu gelingen: Internationalisierung und Interkulturalität sind hier keine bloßen Schlagwörter oder hohlen Phrasen, sondern lebendige Realität. Wie international das Leben in unserer Stadt und auf unserem Campus ist, das wird hier erfahrbar. Michele, ein Erasmus-Student aus Modena formuliert das so: „In Frankfurt gibt es so viele unterschiedliche Leute, die aus verschiedenen Ländern kommen; es ist sehr international. Ich bin hier, um andere Leute und neue Kulturen kennenzulernen. Das Sprachcafé ist eine großartige Möglichkeit dafür, es wäre dumm, sie nicht zu ergreifen.“

Internationale Erfahrungen vor Ort

Wie wichtig das Sprachcafé als multikultureller Begegnungsort ist, das spüren alle, die schon einmal dabei waren, sofort. Und gerade das schätzen die jungen Leute besonders, wie man einem Statement von Felicien entnehmen kann: „Das Sprachcafé ist super, um neue Kulturen zu entdecken; dadurch kann ich mich selbst auch entwickeln. Man kann hier ganz einfach mit anderen Kulturen eine Beziehung aufbauen. Vorher hatte ich kaum Kontakt mit zum Beispiel osteuropäischen Leuten insbesondere Russen, dank dem Sprachcafé konnte ich mit vielen Studierenden (von dort) eine Freundschaft aufbauen, auch trotz Krieg und allen politischen Ereignissen. Hier können wir frei von allem zusammenkommen, dank dem Sprachcafé.“ Und sein tschechischer Kommilitone Jindˇrich ergänzt: „This meeting encourages to get rid of prejudice and bias … without prejudice and bias people here come together to have a truly cross cultural experience.“

Damit erfüllt das Sprachenzentrum mit Leben, was das neue Leitbild Lehre und Studium der Universität so formuliert: Wir ermöglichen unseren Studierenden internationale Erfahrungen vor Ort. Durch die Begegnung mit anderen Sprachen und Kulturen, mit dem friedlichen Zusammentreffen von unterschiedlichsten Lebenswelten und Erfahrungshorizonten wird der Blick über den eigenen Tellerrand gelenkt und neue Perspektiven werden eröffnet. So üben und praktizieren die Studierenden im Sprachcafé ein wertschätzendes und friedliches Zusammenleben, das man derzeit häufig und vielerorts schmerzlich vermisst.

Tiziano Scatamacchia und Maria Kopp Kavermann

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